Verdacht auf illegale Vorteile EU prüft Steuersparmodell von Amazon
Gewährt Luxemburg dem Online-Händler Amazon verbotene Steuervorteile? Die EU-Kommission hegt diesen Verdacht und leitete nun eine Untersuchung des Falls ein. Auch andere Firmen sind wegen Steuersparmodellen ins Visier der EU-Behörde geraten.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die europäischen Wettbewerbshüter weiten ihr Vorgehen gegen Steuersparmodelle von großen internationalen Konzernen aus. Ins Visier geriet nun auch der Online-Händler Amazon. Dem werde in Luxemburg illegale Steuervorteile eingeräumt - so zumindest der Verdacht der Brüsseler Behörde. Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia leitete deshalb eine eingehende Untersuchung ein.
Gewinne verbuchen, aber nicht versteuern
Die Behörden des Großherzogtums haben der europäischen Konzerntochter von Amazon mit Sitz in Luxemburg bereits vor mehr als zehn Jahren eine sogenannte Steuervorentscheidung ausgestellt. Die erlaubt Amazon Europa, steuerbefreite Lizenzabgaben an eine Amazon-Holding zu zahlen, die nicht der Luxemburger Körperschaftssteuer unterliegt. Auf diese Weise werde der größte Teil der europäischen Gewinne von Amazon zwar in Luxemburg verbucht, aber dort nicht besteuert, kritisiert EU-Kommissar Almunia.
Er sieht Anhaltspunkte, dass Amazon die Lizenzabgaben zu hoch ansetzt und die luxemburgischen Behörden dies im Steuervorentscheid auch tolerieren. Verrechnungspreise für Leistungen innerhalb verschiedener Konzernteile müssten aber den Marktbedingungen entsprechen. Ansonsten könne der Konzern seine Steuerlast auf unfaire Weise drücken. Und das dürfe nicht sein, so Almunia. "Den multinationalen Konzernen darf nicht erlaubt werden, ihre Macht auszuspielen, um mit den Behörden eine Vorzugsbehandlung auszuhandeln. Das würde auf eine versteckte Beihilfe hinauslaufen", sagte er.
Versteckte Beihilfen im EU-Recht verboten
Solche Beihilfen sind im europäischen Wettbewerbsrecht verboten, weil sie dem begünstigten Unternehmen Vorteile gegenüber den Mitbewerbern verschaffen. Amazon ist bereits der vierte Fall, in dem die EU-Kommission in den letzten Wochen Untersuchungen wegen solcher Steuersparmodelle eingeleitet hat. Geprüft werden auch die Steuerdeals von Apple in Irland, von Starbucks in den Niederlanden und von Fiat, ebenfalls in Luxemburg. Sollten sich die Vermutungen der EU-Kommission bestätigen, dann müssten die Unternehmen die unerlaubten Staatsbeihilfen zurückzahlen.
In gleich zwei Fällen steht also Luxemburg auf dem Prüfstand. Und die EU-Kommission kritisiert, dass die Behörden des Großherzogtums den Auskunftsersuchen nur sehr schleppend nachgekommen sind. Das ist eine ziemlich pikante Konstellation für Jean-Claude Juncker, der in Kürze den Vorsitz der EU-Kommission übernehmen wird. Denn die Steuerdeals stammen aus der Zeit, als er luxemburgischer Ministerpräsident war.