Nach neuen Rekorden Wall Street schaltet einen Gang zurück
Robuste Konjunkturdaten, Zins- und KI-Hoffnungen halten die Wall Street weiter auf Rekordniveau. Aber es gab auch einen Spielverderber, was zeigt, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen.
Schwache Geschäftsergebnisse von Chiphersteller Intel haben an der Wall Street zum Wochenschluss die Laune getrübt. Eine positive Überraschung bei neuen Konjunkturdaten grenzte die Kursverluste jedoch ein. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte markierte ebenso wie der marktbreite S&P-500-Index im frühen Geschäft zwar ein weiteres Rekordhoch, die Indizes konnten diese Marken aber im Verlauf nicht behaupten.
Der Dow schloss letztlich bei 38.109 Punkten um 0,16 Prozent höher. Das Tages- und gleichzeitig neue Rekordhoch lag im frühen Geschäft bei 38.215 Punkten. Auch der marktbreite S&P-500-Index stieg zunächst bis auf eine neu Bestmarke von 4.907 Punkten, um bei 4.890 Punkten um 0,1 Prozent leichter aus dem Handel zu gehen.
Die Nasdaq blieb heute zurück, auch weil die schwachen Intel-Zahlen den gesamten Chipsektor belasteten. Der Composite-Index gab moderat um 0,36 Prozent nach. Der Auswahlindex Nasdaq 100 schloss 0,55 Prozent niedriger. Die großen Aktienindizes bleiben aber allesamt in Schlagweite ihrer bisherigen Bestmarken stehen, so dass schon geringe Veränderungen immer wieder für neue Allzeithochs sorgen.
Der Tech-Dämpfer heute lag vor allem an der enttäuschenden Prognose von Chiphersteller Intel vom Vorabend. Intel-Aktien brachen am Ende 11,9 Prozent ein und waren Schlusslicht im Dow Jones-Index.
Das Unternehmen profitiert nicht vom Boom der Künstlichen Intelligenz (KI), weil es keine konkurrenzfähigen Spezialchips für diese Technologie im Angebot hat. Konkret stellte der Konzern für das neu angelaufene Quartal Umsätze zwischen 12,2 und 13,2 Milliarden Dollar sowie einen Gewinn von 0,13 Dollar je Aktie in Aussicht. Diese Zahlen blieben hinter den Markterwartungen zurück.
"Intel sorgt für lange Gesichter an der Börse, weil die Anleger nach dem optimistischen Ausblick des asiatischen Konkurrenten TSMC den Chipsektor zu einem der Favoriten für 2024 bestimmten", sagte Jürgen Molnar von RoboMarkets. Die Titel von Rivalen wie Nvidia, AMD, Lam Research und Marvell verloren in ihrem Sog ebenfalls.
Der Markt profitierte aber im Gegenzug von robusten Konjunkturdaten. Anleger zeigten sich zufrieden, denn die Daten zeigten, dass die US-Wirtschaft trotz der hohen Zinsen nicht in die Rezession abzurutschen droht. Im Gegenteil, die Konsumausgaben und Einkommen der US-Haushalte waren im Dezember weiter gestiegen.
Im Monatsvergleich legten die Ausgaben um 0,7 Prozent zu, wie das Handelsministerium am Nachmittag in Washington mitteilte. Analysten hatten im Schnitt mit einem Anstieg um 0,5 Prozent gerechnet. Die Einkommen der Haushalte erhöhten sich erwartungsgemäß um 0,3 Prozent.
Der private Konsum ist ein Tragpfeiler der US-Wirtschaft, die zuletzt trotz hoher Leitzinsen ein überraschend hohes Wachstumstempo angeschlagen hat. Die persönlichen Ausgaben der Konsumenten bilden dabei ein Inflationsmaß, das die Währungshüter besonderes beachten. Dabei bleiben die schwankungsanfälligen Nahrungsmittel- und Energiekosten außen vor. Dieser sogenannte PCE-Kernindex sank im Dezember auf eine Jahresteuerungsrate von 2,9 Prozent - die niedrigste Rate seit März 2021. Im November 2023 lag sie noch bei 3,2 Prozent. Befragte Experten hatten für Dezember lediglich einen Rückgang auf 3,0 Prozent erwartet.
Nun blicken Anleger auf den Zinsentscheid der US-Notenbank kommende Woche. Experten erwarten, dass die Währungshüter um Jerome Powell zum vierten Mal in Folge die Füße stillhalten werden. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung bei der nächsten Fed-Sitzung im März wird an den Terminmärkten dagegen auf rund 50 Prozent geschätzt. Eine geldpolitische Lockerung bei weiteren geldpolitischen Treffen gilt als mehr oder weniger ausgemacht.
