Varoufakis kritisiert EZB-Politik "EZB nimmt uns die Luft zum Atmen"
Griechenlands Finanzminister Varoufakis hat der Europäischen Zentralbank erneut vorgeworfen, zuviel Druck auf sein Land auszuüben. In einem Interview im griechischen Fernsehen ging er auch auf sein schwieriges Verhältnis zu Bundesfinanzminister Schäuble ein.
Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis hat erneut gegen die Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) im Schuldenstreit gewettert. "Aus meiner Sicht verfolgt die EZB eine Politik gegenüber unserer Regierung, die ihr die Luft zum Atmen nimmt", sagte Varoufakis dem griechischen Fernsehsender Mega.
In dem Interview wertete Varoufakis das Vorgehen der EZB zudem als Druckmittel, mit dem die anderen Staaten der Euro-Zone und der Internationale Währungsfonds (IWF) gezwungen würden, eine Übereinkunft mit Griechenland zu erzielen.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann wies die Vorwürfe aus Griechenland zurück: Es sei Aufgabe der Regierungen und Parlamente zu entscheiden, ob sie bereit seien, die Griechenlandrisiken weiter auszuweiten und den Finanzbedarf des griechischen Staates zu decken, sagte Weidmann. "Ich sehe diese Aufgabe weniger denn je beim Eurosystem."
Griechenlands Abhängigkeit von der EZB
Hintergrund des Konflikts zwischen Varoufakis und der Notenbank ist, dass die griechischen Banken und indirekt auch die Regierung seit Jahren am Tropf der EZB hängen. Die Athener Banken gehören nämlich zu den eifrigsten Käufern griechischer Staatsanleihen, die sie dann als Sicherheit bei der EZB hinterlegen - wofür sie im Gegenzug frisches Geld bekommen, mit dem sie neue Staatsanleihen kaufen können.
Seit einigen Wochen weigert sich die EZB jedoch, die griechischen Staatspapiere als Sicherheit zu akzeptieren. Zudem hat sie die hellenischen Bonds explizit von ihrem 1140 Milliarden Euro schweren Kaufprogramm für Staatsanleihen und andere Wertpapiere ausgenommen. Geld fließt den griechischen Banken nur noch über eine spezielle Notkreditlinie namens ELA zu - doch deren Volumen ist begrenzt. Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters erweiterte die EZB den ELA-Kreditrahmen am Donnerstag um 0,6 auf 69,4 Milliarden Euro.
Dissens mit Schäuble
In seinem Fernsehinterview äußerte sich Varoufakis auch zu seinem Verhältnis zu Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). "Wir sprechen immer sehr zivilisiert und konstruktiv", sagte der Athener Politiker. Zugleich betonte er: "Bei einem Treffen, das ich mit Herrn Schäuble hatte, sagte er mir, ich hätte das Vertrauen der deutschen Regierung verloren. Und ich sagte ihm: Ich hatte es nie, ich bin Mitglied einer Regierung der radikalen Linken." Er halte es für offensichtlich, dass er nicht das Vertrauen der Bundesregierung besitze. "Aber ich habe das Vertrauen des griechischen Volkes." Er bemühe sich aber auch, in Deutschland Vertrauen zu gewinnen.
Varoufakis bestätigte, dass von heute an in Athen Beamte der sogenannten Institutionen - der ehemaligen Troika - die Umsetzung der Sparauflagen überprüfen. Sie würden sich jedoch in einem Hotel aufhalten, und man werde ihnen die verlangten Unterlagen dorthin bringen. Die Kontrolleure sind bei der griechischen Bevölkerung extrem unbeliebt und waren in der Vergangenheit auch Anfeindungen ausgesetzt.
Zahlungsunfähigkeit droht
Vertreter der EZB, der EU-Kommission und des IWF hatten sich auf eine Wiederaufnahme der Reformgespräche mit der Regierung in Athen verständigt. Varoufakis und seine Kollegen müssen bis Ende April darlegen, welche alternativen Reformvorschläge sie der Euro-Zone machen. Griechenland steht derzeit allerdings massiv unter Druck, weil das Land seine Schulden weiter bedienen muss. Noch im März muss ein Kredit über 1,5 Milliarden Euro an den IWF zurückgezahlt werden, im Sommer werden 6,7 Milliarden Euro an die EZB fällig.