46,5 Millionen Euro aus Brüssel Bauern soll bei Frostschäden geholfen werden
Deutschland soll 46,5 Millionen Euro aus der EU-Agrarreserve bekommen. Das soll Obst- und Weinbauern helfen, deren Pflanzen durch Frost geschädigt wurden. Kritik gibt es in der EU an der Förderung des Ökolandbaus.
Die EU-Kommission hat Hilfen in Höhe von 46,5 Millionen Euro für deutsche Landwirte wegen Frostschäden in diesem Frühjahr zugesagt. Damit sollen Betriebe entschädigt werden, "die einen Teil ihrer Produktion und damit auch einen Teil ihres Einkommens verloren haben", teilte die Kommission mit. Falls die EU-Staaten die Entschädigung in zwei Wochen billigen, kann sie ab Anfang kommenden Jahres ausgezahlt werden.
Eine Kaltfront mit Frost hatte laut Landwirtschaftsministerium im Frühjahr in Mittel- und Osteuropa zu enormen Schäden bei Obst- und Weinbauern geführt. Im deutschen Obst- und Weinbau seien Schäden von fast 300 Millionen Euro entstanden. Die deutschen Obstbauern erwarten deshalb die schlechteste Apfelernte seit sieben Jahren.
Hilfen auch für Bauern in vier weiteren Staaten
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte wiederholt Unterstützung für deutsche Obst- und Weinbauern gefordert. "Unsere Landwirtinnen und Landwirte sind dringend darauf angewiesen", sagte der Grünen-Politiker nun vor einem Treffen mit seinen EU-Kolleginnen und -Kollegen in Brüssel. Die Bundesregierung kann die Hilfen um weitere rund 90 Millionen Euro aufstocken.
Neben deutschen Landwirten sollen auch Betriebe in Italien, Bulgarien, Rumänien und Estland zusätzliche Hilfe aus der sogenannten EU-Agrarreserve erhalten.
Aufschub für EU-Entwaldungsverordnung gefordert
Özdemir forderte die EU-Kommission außerdem auf, die sogenannte Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten nicht ab Ende Dezember, sondern ein halbes Jahr später in Kraft zu setzen. Das soll Firmen mehr Zeit geben, sich an die neuen Regeln anzupassen.
In ihrer jetzigen Form bereite die EU-Verordnung einen zu großen bürokratischen Aufwand, sagte der Grünen-Politiker. Die Erkenntnislage hierzu sei eindeutig und es sei "absurd", dass die Kommission das wichtige Anliegen womöglich an die Wand fahre. Trotz regelmäßiger Kritik gebe es bislang keine Nachbesserungen vonseiten der Kommission. Die Umsetzung der Verordnung müsse um ein halbes Jahr verschoben werden, um praktikable Lösungen zu finden.
Laut den schon beschlossenen Vorgaben dürfen Unternehmen Einfuhren von Kakao, Kaffee, Palmöl, Soja oder Holz nur in der EU verkaufen, wenn die Lieferanten bestätigen, dass die Produkte nicht von dafür abgeholzten Flächen stammen. Damit soll die Abholzung des Regenwaldes etwa im südamerikanischen Amazonasgebiet deutlich reduziert werden.
Auch Europaabgeordnete von CDU und CSU wollen, dass die Verordnung später greift als geplant. Trotzdem hält die Kommission nach Angaben eines Sprechers noch an ihrem Zeitplan fest.
Kritik an Bio-Förderpolitik der EU
Der Europäische Rechnungshof kritisiert unterdessen die gegenwärtige Förderpolitik für den Biolandbau. Die EU gab in acht Jahren rund zwölf Milliarden Euro für Ökolandbau aus - nach Ansicht der Prüfer nicht immer gut angelegtes Geld.
Die Strategie habe Lücken, so Keit Pentus-Rosimannus, die estnische Vertreterin beim Rechnungshof. Die gute Nachricht sei, dass die Bioanbaufläche dank der EU-Förderung stetig wachse und 2022 einen Anteil von 10,5 Prozent erreicht habe. "Die weniger gute Nachricht ist, dass sich das Wachstumstempo verdoppeln müsste, um rechtzeitig 25 Prozent zu erreichen", so Pentus-Rosimannus. Denn 2030 soll ein Viertel der landwirtschaftlichen Fläche in der EU für ökologischen Landbau reserviert sein.
Ziele für Anbau und Verbrauch?
Nach Ansicht des Rechnungshofs hat die EU für die Biobranche bisher aber weder eine Vision noch konkrete Ziele und geht zu wenig auf die Bedürfnisse der Branche ein. "Um die Nachhaltigkeit der ökologischen Landwirtschaft langfristig sicherzustellen, müssen wir sowohl das Angebot als auch die Nachfrage steigern, damit der gesamte Sektor gut funktioniert", so Pentus-Rosimannus. Sonst bestehe die Gefahr, dass die ökologische Landwirtschaft vollständig von der Förderung durch die EU abhängig werde.
Der Rechnungshof fordert deshalb, eine langfristige Vision für den Sektor über 2030 hinaus zu entwickeln und messbare Ziele zu benennen, um Fortschritte bewerten zu können. Dabei sei nachhaltig bewirtschaftete Fläche nicht alles. Die Kommission könne auch Ziele für Erzeugung und Verbrauch von Bio-Produkten formulieren.
Mit Informationen von Jakob Mayr, ARD-Studio Brüssel