Luxemburger Vereinbarung mit Konzernen Steuerdeals holen Juncker ein
Luxemburg soll über Jahre hinweg Multikonzernen geholfen haben, andernorts Steuern zu umgehen. In der Kritik steht vor allem der langjährige Premier Juncker, der heute die EU-Kommission leitet - ausgerechnet die Behörde, die nun gegen Luxemburg ermittelt.
Nach Berichten über Steuerschlupflöcher für multinationale Konzerne in Luxemburg wächst der Druck auf das Großherzogtum - und auf EU-Komissionspräsident Jean-Claude Juncker, der als Ministerpräsident viele Jahre das Land regiert hatte.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel kritisierte, Staaten dürften Steuerdumping nicht zum Geschäftsmodell erheben. Wer das dennoch tue, "legt die Axt an die europäische Solidarität", sagte der SPD-Chef der "Süddeutschen Zeitung" und forderte: "Dieser Spuk muss so schnell wie möglich aufhören." Die neue EU-Kommission forderte er auf, die Verhinderung von Steuerdumping zu einer ihrer zentralen Aufgaben zu machen.
Steuern jahrelang vermieden
NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" hatten berichtet, dass das Großherzogtum deutschen und internationalen Konzernen jahrelang so weit entgegenkommen sei, dass manche nur ein Prozent Steuern auf ihre Gewinne hätten zahlen müssen. Viele der Praktiken fielen in die Zeit, als der neue EU-Kommissionspräsident Juncker Premierminister von Luxemburg war.
Juncker führt also nun die EU-Behörde, die bereits seit längerem gegen Luxemburg und andere Staaten wegen umstrittener Steuerregelungen ermittelt. Die Kommission beteuerte nun, bei den Untersuchungen stehe Juncker in keinem Interessenkonflikt. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager leite die Überprüfung, sagte ein Sprecher der EU-Kommission und fügte hinzu: "Frau Vestager wird ihren Job machen und niemand kann ihr sagen, was sie zu tun hat."
Juncker gibt sich gelassen
Juncker werde nicht in die Untersuchungen eingreifen. Sollte es in dem Fall im Kollegium der Kommissare zu einer Abstimmung kommen, werde Juncker als Vorsitzender des Gremiums daran teilnehmen. "Im Übrigen haben auch die ehemaligen Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso und Romano Prodi Dutzende Verfahren gegen Portugal beziehungsweise Italien zugelassen", sagte der Sprecher. Juncker ließ erklären, er sei "sehr gelassen", was die Vorwürfe betreffe.
Der Finanzexperte Sven Giegold von den Grünen griff Juncker an: "Juncker hat sich zum Komplizen von Steuerdrückern gemacht und damit andere EU-Staaten um Steuermilliarden gebracht. Er hat damit Europa geschadet." Der Kommissionspräsident müsse nun ein glaubwürdiges Programm gegen aggressives Steuerdumping vorlegen.
Der Linken-Abgeordnete Fabio De Masi forderte Juncker auf, politische Verantwortung zu übernehmen.
Junckers Nachfolger als Ministerpräsident Luxemburgs, Xavier Bettel, wies die Kritik an der Steuerpraxis in seinem Land zurück. Luxemburg breche keine Regeln und sei nicht das einzige Land mit einem Steuersystem, das von Großkonzernen genutzt werde.
Unternehmen weisen Vorwürfe zurück
Auch einige der betroffenen Konzerne wiesen die Kritik zurück. E.ON arbeite völlig transparent mit den Steuerbehörden zusammen und komme allen Berichtspflichten vollständig nach, teilte der Düsseldorfer Energiekonzern auf Nachfragen der Nachrichtenagentur AFP mit. Das Unternehmen habe alle steuerlichen Pflichten im In- und Ausland vollständig erfüllt. Auch ein Sprecher des Gesundheitskonzern Fresenius Medical Care sagte, das Unternehmen habe "alles transparent und öffentlich gemacht".
Die Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers (PwC), die die Steuermodelle entwickelt hatte, sieht die "Luxemburg-Leaks"-Berichte als "massive Kampagne gegen das Großherzogtum". Der Manager des Unternehmens in Luxemburg, Didier Mouget, bestätigte, dass die Veröffentlichungen "sehr wahrscheinlich auf Unterlagen aus unserem Haus" beruhten.
Schon 2012 habe PWC wegen Diebstahls von Dokumenten eine Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Manager seien verpflichtet, "die Verpflichtungen ihres Unternehmens gegenüber dem Fiskus bestmöglich zu strukturieren", betonte er. Die Steuerberater von PWC hätten nichts Illegales getan.