Geplante Maßnahmen der EU zum Klimaschutz Autokonzerne drohen mit massenhaftem Jobabbau
Die Autobauer in Deutschland stemmen sich gegen geplante EU-Maßnahmen zum Klimaschutz: DaimlerChrysler, Porsche, VW, Audi, Opel und Ford warnten in einem Brief vor drastischen Jobverlusten. In der Großen Koalition stößt das Vorgehen der Konzerne auf Kritik - und Zustimmung.
Deutschlands Autobosse sind beim Klimaschutz auf Konfrontationskurs zu Brüssel gegangen. In einem Brief an die EU-Kommission warnten die Chefs der großen deutschen Autobauer vor einem drastischen Verlust von Arbeitsplätzen, sollte Brüssel einen scharfen Grenzwert für den CO2-Ausstoß vorschreiben. Es drohten "schwerste Verwerfungen in der Automobil- und Zulieferindustrie", heißt es nach einem Bericht der "Bild am Sonntag" in dem Brief von Norbert Reithofer (BMW), Bernhard Mattes (Ford), Hans Demant (Opel), Martin Winterkorn (VW) und Dieter Zetsche (DaimlerChrysler).
Die EU-Pläne bedeuteten eine massive industriepolitische Intervention zu Lasten der gesamten europäischen, aber im Besonderen der deutschen Autoindustrie. Eine Abwanderung zahlreicher Arbeitsplätze aus Deutschland und anderen Produktionsstandorten in Europa wäre die unmittelbare Folge, heißt es in dem Brief. Auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos warnte in der "Bild am Sonntag" vor dem Verlust zehntausender Arbeitsplätze in der Autoindustrie. Glos sagte, die Pläne müssten gestoppt werden. Ein Sprecher von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel sagte dazu der Nachrichtenagentur dpa: "Ein Blick in die Koalitionsvereinbarung macht das Leben auch für Herrn Glos leichter." In den Koalitionsvereinbarungen seien die Grenzwerte festgelegt, und diese habe Glos mit beschlossen.
"Kurzfristige Strategie setzt Zukunft aufs Spiel"
Politiker übten scharfe Kritik an dem Brief. Der CDU-Umweltbeauftragte und Hamburger Regierungschef Ole von Beust warf der Autoindustrie schwere Versäumnisse beim Klimaschutz vor: "Ich bedauere sehr, dass die Autoindustrie in Europa - auch Traditionsmarken wie Mercedes, BMW und VW - ihre Zusagen zur Schadstoffreduzierung nicht eingehalten hat." Der neue Vorsitzende der CDU-Kommission für Klima und Umwelt sagte der "Bild am Sonntag" zudem: "Dass Brüssel jetzt Druck macht, ist richtig." Er plädierte für einen Vertrag der EU-Staaten mit den großen Autoherstellern, in dem klare Vorgaben zur CO2-Verringerung gemacht werden. Verfehlten die Konzerne die vereinbarten Ziele, drohten harte Vertragsstrafen. Sollten sich die Hersteller gegen den Abschluss solcher Verträge sperren, "werden wir in der Tat an einer gesetzlichen Regelung nicht vorbeikommen".
Grünen-Chef Reinhard Bütikofer nannte die Haltung deutscher Automanager inakzeptabel. Die Autoindustrie setze mit einer "kurzfristigen Strategie" ihre eigene Zukunft aufs Spiel, sagte er auf dem Landesparteitag der niedersächsischen Grünen in Stade. Bereits beim Hybrid-Antrieb seien deutsche Autokonzerne ausländischen Unternehmen hinterhergelaufen. Die Bundesregierung habe das Recht, die Standards zum CO2-Ausstoß "mit Ordnungsrecht durchzusetzen".
Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der FH Gelsenkirchen forderte die deutschen Autobauer in der "Bild am Sonntag" auf, mehr Verantwortung für den Klimaschutz zu zeigen. Klimaschutz und Erfolg der Autobauer seien vereinbar: Ausländische Hersteller wie Toyota mit seinem Hybrid-Antrieb "machen uns vor, wie es gehen kann.
Das Ziel: 120 Gramm CO2 pro Kilometer
EU-Umweltkommissar Stavros Dimas will gesetzlich vorschreiben, dass von 2012 an die neu zugelassenen Autos in der EU einen Durchschnittswert von 120 Gramm Kohlendioxid (CO2) pro Kilometer erreichen. Eine freiwillige Selbstverpflichtung der Autobauer, 140 Gramm pro Kilometer bis 2008, droht zu scheitern. Noch liege der Wert bei knapp 160 Gramm, heißt es in dem Bericht.