Uneinheitliche Wall Street Standardwerte wieder gefragt
Während im Tech-Sektor erneut Gewinne mitgenommen wurden, setzte sich die Erholung der US-Standardwerte fort. Vor allem KI-Platzhirsch Nvidia musste erneut Federn lassen.
Die Wall Street bot auch zum Wochenstart ein bekanntes Bild. Während die Anleger bei Standardaktien zugriffen, gingen die Gewinnmitnahmen im Tech-Sektor weiter. Anleger trennten sich dabei erneut von Aktien des KI-Vorreiters Nvidia und anderen Chip-Werten.
Der Leitindex Dow Jones rückte 0,67 Prozent auf 39.411 Punkte vor, der S&P 500, der sowohl Technologie- als auch Standardaktien beinhaltet, schloss 0,31 Prozent tiefer bei 5.447 Zählern.
An der Tech-Börse Nasdaq dominierten Gewinnmitnahmen, der Composite-Index gab 1,09 Prozent nach, der Auswahlindex Nasdaq 100 endet 1,15 Prozent schwächer 19.474 Zählern. Aber auch im Tech-Sektor war die Tendenz nicht einheitlich, denn Microsoft und die Alphabet-A-Aktie markierten im Verlauf neue Rekordstände, konnten diese dann aber nicht halten.
Nach der positiven Bilanz in der Vorwoche bleiben die Anleger an der Wall Street damit vorsichtig optimistisch. Am Markt wird aber angesichts wichtiger Konjunkturdaten im Laufe der Woche und der ersten TV-Debatte zwischen Präsident Joe Biden und seinem Herausforderer Donald Trump zunächst mit einer abwartenden Haltung vieler Akteure gerechnet.
Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von RoboMarkets erwartet, dass die Woche erstmal dahin plätschert, bevor am Donnerstag Zahlen zum US-Wirtschaftswachstum und dem für die US-Notenbank Fed wichtigen PCE-Deflator der privaten Konsumausgaben veröffentlicht werden.
Anhaltende Gewinnmitnahmen haben heute den Aktien von Nvidia den erst kürzlich errungenen Titel als wertvollstes Börsenunternehmen der Welt gekostet. Die Papiere des Chipherstellers fielen am Ende um 6,68 Prozent auf 118,11 US-Dollar und rutschen damit an das Ende des Nasdaq 100.
Nvidia ist nunmehr an der Börse wieder etwas weniger als drei Billionen US-Dollar schwer. Erst vor knapp einer Woche war der Chiphersteller in puncto Börsenwert an dem Softwarehersteller Microsoft sowie an dem Computerkonzern Apple vorbeigezogen und hatte damit erstmals den Börsenthron erklommen.
Seit Jahresbeginn gerechnet steht aber immer noch ein Plus von mehr als 140 Prozent zu Buche. Dies ist der mit Abstand größte Zugewinn aller im Nasdaq 100 vertretenen Unternehmen. Vor allem der Hype um Künstliche Intelligenz und die für deren Einsatz notwendigen Komponenten hatte die Titel in den vergangenen Wochen immer wieder auf Höchststände getrieben.
Im Fokus der Anleger bleibt auch weiter die Frage, wann die Notenbank Federal Reserve (Fed) die Zinswende (endlich) einleiten wird. Rückschlüsse auf den möglichen Zeitpunkt der ersten Zinssenkung in den USA hoffen Investoren aus dem Preisindex zu den persönlichen Konsumausgaben (PCE) ziehen zu können, der am Freitag ansteht. Der Index ist das bevorzugte Inflationsmaß der Federal Reserve. Er dürfte eine Abschwächung des Preisdrucks zeigen.
"Der PCE könnte den Markt in die Höhe treiben, wenn er auch nur ein bisschen niedriger ausfällt als erwartet", konstatierte Kim Forrest, Investmentchef bei Bokeh Capital Partners. Börsianer rechnen mehrheitlich mit einer ersten Senkung der US-Zinsen im September und gehen weiter von etwa zwei Zinssenkungen in diesem Jahr aus. "Die größte Sorge des Marktes ist jeder Hauch einer Stagflation. Mit anderen Worten, eine sich abkühlende Wirtschaft mit steigender Inflation", sagte Quincy Krosby, Stratege bei LPL Financial.
