Moskau droht, Washington warnt Verstaatlicht Russland westliche Konzerne?
Der Kreml droht internationalen Konzernen, die wegen des Ukraine-Kriegs ihr Geschäft in Russland aussetzen, mit drastischen Konsequenzen. Das Weiße Haus warnt vor der Beschlagnahmung von Vermögenswerten.
Die russische Regierung droht mittlerweile offen mit der Enteignung der internationalen Unternehmen, die ihre Geschäfte in dem Land aussetzen. Die russische Generalstaatanwaltschaft teilte heute mit, dass Konzerne, die wegen des Angriffs auf die Ukraine ihr Geschäft in Russland aussetzen, überprüft würden.
Unter anderem solle dabei die Einhaltung der Verpflichtungen gegenüber russischen Arbeitnehmern und deren Rechten überwacht werden. Jede Einstellung des Betriebs werde zudem auf Anzeichen einer absichtlichen oder Schein-Insolvenz untersucht.
Bereits am Donnerstag hatte der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew mitgeteilt, die russische Regierung arbeite an Schritten, um eine Insolvenz der Firmen in Russland und dann eine Nationalisierung des Besitzes in die Wege zu leiten.
Putin unterstützt den Vorschlag
Auf "Grundlage des von den Investoren in Panik" zurückgelassenen Vermögens müsse eine neue Produktion aufgebaut werden, so der aktuelle Vize-Chef des russischen Sicherheitsrates. Vorrangige Aufgabe dabei sei, dass die Menschen nicht auf der Straße landeten. "Solch eine Herangehensweise ist objektiv und gerecht", meint Medwedew.
Präsident Wladimir Putin unterstützte den Vorschlag und rief seine Regierung auf, "entschlossen zu handeln", um Schaden für russische Geschäftspartner der Unternehmen abzuwenden. Dafür gebe es bereits "genug rechtliche Marktinstrumente". Noch gibt es kein konkretes Gesetz in Russland, um das Vermögen zu verstaatlichen. Aber die Forderungen prominenter Politiker, auf die Sanktionen des Westens auf diese Weise zu reagieren, nehmen zu.
"Rückkehr wird nicht einfach"
Betroffen sind unter anderem Unternehmen aus Deutschland, weiteren EU-Staaten und den USA. Viele westliche Firmen hatten zunächst nur mitgeteilt, dass der Betrieb ausgesetzt werde. Von Einstellung oder Rückzug war in den meisten Fällen nicht die Rede. Zu den Unternehmen gehören Anbieter von Modeartikeln und Konsumgütern, Autobauer, Unterhaltungskonzerne, Banken und Tech-Unternehmen. Viele gaben dabei explizit an, dass russische Mitarbeiter weiterbezahlt werden sollen.
"Was auch immer die Gründe des Weggangs sind, so sollten die ausländischen Firmen verstehen, dass eine Rückkehr auf unseren Markt schon nicht mehr einfach sein wird", so Medwedew.
Experten warnen vor voreiligen Taten
So berichtet auch die russische Zeitung "Istwestija" gestern, dass die Regierung und die Generalstaatsanwaltschaft einen Vorschlag zur Verstaatlichung ausländischer Unternehmen erwägen. Der Zeitung zufolge liegt eine Liste von fast 60 Unternehmen vor, darunter Ikea, McDonald's, Apple, Microsoft, IBM und Porsche. In dem Artikel hieß es aber auch, dass einige zur Vorsicht mahnten.
Ein in der Zeitung zitierter Experte warnte vor voreiligen Handlungen und sagte, dass einige der Unternehmen unter dem Druck ihrer Regierungen handelten und dass es falsch wäre, daraus zu schließen, dass sie ihre Türen zum russischen Markt für immer geschlossen hätten.
Die USA warnen
Unterdessen hat das Weiße Haus die russische Regierung vor der Beschlagnahmung von Vermögenswerten US-amerikanischer und internationaler Unternehmen gewarnt. Pressesprecherin Jen Psaki reagierte auf die Berichte in russischen und anderen Nachrichtenmedien. Ein solcher Schritt wäre ein Rückfall in das Jahr 1917, erklärte sie auf Twitter, und Russland müsste noch jahrzehntelang mit dem Misstrauen von Investoren leben.
Das Land könnte auch mit Rechtsansprüchen von Unternehmen konfrontiert werden, deren Eigentum beschlagnahmt wird. Das Weiße Haus stehe an der Seite amerikanischer Firmen, die schwierige Entscheidungen über die Zukunft ihrer russischen Niederlassungen treffen würden.
Auch der russische Metall-Oligarch Wladimir Potanin zieht eine Parallele zur bolschewistischen Revolution 1917: "Es würde uns 100 Jahre bis 1917 zurückwerfen, und die Folgen - ein weltweiter Mangel an Vertrauen in Russland seitens der Investoren - würden wir viele Jahrzehnte lang spüren." Potanin ist der größte Anteilseigner und Präsident von Norilsk Nickel, dem weltgrößten Lieferanten von Palladium und hochwertigem Nickel.