Lebensmittel-Preise Von teurer Bio-Milch haben Bauern nichts
Die hohe Inflation wird besonders im Supermarkt spürbar: etwa bei Speiseöl, Gemüse oder Milch. Bei den Landwirten kommt wenig davon an. Der Erzeugerpreis ist oft nicht kostendeckend.
75 Milchkühe grasen genüsslich auf der Weide von Franz Josef Driller. In der Nähe von Paderborn betreibt der Bio-Landwirt mit seiner Familie den Bierssenhof. Seit 2010 produzieren sie hier Bio-Milch - nach Bioland-Standard. Doch die finanzielle Situation ist gerade für ihn schwierig. "Es gibt eine Zurückhaltung der Verbraucher gegenüber Bio-Produkten, obwohl der Preisunterschied zu konventionellen Lebensmitteln derzeit gering ist", sagt Driller. "Der Erzeugerpreis ist nicht kostendeckend. Die Erzeugungskosten sind in einem Umfang gestiegen, die die Preisentwicklung in der Rohmilch nicht abbilden kann."
Handelsketten schlagen zu
Die Handelsketten hätten bei den Preisanhebungen gewaltig zugeschlagen, den Preis aber nicht an die Landwirte weitergegeben. 80 Prozent seiner Milch geht an eine Bio-Molkerei. "Wir haben im Moment einen Preis von Rohmilch im Bio-Bereich von rund 60 Cent je Liter, der gleich und manchmal schon niedriger ist als bei konventioneller Milch", sagt Driller.
Im Normalfall sei Bio-Milch rund zwölf bis 15 Cent teurer wegen der höheren Produktionskosten. "In manchen Fällen liegen konventionelle Produkte preislich sogar über Bio-Produkten", sagt Gerald Wehde vom Verband Bioland. "Dabei tragen sie nicht in der Form zum Schutz von Umwelt, Arten, Klima und zu mehr Tierwohl bei wie Bio-Milch."
Preise teils um 40 Prozent höher
Die Bio-Erzeugerpreise - also die Preise, die Bäuerinnen und Bauern erhalten - hätten noch Nachholbedarf: Bioland rechnet vor, dass ein komplett kostendeckender Erzeugerpreis für Milch des Anbauverbands bei 73 Cent liegen müsste. "Dieser Preis würde die Bio-Betriebe für die Mehraufwände entlohnen, die sie beim Umwelt-, Klima-, Naturschutz und für besseres Tierwohl leisten", sagt Wehde.
Überall gab es bei Nahrungsmitteln Preiserhöhungen: Erheblich teurer wurden laut Statistischem Bundesamt etwa Speisefette und Speiseöle - hier lag der Preisanstieg im November bei 41,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Bei Brot und Getreideerzeugnissen waren es 21,1 Prozent, bei Molkereiprodukten sowie Eiern 34,0 Prozent mehr. "Wir beobachten diese Entwicklung über alle Produktbereiche hinweg", sagt Christian Böttcher, Sprecher beim Handelsverband Lebensmittel.
Hohe Energiekosten bei Molkereien
"Das betrifft gerade die Molkereiwirtschaft, da die Rohmilch in der Weiterverarbeitung zu verschiedenen Molkereiprodukten erst erhitzt und dann wieder gekühlt werden muss. Daher fallen die hohen Energiekosten hier besonders ins Gewicht", erklärt Böttcher. Für die Bildung der Erzeugermilchpreise sei wichtig zu wissen, dass dafür die Auszahlungspreise der Molkereien an die Milchbauern entscheidend sei.
"Der Lebensmittelhandel ist dabei stets bemüht, die Lebensmittelpreise für seine Kunden bezahlbar zu halten und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis anzubieten", betont der Branchenvertreter. Aber Landwirt Driller kritisiert, der Spielraum für faire Preise sei bei der Milch in der aktuellen Situation nicht mehr gegeben. "Der Händler mit dem größten Umsatz bestimmt den Preis auch bei der Bio-Milch. Das ist das gleiche Problem wie im konventionellen Bereich, was ursprünglich keiner wollte."
"Bio-Branche von Bürokratie überzogen"
Driller wünscht sich ein Umdenken bei Politik und Gesellschaft: "Es geht doch darum, wie wichtig der Gesellschaft Nahrung ist." Vor allem die Bio-Branche werde von Bürokratie überzogen, die sich keiner mehr leisten könne.
Wie geht es weiter mit den Lebensmittelpreisen? Bauernpräsident Joachim Rukwied rechnet nicht mit einer baldigen Entspannung. Lebensmittel herzustellen sei nach wie vor sehr teuer. "Ich gehe nicht davon aus, dass in diesem Jahr die Preise im Supermarkt sinken", sagt Rukwied. "Die Landwirte brauchen die höheren Preise, um die nächste Ernte vorfinanzieren zu können."
Einen fairen Preis im Laden wolle dabei keiner haben, ärgert sich Landwirt Driller. Bio werde anscheinend noch immer von vielen Verbraucherinnen und Verbrauchen mit teuer in Verbindung gebracht. "Wir Bio-Bauern profitieren nicht von den hohen Preisen im Supermarkt", sagt Driller. Er hofft, dass sich das System ändert und wünscht sich, dass Landwirtsfamilien wieder auskömmliche Einkommen erhalten.