Der DAX hat am Nachmittag seine Gewinne ausgebaut und um 0,89 Prozent höher bei 18.325 Punkten geschlossen. Das Tagestief lag zur Eröffnung noch bei 18.165 Punkten, das Tageshoch bei 18.354 Zählern.
Der deutsche Leitindex trotzte damit heute auch einem schwachen ifo-Geschäftsklimaindex, dessen überraschende Schwäche Zinshoffnungen auslöste. Auch eine Erholung der Standardwerte an der Wall Street spielte den Käufern am späten Nachmittag in die Hände. Zentrales Thema aber war die Hoffnung der Anleger auf eine Einigung der EU mit China im derzeitigen Zollstreit.
Bereits in der Vorwoche waren die Anleger vorsichtig wieder eingestiegen, nachdem der Index die auch charttechnisch wichtige Unterstützungsmarke von 18.000 Punkten behauptete. Laut dem Marktbeobachter Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets zog die jüngste Stabilisierung des Leitindex über der Marke von 18.000 Punkten zuletzt spekulative Käufe nach sich.
Am vergangenen Freitag war der DAX mit einem Abschlag von 0,5 Prozent und 18.163 Punkten aus dem Handel gegangen. Auch der MDAX der mittelgroßen Werte, der am Freitag deutlicher verloren hatte, legte 1,61 Prozent zu.
Im DAX waren nach den vorsichtigen Entspannungssignalen zwischen Brüssel und Peking besonders Autoaktien gefragt, die im Index prominent vertreten sind. Zuvor hatte die EU-Kommission Pläne veröffentlicht, nach denen chinesische E-Autos mit zusätzlichen Strafzöllen belegt werden sollen, sofern keine andere Lösung mit China gefunden werden sollte. Die EU wirft Peking vor, batteriebetriebene Modelle unfair zu subventionieren.
Analyst Gianmarco Migliavacca von der US-Investmentgesellschaft Neuberger Berman nannte die geplanten Gespräche einen "Schritt in die richtige Richtung". Er erinnerte nochmals daran, dass chinesische Vergeltungszölle vor allem den deutschen Herstellern schaden würden.
Diese hätten zwar Gemeinschaftsunternehmen in China, die für den lokalen Markt produzierten. Doch sie exportierten auch durch die Bank Premium-Fahrzeuge nach China, die einen großen Teil ihrer Einnahmen ausmachten. Bei BMW stünden die China-Ausfuhren für etwa 9 Prozent und bei Mercedes-Benz und VW für bis zu 12 Prozent der Erlöse.
Der europäische Flugzeugbauer Airbus muss Abstriche an seinen Zielen machen. Statt der geplanten 800 würden in diesem Jahr wohl nur 770 Flugzeuge ausgeliefert, teilte das französisch-deutsche Unternehmen am Abend in Toulouse mit. Grund seien Engpässe bei den Lieferanten von Triebwerken, Rumpf und Kabinenausstattung, hieß es in der Mitteilung, die nach Börsenschluss veröffentlicht wurde.
Das Ziel, 75 A320-Kurzstreckenmaschinen zu bauen, wird erneut um etwa ein Jahr auf 2027 verschoben. Zurzeit sind es Schätzungen zufolge rund 50. Zudem bucht Airbus weitere rund 900 Millionen Euro Abschreibungen in der Raumfahrt-Sparte.
Das alles dürfte das Ergebnis von Airbus im laufenden Jahr schmälern. Statt eines bereinigten operativen Ergebnisses (Ebit) von 6,5 bis 7,0 Milliarden Euro, wie es der Vorstand noch vor zwei Monaten bekräftigt hatte, seien nun nur noch 5,5 Milliarden Euro zu erwarten, warnte das Unternehmen. Die Aktie gibt nachbörslich nach.
Der Darmstädter Pharmakonzern Merck hat zwei Studien für sein noch nicht zugelassenes Krebsmedikament Xevinapant abgebrochen. Eine Phase-III-Studie mit Xevinapant in Kombination mit platinbasierter Chemotherapie (CRT) an Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren werde eingestellt, weil das primäre Ziel der Verlängerung des ereignisfreien Überlebens voraussichtlich nicht erreicht werde.
