Junge Leute und Wirtschaftsthemen Spannend, aber kompliziert
Gender Pay Gap, Work-Life-Balance, berufliche Weiterentwicklung: Viele junge Menschen finden Wirtschaftsthemen spannend, aber schwer zu verstehen, zeigt eine Studie. Experten und Jugendliche fordern mehr Bildungsangebote.
Etwas mehr als die Hälfte der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in Deutschland interessiert sich laut einer Umfrage der Bertelsmann Stiftung für das Thema Wirtschaft. Für ebenfalls über die Hälfte sind Wirtschaftsnachrichten aber zu kompliziert. Ein ebenso großer Anteil meint, nicht genug über Wirtschaft zu wissen, um tagesaktuelle Wirtschaftsnachrichten zu verstehen.
Dabei ist dem Großteil offenbar klar, wie wichtig die Wirtschaft ist. Vier von fünf Befragten (83 Prozent) sagen, "dass eine funktionierende Wirtschaft und eine stabile Demokratie zusammenhängen", teilte die Stiftung mit.
Männer interessieren sich mehr für Wirtschaft als Frauen
Ein genauerer Blick in die Studie zeigt zudem, dass das Interesse an Wirtschaftsthemen stark schwankt - je nach Geschlecht und Bildungsabschluss. So interessieren sich zwar 63 Prozent der Männer im Alter von 14 bis 25 Jahren für Wirtschaft, aber nur 44 Prozent der jungen Frauen.
Auch zeigt das Ergebnis der repräsentativen Umfrage, dass das Thema Wirtschaft bei Menschen mit niedrigem Bildungsabschluss um etwa fünf Prozentpunkte geringer ausfällt als bei Befragten mit mittlerem oder hohem Abschluss.
Diese Themen finden junge Menschen spannend
Doch welche Wirtschaftsthemen sind jungen Menschen besonders wichtig? Mit 81 Prozent steht die berufliche Weiterentwicklung und das Lernen nach der Schule an der Spitze. Dann folgt mit 79 Prozent die Frage nach der Finanzierung des Lebens im Rentenalter. Auf Platz 3 liegt das Thema Chancengleichheit bei Bildung und Beruf (78). Dahinter liegen Work-Life-Balance (77), Gender Pay (69) und Klimaschutz (66).
Dabei ist das Thema Work-Life-Balance vor allem jungen Menschen mit hohem Bildungsgrad wichtig. Beim Thema Gender Pay Gap, also die unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen im Beruf, liegt das Interesse von Frauen um 25 Prozentpunkte höher als das der Männer. Die Männer interessieren sich dafür deutlich mehr für die internationale Wettbewerbssituation der deutschen Wirtschaft und den Aktienmarkt.
Zu wenig Wirtschaft in der Schule
Fast 80 Prozent der Befragten wünschen sich mehr Wirtschaftsinhalte in der Schule. 62 Prozent der jungen Menschen beklagen zudem, dass ihre Interessen von der Politik zu wenig berücksichtigt werden.
Dabei fühlen sich junge Menschen mit vergleichsweise niedrigem Bildungsniveau von der Politik besser vertreten als jene mit höherem Bildungsniveau.
Die Bertelsmann Stiftung wurde 1977 durch den Unternehmer Reinhard Mohn gegründet, den damaligen Chef des Medienkonzerns Bertelsmann. Nach Angaben des Konzerns halten Stiftungen, unter anderem die Bertelsmann Stiftung, heute etwas mehr als 80 Prozent der Aktien am Bertelsmann-Konzern, zu dem unter anderem die RTL Group, das Musikunternehmen BMG, die Verlagsgruppe Penguin Random House sowie Servicegeschäfte gehören.
Für ihre Studien sammelt und analysiert die Bertelsmann Stiftung Daten und gibt Handlungsempfehlungen an die Öffentlichkeit und Entscheidungsträger ab. Sie arbeitet operativ, das heißt sie unterstützt nicht die Arbeit Dritter, sondern investiert ausschließlich in selbst initiierte Projekte. Dabei dient sie nach eigenen Angaben dem Gemeinwohl und ist zu politischer Neutralität verpflichtet.
Experten fordern mehr Bildung und Beteiligung
Wirtschaft und Politik sollten daher mehr Angebote schaffen, die junge Menschen einerseits besser einbinden und die ihr Wissen über wirtschaftliche Zusammenhänge erweitern würden, erklärte die Expertin der Bertelsmann Stiftung für Jugend und Wirtschaft, Sandra Zillinger.
Dabei sei es wichtig, dass sich nicht nur ohnehin schon gut gebildete Menschen, sondern möglichst viele der jungen Menschen ein besseres Verständnis für Wirtschaftsthemen aufbauen könnten, ergänzte der Bertelsmann-Experte Tobias Bürger.