Wie schon am Vortag hat der DAX anfängliche Verluste nach schwächeren Konjunkturdaten wettgemacht und ist im Verlauf ins Plus gedreht. Dabei ging es in der Spitze bis auf 16.967 Punkte bergauf, der Schlussstand lag dann bei 16.961 Punkten nur knapp darunter. Prozentual rückte der deutsche Leitindex 0,32 Prozent vor und verzeichnet im Wochenverlauf einen Zuwachs von über 400 Punkten oder 2,45 Prozent.
Keinen schlechte Bilanz, das Rekordhoch von 17.003 Punkten aus dem Dezember bleibt damit in greifbarer Nähe, konnte aber auch heute nicht überwunden werden. Der MDAX der mittelgroßen Werte gewann 0,38 Prozent auf 26.174 Punkte.
Allerdings fehlt dem deutschen Index im Gegensatz zu den sich auf Rekordkurs befindlichen US-Börsen deren hoher Technologiebezug, der zuletzt der Haupttreiber für die Rekordjagd der Wall Street war. Auch zum Wochenschluss geht in New York die Rally weiter, sowohl der Dow-Jones- als auch der S&P-500-Index haben nach vielversprechenden Wirtschaftsdaten neue Bestmarken erreicht.
Diskutiert wurde auf dem Frankfurter Börsenparkett weiterhin die gestrige Ratssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB). Dabei hatte EZB-Chefin Christine Lagarde die Tür für eine Zinssenkungen im April offen gelassen. "Erstmals könnte die EZB am Ende früher die Zinsen senken als die Fed", meint Johannes Mayr, Chefvolkswirt bei Eyb & Wallwitz. Für die Aktienmärkte sind das gute Nachrichten, nachdem sich die Zinssenkungserwartungen zuletzt noch eingetrübt hatten.
"Die entschlossene Ablehnung der Zinssenkungserwartungen, die viele von der EZB erwartet hatten, fand gestern nicht statt, wobei die Zentralbank ihren datenabhängigen Ansatz bekräftigte", kommentierten die Experten der italienischen Bank Unicredit.
Fundamental scheinen die hohen Kursniveaus allerdings kaum gerechtfertigt, gerade mit Blick auf die jüngsten Schwächesignale von der deutschen Konjunktur. So sanken Exporterwartungen der Unternehmen im Januar auf minus 8,4 Punkte, nach minus 7,1 Punkten im Dezember, wie das Münchner ifo-Institut am Morgen mitteilte. Im Wochenverlauf hatten bereits wichtige Frühindikatoren wie der ifo-Index und die Einkaufsmanagerindizes negative Signale für die deutsche Wirtschaft gesandt.
Man sehe derzeit einen "interessanten Kontrast" zwischen den aktuellen Kursen am Aktienmarkt und der Nachrichtenlage, kommentierte Michael Metcalfe, Stratege beim Finanzdienstleister State Street. "Die Konzernbilanzen und die Konjunkturdaten erscheinen eigentlich bestenfalls uneinheitlich. Man bekommt wirklich den Eindruck, dass es immer noch die Zinshoffnungen sind, die den Markt nach oben treiben
Auch die Konsumstimmung der Verbraucher hat zum Jahresbeginn einen Rückschlag erlitten. Den Marktforschungsunternehmen GfK und Nürnberg Institut für Marktentscheidungen (NIM) zufolge sinkt das Konsumklima in Deutschland auf minus 29,7 Punkte - und damit auf den schlechtesten Wert seit März 2023. Zugleich kletterte die Sparneigung auf den höchsten Wert seit 2008.
Der Euro hat zum Wochenschluss einen Großteil seiner leichten Vortagesverluste wettgemacht. Die Gemeinschaftswährung wurde zuletzt im US-Handel bei 1,0855 Dollar etwas höher gehandelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0871 (Donnerstag: 1,0893) Dollar fest. Robuste Konjunkturdaten aus Frankreich stützten die leichte Erholung des Euro. Die Stimmung der französischen Verbraucher hat sich zu Jahresbeginn etwas deutlicher verbessert als von Analysten erwartet.
Zudem äußerten sich gleich mehrere Notenbanker aus den Reihen der Europäischen Zentralbank zur Geldpolitik. Die meisten von ihnen bekräftigten Aussagen der EZB-Präsidentin Christine Lagarde vom Vortag, wonach die künftige Zinspolitik von der konjunkturellen Entwicklung abhänge und zeitlich nicht festgelegt sei. Die US-Inflationsdaten wurden am Markt bisher gelassen aufgenommen.