Angesichts der Daten habe der DAX-Konzern auch entschieden, eine Phase-III-Studie mit Xevinapant in Kombination mit Strahlentherapie bei Patienten mit Kopf-Hals-Tumoren zu beenden. Merck hatte sich 2021 von der Schweizer Debiopharm Exklusivrechte an Xevinapant gesichert und dafür 188 Millionen Euro Vorauszahlung und bis zu 710 Millionen Euro mögliche weitere Zahlungen vereinbart.
Neue Übernahmefantasie trieb die Covestro-Aktie mit einem Plus von über fünf Prozent an die DAX-Spitze. Denn nach einer monatelangen Hängepartie spricht der Kunststoffkonzern nun konkret über eine Übernahme durch den staatlichen Ölkonzern Adnoc aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.
Seit Monaten hatte der DAX-Konzern nur auf ergebnisoffene Gespräche verwiesen. Im Raum steht jetzt ein mögliches Gebot von insgesamt rund 11,7 Milliarden Euro beziehungsweise 62 Euro je Aktie. "Wir haben in unseren Gesprächen mit Adnoc gute Fortschritte erzielt", sagte Covestro-Chef Markus Steilemann laut Mitteilung von heute. "Daher haben wir beschlossen, in konkrete Transaktionsverhandlungen mit Adnoc einzutreten."
An der Börse gibt es indes einige Zweifel, ob ein Deal zustande kommen wird - zumal es von Adnoc hieß, 62 Euro je Aktie wären ein finales Angebot.
Trotz der zarten China-Hoffnungen schwebt jedoch weiter das Damoklesschwert der anstehenden Frankreich-Wahlen über den Märkten. Die Aktienmarktstrategen von JPMorgan befürchten, dass die davon ausgehenden Risiken noch einmal für einen Rückschlag sorgen könnten. Noch schreckt das Team um den Analysten Mislav Matejka deshalb vor einem "Overweight"-Votum für europäische Aktien gegenüber den USA zurück.
"Die politische Situation im Nachbarland Frankreich und der drohende Zollstreit zwischen der EU und China ermutigen die Anleger im Augenblick nicht zu Neuengagements. Zudem könnte eine Korrektur an der Nasdaq den Bären in die Karten spielen", beschreibt Christian Henke vom Broker IG die Lage am Markt.
Auch am Devisenmarkt profitiert der Euro von der Aussicht auf eine Lösung im Zollstreit mit China. Zuletzt kostete die Gemeinschaftswährung im US-Handel 1,0738 Dollar. Am Morgen hatte der Kurs noch unter 1,07 Dollar gelegen. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0730 (Freitag: 1,0688) Dollar fest.
Schwache Daten aus der deutschen Wirtschaft stützten die Kurse nur kurzzeitig. Das ifo-Geschäftsklima hat sich im Juni unerwartet eingetrübt. Zuvor hatten sich bereits die Einkaufsmanagerindizes verschlechtert.
"Die deutsche Wirtschaft verliert den Anschluss an die Weltwirtschaft", kommentierte Dekabank-Chefvolkswirt Ulrich Kater. "Die Wirtschaftspolitik setzt den aktuellen Herausforderungen zu wenig entgegen, die Rahmenbedingungen für die Produktion in Deutschland müssen energischer als bisher verbessert werden."
Konkret fiel das ifo-Geschäftsklima im Juni um 0,7 Punkte auf 88,6 Zähler. Analysten hatten dagegen einen leichten Zuwachs auf im Schnitt 89,6 Punkte erwartet. In den Monaten zuvor war der wichtige Konjunkturindikator tendenziell gestiegen, im Mai hatte der wichtigste deutsche Frühindikator aber auf dem April-Wert verharrt.
Helaba-Experte Ralf Umlauf sprach von einem Rückschlag für die Wachstumshoffnungen. "Mit dem Rückgang des ifo-Geschäftsklimas nehmen die Zweifel an einer allmählichen Belebung der wirtschaftlichen Aktivitäten im zweiten Halbjahr zu."
Für den Aktienmarkt könnte sich das allerdings als positiv erweisen, denn die konjunkturelle Schwäche macht Zinssenkungen der EZB wahrscheinlicher. Insofern besteht zwischen der heutigen relativen Stärke des DAX und der Schwäche des ifo-Index kein Widerspruch.
