Arbeiter reparieren auf der Strecke zwischen Essen und Duisburg das Schienennetz.
hintergrund

Neue DB-Sanierungstochter Gelingt der Bahn der Neuanfang?

Stand: 22.01.2024 10:44 Uhr

Um die Pünktlichkeit bei der Bahn steht es schlecht, das Schienennetz muss dringend saniert werden. Dafür ist nun sogar eine neue Bahngesellschaft gegründet worden: die DB InfraGO. Wird damit alles besser?

Von Jim-Bob Nickschas, ARD Berlin

Bei der Bahn stehen die Zeichen auf Neuanfang, das zumindest verspricht Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) im Imagefilm des Bundesverkehrsministeriums zur neuen DB-Gesellschaft InfraGO. Wissing und Bahnchef Richard Lutz stellen sie heute in Berlin erstmals vor. Die habe vor allem ein Ziel: "Den Fahrgästen wieder eine pünktliche und zuverlässige Bahn zu garantieren."

Das aber wird nicht leicht: Der Zustand des deutschen Schienennetzes hat sich zuletzt weiter verschlechtert. Das geht aus einem gerade veröffentlichten Bericht der DB InfraGO hervor. Die neue Gesellschaft wurde gegründet, um Gleise und Bahnhöfe aus einer Hand zu erneuern, bisher waren diese zwei Sparten der Bahn voneinander getrennt. Das "GO" steht für gemeinwohlorientiert, sprich: Gewinne zu machen, soll nicht im Vordergrund stehen.

Zu wenig Kontrolle für die Politik?

Michael Donth glaubt trotzdem nicht, dass nun alles besser wird bei der Bahn. Der CDU-Politiker sitzt im Verkehrsausschuss des Bundestags. Er kritisiert vor allem, dass die InfraGO als Aktiengesellschaft weiterhin Teil des DB-Konzerns ist, denn: "Nach dem Aktienrecht hat nicht der Eigentümer, sprich der Bund, die Möglichkeit zu sagen: 'Ihr müsst schneller vorankommen, ihr müsst das besser machen', sondern das ist der Vorstand."

Wenn es also bei der Streckensanierung hake, dürfte der Einfluss der Politik gering sein, befürchtet Donth. Die Union hatte sich dafür ausgesprochen, den Bahn-Konzern zu zerschlagen, ähnlich wie FDP und Grüne. Die SPD hielt in den Koalitionsverhandlungen dagegen, der Druck der Gewerkschaften war groß.

Die verkehrspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Isabel Cademartori, betont jedoch auch: "Aus Sicht der SPD wäre es nicht klug gewesen, die ganze Legislaturperiode damit zu verbringen, eine komplett neue Gesellschaft außerhalb der Bahn zu gründen. Das hätte uns alle Kapazitäten genommen, die wir brauchen, um jetzt wirklich die Infrastruktur auf Vordermann zu bringen."

Generalsanierung: Viele Fragen noch offen

Das soll nun ab Mitte Juli passieren: Dann beginnt die Generalsanierung der vielbefahrenen Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim. Der erste von insgesamt 40 Streckenabschnitten, die die InfraGO bis 2030 komplett erneuern soll. 

Für Dirk Flege, Vorsitzender des Interessenverbands Allianz pro Schiene, sind vorher aber noch wichtige Fragen zu klären. Er vermisst eine klare Gewichtung zwischen Gemeinwohl und Gewinnorientierung. Und er fragt: "Wie will der Bund eigentlich seine Schieneninfrastrukturgesellschaft steuern? Es gibt aktuell nichts Greifbares. Es wurde eine notwendige rechtliche Hülle geschaffen, aber der Inhalt noch gar nicht richtig definiert."

"Nicht alles per Anordnung des Ministers"

Ist die neue InfraGO also überhaupt schon bereit für ihre Mammutaufgabe, tausende Kilometer Schienennetz zu sanieren? Im Bundesverkehrsministerium arbeitet man angeblich bereits an einem Plan. Doch auch der Beauftragte für den Schienenverkehr, Michael Theurer von der FDP, gibt im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio zu: "Das lässt sich natürlich nicht alles einfach per Anordnung des Ministers verändern. Sondern dafür brauchen wir die Mitarbeiter der DB, die wir in die Lage versetzen wollen, die Aufgabe zu bewältigen."

Vor allem mit Geld: Ursprünglich hatte der Bund für die Bahn-Sanierung 40 Milliarden Euro bis 2027 zugesagt, nun werden es wegen der Sparmaßnahmen im Haushalt eher weniger sein. Auch das zeigt: Mit der Gründung der neuen InfraGO ist nur ein erster Schritt gemacht, bis die Bahn wieder pünktlich fährt. Viele weitere müssen folgen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 17. Januar 2024 um 13:18 Uhr.