Zum Wochenschluss zogen die Ölpreise nach zuvor lustlosem Handel noch deutlich an. Ausgelöst wurde der starke Preisanstieg durch den Auftritt eines Huthi-Sprechers im Fernsehen. Ihm zufolge haben die Rebellen einen britischen Öltanker im Golf von Aden mit einer Antischiffsrakete angegriffen. Der Tanker sei getroffen worden und stehe in Flammen.
In den vergangenen Tagen hatten die Notierungen schon spürbar zugelegt - besonders wegen der angespannten Lage im Roten Meer. Über das Rote Meer verläuft ein für den Waren- und Erdöltransport wichtiger Seeweg, der gegenwärtig von vielen Reedereien weitläufig umfahren wird. Das treibt die Transportkosten.
Angetrieben werden die Ölpreise zudem von rückläufigen Lagerständen in den USA und einer zuletzt stark gefallenen Rohölförderung. Fachleute verweisen zwar auf wetterbedingte Faktoren. Allerdings war die hohe und steigende Förderung in Ländern außerhalb des Ölkartells OPEC bisher ein entscheidender Grund, der gegen steigende Ölpreise gesprochen hat. Im späten Handel stieg der Preis für ein Fass der Nordseesorte Brent noch um 1,6 Prozent, die US-Sorte WTI legte 1,3 Prozent zu.
Trotz guter Gewinnzahlen im abgelaufenen Jahr stand die RWE-Aktie am DAX-Ende. Denn der Ausblick für 2024 gefiel den Anlegern offenbar gar nicht. "Vor dem Hintergrund der in den letzten Wochen deutlich gesunkenen Energiepreise an den europäischen Großhandelsmärkten erwartet RWE derzeit für 2024 ein geringeres Ergebnis, das an der unteren Bandbreite des Ergebniskorridors liegt, den das Unternehmen auf seinem Kapitalmarkttag am 28. November 2023 vorgestellt hat", hieß es vom Unternehmen.
Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) dürfte 2023 um 33 Prozent auf knapp 8,4 Milliarden Euro gestiegen sein und damit die eigene Prognose von 7,1 bis 7,7 Milliarden Euro übertroffen haben, teilte der Konzern am Nachmittag überraschend mit. Das ist auch etwas mehr als Experten im Mittel erwartet hatten. Das Dividendenziel für das Geschäftsjahr 2023 bleibt unverändert bei 1,00 Euro je Aktie, wie es vom Unternehmen weiter hieß.
Im Kerngeschäft, zu dem die Stromerzeugung durch Wind- und Solaranlagen, Laufwasser-, Pumpspeicher-, Biomasse- und Gaskraftwerke sowie der Energiehandel zählen, dürfte 2023 ein bereinigtes operatives Ergebnis von fast 7,7 Milliarden Euro herausgekommen sein, hieß es weiter. Für das bereinigte Nettoergebnis 2023 geht RWE von 4,5 Milliarden Euro aus. Damit liegen auch diese beiden Werte deutlich über den Unternehmenszielen. Die vollständigen Ergebnisse sollen am 14. März veröffentlicht werden.
Unternehmensseitig stand zum Wochenschluss im DAX auch die Sartorius-Aktie im Fokus der Anleger. Die Aktien des Laborausrüsters legten nach Jahreszahlen um fast zehn Prozent zu und standen an der DAX-Spitze. Sie kommen allerdings von einem niedrigen Niveau, zählen sie doch 2024 bisher zu den drei schlechtesten DAX-Werten. Das Unternehmen will nach einem Gewinneinbruch von gut 48 Prozent auf 338,5 Millionen Euro im vergangenen Jahr nun wieder wachsen und die Profitabilität steigern.
Für die T-Aktie ging es dagegen um rund 0,8 Prozent bergab wegen schwacher Signale von T-Mobile US. Die US-Tochter verfehlte im vierten Quartal die Gewinnerwartungen und schickte den Kurs im nachbörslichen New Yorker Handel auf Talfahrt. Der Ausblick von T-Mobile US klinge in Ordnung, doch ein insgesamt durchwachsener Bericht reiche nicht aus, um den jüngsten Aufwärtstrend weiter zu befeuern, sagte ein Händler. Mittlerweile legt die T-Mobile-Aktie allerdings zu, die T-Aktie grenzte ihre Verluste danach ein.
Aktien von Bayer gaben rund ein Prozent nach. Eine negative Analystenstimme lastete auf den Kursen. Analyst Sachin Jain von der Bank of America stufte den Chemie- und Pharmakonzern auf "Underperform" ab. Die Bayer-Aktie notiert nun wieder so tief wie seit der Vorweihnachtszeit nicht mehr. Eine Erholung, die bis Anfang Januar anhielt, ist längst wieder passé.