Zalando-Aktien litten unter einem negativen Analystenkommentar und sackten knapp vier Prozent ans DAX-Ende ab. Mit einer weiteren Annäherung an die 20-Euro-Marke rutschen die Papiere des Onlinehändlers in der Jahresbilanz wieder ins Minus. Morgan-Stanley-Analyst Luke Holbrook setzte in seiner Studie ein Fragezeichen hinter die mittelfristigen Wachstumsambitionen des Online-Modehändlers.
Die Aktien von Siemens Energy bauten nach einem Großauftrag ihre Erholungsgewinne im Verlauf noch aus. Mit einem Kursplus von zuletzt rund 4,0 Prozent zählt der Energietechnikkonzern zu den besten Werten im DAX. Den Rückschlag vom Freitag machen die Titel so großteils wett.
Saudi-Arabien beauftragte die Münchener mit dem Bau von Kraftwerken. In den kommenden Jahren sollen zwei Gas- und Dampfturbinenkraftwerke in dem Wüstenstaat gebaut werden, wie der Konzern bekannt gab. Diese sollen dann zusammen fast vier Gigawatt Energie liefern. Zudem wurde ein Wartungsvertrag über 25 Jahre geschlossen. Den Angaben nach sind die Aufträge etwa 1,5 Milliarden US-Dollar (1,4 Mrd Euro) schwer.
Apple und der Facebook-Mutterkonzern Meta sprechen einem Bericht des Wall Street Journal zufolge über eine Zusammenarbeit im Bereich der Künstlichen Intelligenz (KI). Beide Unternehmen hätten darüber diskutiert, Metas KI-Modell in Apples angekündigtes KI-System "Apple Intelligence" zu integrieren, berichtete die Zeitung am Sonntag unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Quellen.
Apple hatte erst Mitte Juni die Zusammenarbeit mit dem KI-Pionier OpenAI angekündigt.
Der Reisekonzern TUI und der Großküchenausrüster Rational sind von heute an wieder im MDAX vertreten. Außerdem wird auch der bisher im SDAX notierte Nutzfahrzeughersteller Traton dann im deutschen Index der 50 mittelgroßen Aktien zu finden sein.
Für diese drei Unternehmen mussten zum einen der Wechselrichterhersteller SMA Solar und der Autovermieter Sixt den MDAX verlassen und sind nun im SDAX. Zum anderen wird Morphosys wegen der Übernahme durch den Schweizer Pharmakonzern Novartis nicht nur aus dem MDax genommen, sondern scheidet ganz aus der DAX-Familie aus.
Der Motorenhersteller Deutz kann sich den Einstieg in neue Marktsegmente wie den Rüstungsbereich und dezentrale Stromversorgung vorstellen. Das im SDAX notierte Unternehmen erwägt die Lieferung von Motoren für radgetriebene Panzer, Mannschaftstransporter und Versorgungsfahrzeuge, schrieb die Welt am Sonntag nach einem Gespräch mit Vorstandschef Sebastian Schulte. Auch Batteriespeicher für die stationäre Versorgung von Lazaretten sind demnach denkbar. "Das ist sicherlich ein attraktives Feld, das bringt die Zeitenwende mit sich", sagte der Deutz-Chef.
Gut acht Monate nach dem Börsengang von Birkenstock wirft der Großaktionär des Gesundheitssandalen-Herstellers ein erstes Aktienpaket auf den Markt. Die Investmentbanken Goldman Sachs und JPMorgan sollen 14 Millionen Birkenstock-Aktien bei institutionellen Investoren unterbringen, wie das Unternehmen am Abend mitteilte. Die Platzierung hat zum Schlusskurs an der New Yorker Börse ein Volumen von 837 Millionen Dollar.
Die Birkenstock-Aktien, die im Oktober 2023 zu 46 Dollar ausgegeben worden waren, taten sich lange schwer. Am Montag schlossen sie mit 59,78 Dollar aber deutlich über dem damaligen Ausgabepreis. 9,88 Millionen Aktien kommen direkt vom Finanzinvestor L Catterton, der seine Beteiligung damit auf 73,2 von 81 Prozent reduziert. Der Rest kommt von Managern und anderen Mitarbeitern von Birkenstock, die mit dem Erlös nach Unternehmensangaben vor allem die Steuern auf die ihnen gewährten Belegschaftsaktien zahlen wollen.