Streit um EU-Vorschriften für Klimaschutz Merkel "mit aller Härte" gegen Abgaspläne
Bundeskanzlerin Merkel will neue EU-Abgas-Grenzwerte verhindern. "Mit aller Härte" wolle sie gegen die geplanten Klimaschutzauflagen vorgehen, kündigte sie an. Damit springt die Kanzlerin Deutschlands Autobossen zur Seite, die mit massivem Jobabbau drohen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel will in Brüssel "mit aller Härte" gegen die neuen EU-Abgas-Grenzwerte vorgehen. Die Bundesregierung werde die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Pläne für eine generelle Verringerung des CO2-Ausstoßes auf 120 Gramm pro Kilometer "verhindern", sagte Merkel. Vielfalt sei "das Kennzeichen Europas", sagte Merkel. Auch Kleinwagen müssten bei der Reduktion der Abgase technisch voranschreiten.
Merkel nannte es bedauerlich, dass die europäische Automobilindustrie ihre Selbstverpflichtung nicht erfüllen werde, bis 2008 die Kohlendioxid-Emissionen pro Kilometer auf 140 Gramm zu senken. Daraus könne aber unmöglich eine generelle Verpflichtung folgen, dass alle Autos die gleichen Grenzwerte einhalten müssten.
Hersteller größerer Autos am meisten betroffen
Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnte, die vorgeschlagenen Maßnahmen der EU-Kommission würden Deutschland empfindlich treffen und Arbeitsplätze gefährden. "Hersteller mit einem hohen Kleinwagenanteil wären davon weit weniger betroffen als Produzenten größerer Fahrzeuge", sagte Hundt. Besonders in diesem Segment sei die deutsche Industrie aber Weltmarktführer.
Deutsche Umweltverbände appellierten dagegen an die EU-Kommission und die deutsche EU-Ratspräsidentschaft, der Automobilindustrie im Streit um strenge Klimaschutzauflagen nicht nachzugeben.
Drohbrief nach Brüssel
Angestoßen hatten die Debatte Deutschlands Autobosse, die auf Konfrontationskurs zu Brüssel gegangen waren. In einem Brief an die EU-Kommission warnten die Chefs der großen deutschen Autobauer vor einem drastischen Verlust von Arbeitsplätzen, sollte Brüssel einen scharfen Grenzwert für den CO2-Ausstoß vorschreiben. Es drohten "schwerste Verwerfungen in der Automobil- und Zulieferindustrie", heißt es nach einem Bericht der "Bild am Sonntag" in dem Brief von Norbert Reithofer (BMW), Bernhard Mattes (Ford), Hans Demant (Opel), Martin Winterkorn (VW) und Dieter Zetsche (DaimlerChrysler). Eine Abwanderung zahlreicher Arbeitsplätze aus Deutschland und anderen Produktionsstandorten in Europa wäre die unmittelbare Folge, heißt es in dem Brief.
"Nicht den Kopf in den Sand stecken"
Die EU-Kommission wehrte sich gegen die Kritik der deutschen Autokonzerne. Angesichts der globalen Erwärmung könne man "den Kopf nicht in den Sand stecken", erklärte ein Sprecher und fügte hinzu: "Arbeitsplätze gehen nicht verloren, wenn man sich rechtzeitig auf Veränderungen einstellt, sondern wenn man sich in rückwärts gewandter Weise dagegen sperrt."
Auch das Umweltbundesamt kritisierte die deutschen Autobauer scharf. Die Behörde warnte die Autoindustrie davor, die Einführung klimafreundlicher Technik zu verschlafen und auf diese Weise Arbeitsplätze zu gefährden.
Das Ziel: 120 Gramm CO2 pro Kilometer
EU-Umweltkommissar Stavros Dimas will gesetzlich vorschreiben, dass von 2012 an die neu zugelassenen Autos in der EU einen Durchschnittswert von 120 Gramm Kohlendioxid (CO2) pro Kilometer erreichen. Eine freiwillige Selbstverpflichtung der Autobauer, 140 Gramm pro Kilometer bis 2008, droht zu scheitern. Noch liege der Wert bei knapp 160 Gramm, heißt es in dem Bericht.