Im MDAX konnte sich die Kion-Aktie an die Spitze schieben. Eine Hochstufung auf "Outperform" durch die Experten von Exane BNP trieb den Kurs kräftig an. Analyst Sebastian Growe blickt in einer Studie positiver auf die Sparte Industrial Trucks & Services (ITS) des Lagertechnik-Herstellers, die unter anderem das Geschäft mit Gabelstaplern umfasst. Der Experte glaubt an positive Kurstreiber durch die Zahlen zum vierten Quartal und einen ersten Ausblick auf 2024.
Mehr als acht Jahre nach einem verheerenden Dammbruch im brasilianischen Bundesstaat Minas Gerais hat ein Gericht die Bergbaukonzerne Vale, Samarco und BHP zur Zahlung von umgerechnet 8,93 Milliarden Euro für immaterielle Schäden verurteilt. Die Konzerne hätten die Menschenrechte der betroffenen Gemeinden verletzt, befand das Bundesgericht in Belo Horizonte. Der Dammbruch gilt als eine der schlimmsten Umwelttragödien in der Geschichte Brasiliens.
Das EuroStoxx-50-Schwergewicht LVMH hat 2023 ein weiteres Rekordjahr hingelegt. Der Erlös stieg gegenüber dem Vorjahr um neun Prozent auf rund 86,15 Milliarden Euro, wie der Luxuskonzern am Abend in Paris mitteilte. Unter dem Strich verdiente LVMH 15,17 Milliarden Euro und damit acht Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die US-Bank Goldman Sachs rief daraufhin ein Kursziel von 1.000 Euro für die LVMH-Aktie aus.
Der US-Kreditkartenanbieter Visa profitiert weiter von der Konsum- und Reisefreude seiner Kunden. Im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2023/24 legte der Erlös im Vergleich zum Vorjahr um neun Prozent auf 8,6 Milliarden Dollar zu. Unter dem Strich verdiente der Konkurrent von American Express und Mastercard mit 4,9 Milliarden Dollar 17 Prozent mehr. Erst am Dienstag hatte die Visa-Aktie mit knapp 273 Dollar den höchsten Stand ihrer Börsengeschichte erreicht.
Der Kreditkartenanbieter American Express hat Gewinn und Umsatz im vierten Quartal gesteigert. Wegen der gestiegenen Zinsen zeigte sich der Konzern allerdings vorsichtig. Der Gewinn pro Aktie stieg im abgelaufenen Vierteljahr auf 2,62 Dollar von 2,07 Dollar, die die Firma heute mitteilte. Befragte Analysten hatten allerdings mit 2,64 Dollar gerechnet. Die Aktie legte in New York trotzdem deutlich 7,1 Prozent zu.
Außerdem erhöhte American Express die Rückstellungen für Kreditausfälle auf 1,44 Milliarden Dollar nach 1,03 Milliarden Dollar im Vorjahresquartal. Gestiegene Leitzinsen machen Kredite auch für die Verbraucher teurer. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese ihre Kredite nicht mehr bedienen können, steigt. Anders als andere Kreditkartenunternehmen ist AMEX wie auch die Banken im Kreditgeschäft tätig und muss daher Rückstellungen für ausfallgefährdete Darlehen bilden. Der Umsatz von American Express legte im vierten Quartal um elf Prozent zu auf 15,80 Milliarden Dollar.
Nutzer eines iPhones in der Europäischen Union können künftig nicht nur Anwendungen aus dem App-Store von Apple installieren, sondern dafür auch alternative App-Marktplätze verwenden. Gleichzeitig lässt der iPhone-Konzern konkurrierende Bezahlmethoden und alternative Technologien für Webbrowser zu, die bislang von Apple mit Hinweis auf Sicherheitsrisiken nicht gestattet waren. Apple reagiert mit den Änderungen auf rechtliche Vorgaben durch das neue EU-Gesetz für Digitale Märkte (Digital Markets Act/DMA).
Die milliardenschweren Deals, mit denen sich Tech-Riesen Zugang zu neuer KI-Technologie von Start-ups verschafft haben, geraten ins Visier von US-Aufsehern. Die Handelsbehörde FTC forderte bei Microsoft, Amazon und der Google-Mutter Alphabet mehr Informationen zu solchen Vereinbarungen an. Dabei wolle man unter anderem der Frage nachgehen, ob Investitionen "dominierender Unternehmen" den Wettbewerb verzerren könnten, erklärte FTC-Chefin Lina Khan.