EU geht gegen unseriöse Anbieter vor Mit "Sweep" gegen ungewollte Klingelton-Abos
Die EU-Kommission hat 18 Monate lang das Netz durchforstet und dabei rund 300 Webseiten von Klingelton-Anbietern beanstandet - die vor allem Kinder und Jugendliche "abgezockt und betrogen" haben. Das ist die Bilanz der Aktion mit dem Namen "Sweep", die EU-Kommissarin Kuneva zog.
Von Birgit Schmeitzner, BR-Hörfunkstudio Brüssel
Klingeltöne für das Handy gibt es wie Sand am Meer, je ungewöhnlicher, desto besser. Denn dann weiß man gleich beim ersten Ton, Pieps oder Geräusch, wer gemeint ist. Die meisten Klingeltöne sind kostenlos, man kann sie im Internet herunterladen - wobei das Wörtchen "kostenlos" aber häufig irreführend ist.
Anbieter sprechen Kinder gezielt an
So manches Mal wird mit dem Herunterladen - ohne ausdrücklichen Hinweis - ein Abonnementvertrag abgeschlossen, der dann sehr wohl etwas kostet. Gerade Kinder und Jugendliche fielen und fallen immer wieder auf solche dubiose Geschäftspraktiken herein. Sie werden nach Angaben der EU-Kommission oft gezielt von den Anbietern angesprochen. Potenzielle Opfer gibt es genug, allein in Deutschland besitzen mehr als zwei Millionen Kinder im Alter zwischen sechs und 13 Jahren ein eigenes Handy.
Das "kostenlose" Herunterladen von Klingeltönen zieht oft doch Kosten nach sich.
18 Monate lang haben die Verbraucherschutzbehörden der EU-Staaten nun das Netz durchforstet - und EU-Verbraucherschutzkommissarin Meglena Kuneva zog heute Bilanz: Kuneva zufolge wurden rund 300 Webseiten beanstandet, 70 Prozent von ihnen wurden daraufhin korrigiert oder ganz geschlossen. "Auf diesen Webseiten wurden Verbraucher abgezockt und betrogen, zum Beispiel über versteckte Gebühren", erklärte die Kommissarin. Kuneva spricht von einer ernsthaften Verzerrung des Marktes - und das könne man nun mal nicht hinnehmen. Gleiches gelte für unklare Angaben der Anbieter über Preise oder unvollständige Information darüber, wie man den Anbieter erreichen kann, wenn man sich beschweren will.
"Aggressive" Online-Anbieter
Bei der Ermittlungsaktion der EU-Staaten, die den Namen "Sweep" trägt, war die italienische Kartellbehörde federführend. Paolo Saba, bei der Behörde für den Verbraucherschutz zuständig, bezeichnete das Verhalten vieler Online-Anbieter als "aggressiv". Im Zuge der Ermittlungen habe man im Frühjahr dieses Jahres allein neun italienische Unternehmen mit hohen Geldbußen belegt, insgesamt in Höhe von fast zwei Millionen Euro. Betroffen sind nicht nur Eigentümer der monierten Webseiten oder Firmen, die Werbung geschaltet haben - sondern auch die vier größten Telekommunikationsunternehmen Italiens. Und das, so Saba weiter, sei wirklich ein extrem sensibles Problem gewesen.
Alles in allem, so sind sich der italienische Verbraucherschützer und seine EU-Kollegin einig, sei mit "Sweep" ein schlagkräftiges Instrument für die Beobachtung des Marktes geschaffen worden. "Ein Beweis dafür, was die EU-Staaten erreichen können, wenn sie zusammenarbeiten", so Saba. Und diese Zusammenarbeit soll weitergehen, für dieses und das nächste Jahr sind weitere gemeinsame Aktionen geplant.