Frankreichs Premier stellt Plan für mehr Wettbewerbsfähigkeit vor Unternehmenssteuern runter, Mehrwertsteuer rauf
Einen Tag nachdem Gutachter Gallois seinen Sparplan vorgelegt hat, präsentiert Frankreichs Premier Ayrault das, was er davon übernehmen will: Milliardenschwere Steuererleichterungen sollen die Wirtschaft wieder fit machen. Im Gegenzug steigt die Mehrwertsteuer. Jubel löst das nicht aus.
Von Daniels Kahls, MDR-Hörfunkkorrespondentin Paris
Frankreichs Premierminister Jean-Marc Ayrault spricht von einer historisch schwierigen Situation, in der sich Frankreich befinde. Und trotzdem hat sich seine Regierung nur zu zaghaften und befristeten Hilfsmaßnahmen durchgerungen, die Ayrault heute bekannt gegeben hat.
Arbeitskosten sollen um sechs Prozent sinken
Statt die Lohnnebenkosten sofort zu senken, wie es Unternehmer und der Regierungsberater Louis Gallois gefordert hatten, setzt die französische Regierung auf Steuerrückerstattungen. Alle Firmen, die Arbeitsplätze im unteren Einkommenssegment schaffen und erhalten, können diese für 2013 geltend machen. So sollen die Arbeitskosten insgesamt um sechs Prozent gesenkt werden.
Diese Steuerrückerstattung werde allen Produktionsbereichen in Frankreich zu Gute kommen, so Premierminister Ayraul. "Der Industrie, der Landwirtschaft und dem Dienstleistungssektor. Und die großen Unternehmen werden stimuliert, Arbeitsplätze in Frankreich zu schaffen und zu halten."
"Ich sehe nicht, wie uns das wettbewerbsfähiger machen soll"
In der Wirtschaft scheint man jedoch von der Wirksamkeit dieser Fördermaßnahme nicht ganz überzeugt: Wenn die Lohnnebenkosten direkt gesenkt würden, könnte man sofort die Kosten für sein Produkt senken. Wenn jedoch Steuern zurückerstattet würden, müsse man erstmal Gewinne machen, meint ein mittelständische Unternehmer aus Nordfrankreich. "Und wie alle wissen, machen die Unternehmen in Frankreich ja derzeit wenig Gewinn. Deshalb sehe ich nicht, wie diese Steuerrückerstattung uns wettbewerbsfähiger machen soll."
Dabei ist diese Maßnahme durchaus kostspielig. Mit 20 Milliarden Euro beziffert der Premierminister dieses Hilfspaket für die Wirtschaft in den kommenden drei Jahren. Die Hälfte davon soll durch Ausgabenkürzungen gewonnen werden, die andere Hälfte unter anderem durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer.
"Wir werden doch wie die Milchkühe gemolken"
Vor allem das Gaststättengewerbe schlägt deshalb bereits Alarm: Bis zu 10.000 Arbeitsplätze seien in Gefahr. "Na, das wird sich doch auf alle Preise auf der Karte auswirken", meint ein Pariser Restaurantgast wenig begeistert. "Noch eine zusätzliche Steuer auch aufs Bier, wir werden doch wie die Milchkühe gemolken." Denn im einem bereits beschlossenen Sparpaket hatte die französische Regierung schon die Steuer auf Bier um 160 Prozent erhöht.
"Die zehnte Auflage von dem, was bereits gemacht wurde"
Die Regierung stößt mit ihrem Hilfspaket für die französische Wirtschaft also auf wenig Begeisterung. Die Opposition schießt sich natürlich auch auf die zuerst so vehement abgelehnte und nun doch angekündigte Mehrwertsteuererhöhung ein. Und auch sonst halten Politiker wie die Abgeordnete Marie-Georges Buffet von der Kommunistischen Partei mit ihrer Kritik nicht hinterm Berg. "Es ist doch die zehnte Auflage von dem, was bereits gemacht wurde", sagt sie. "Die Senkung der Steuern für Unternehmen, die Senkung der öffentlichen Ausgaben, der Druck auf die Gehälter - und das Resultat davon ist doch die Situation, in der wir uns jetzt befinden", so Buffet.
Die geballte Kritik steht im direkten Widerspruch zu den Worten, mit denen die französische Regierung ihre Maßnahmen selbst beschreibt. Premierminister Ayrault sprach von mutigen Entscheidungen und einem neuem französischen Modell, das nun ins Leben gerufen werde und das Frankreich vor dem Niedergang bewahre.