Zusammenschluss in Branchenverbände EU will Milchbauern unter die Arme greifen
Die EU-Kommission will die Verhandlungsposition von Europas Milchbauern stärken. Sie sollen sich in Branchenverbänden zusammenschließen können und so bei Molkereien und Einzelhandel bessere Preise durchsetzen. In Deutschland ist mit Erzeugergenossenschaften ein ähnliche Modell längst üblich.
Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkkorrespondentin Brüssel
Wenn man im Bundeslandwirtschaftsministerium nachfragt, wie es denn dem Milchmarkt geht - wird Entwarnung gegeben. Nach dem massiven Preisverfall vor einem Jahr hat sich die Branche erholt, sagt Staatssekretär Robert Kloos" "Der Milchmarkt steht gut da. Die Bauern sagen natürlich, es könnte besser sein. Aber: Wir sind auf einem guten Niveau."
In Zahlen bedeutet das: Der Bauer bekommt rund 32 Cent für den Liter Milch. Doch die Stützinstrumente der EU laufen aus, ein liberalisierter Markt bedeutet deutlich schwankende Preise - und so sucht man neue Wege, den Bauern zu helfen. EU-Landwirtschaftskommissar Dacian Ciolos schlägt vor, dass sich die Landwirte zu großen Erzeugergemeinschaften zusammenschließen - damit sie ihren Preisforderungen gegenüber Molkereien und dem Lebensmittelhandel mehr Druck verleihen können. Ciolos hätte zudem gerne Branchenverbände, in denen Erzeuger und die verarbeitenden Unternehmen sitzen. Sie könnten gemeinsam über Innovationen, Absatzförderung und bewährte Verfahren beraten. Im Bereich Obst und Gemüse gebe es das bereits, und zwar mit guten Ergebnissen.
Geteiltes Echo im Europaparlament
Damit hat die Kommission ihren Standpunkt festgelegt, jetzt geht es an das Verhandeln mit den 27 Mitgliedstaaten und dem Europaparlament. Dort ist das Echo geteilt. Ein guter Anfang, ist von einigen Parlamentariern zu hören. Aber mit Einschränkungen.
So sagt die SPD-Abgeordnete Ulrike Rodust zu der Idee der Erzeugergemeinschaften, das das nichts neues für Deutschland sei. Hierzulande seien doch ohnehin fast alle Milchbauern genossenschaftlich organisiert. Und die großen Betriebe im Norden und Osten Deutschlands hätten schon jetzt eine gute Verhandlungsbasis. Anderes sehe es allerdings bei der Branchenorganisation aus: "Da geht es um Transparenz, um Standardverträge, die vorbereitet sind und die man abrufen kann, Analysen zur Zukunft des Milchmarkts. Vielleicht hilft es."
In Deutschland sind Milchprodukte relativ günstig.
Problematisch sieht Rodust allerdings den Zeitrahmen: die Kommission plant zehn Jahre für die Umsetzung der neuen Regeln. Gerade für kleine Betriebe müsse man aber schneller Lösungen finden.
Nachfrage sinkt
Nun gehört zu dem Problem aber auch dazu, dass die Nachfrage nach Milch und Milchprodukten über die Jahre gesunken ist. Die Industrie ist - beispielsweise bei Eis - auf billigere Pflanzenfette umgestiegen. Die Verbraucher greifen seltener zu Milch als früher und wenn, dann werden Billigprodukte gekauft.
Die CDU-Europaabgeordnete Elisabeth Jeggle, die selbst lange Zeit Landwirtin war, sagt, da habe sie ihre Illusionen inzwischen verloren: "Wissen Sie, der Verbraucher sagt, ich würde ja bezahlen, wenn ich wüsste, wo es her kommt. Oder wenn ich die Qualität kennen würde. Nur: Die Realität der Füße und die Realität des Geldbeutels ist eine andere." Und so gehe es sehr darum deutlich zu machen, dass europäische Nahrungsmittel ihren Preis wert seien. Vielleicht sogar ein bisschen mehr als das, was man heute für sie zahlt. Das ist von EU-Land zu EU-Land verschieden - bei uns in Deutschland sind die Preise für Milchprodukte ganz besonders niedrig.