Der Schriftzug "New York Stock Exchange" in goldenen Buchstaben unter einem klassizistschen Giebel.
marktbericht

Berichtssaison startet erfolgreich Rekordjagd an der Wall Street

Stand: 11.10.2024 22:16 Uhr

Rechtfertigen die Unternehmensgewinne die stark gestiegenen Aktienkurse? Die ersten Bilanzen zum dritten Quartal waren jedenfalls ermutigend. Das trieb den Dow Jones auf bislang nicht gekannte Höhen.

Das Zinsthema ist an den Börsen vorerst in den Hintergrund getreten und macht der nun anlaufenden Berichtssaison zum abgelaufenen Quartal Platz. Und der Start in die Saison ist geglückt: Die ersten US-Großbanken, die traditionell als erste ihre Bücher öffnen, konnten mit ihren Gewinnen positiv überraschen. Sowohl JPMorgan als auch Wells Fargo verwiesen dabei auf ein gutes Geschäft im Investmentbanking.

Das beflügelte umgehend die New Yorker Aktienmärkte. Der marktbreite S&P 500 und der Dow Jones erklommen neue Höchststände. Der Dow Jones ging 0,97 Prozent höher bei 42.863 Punkten aus dem Handel, nachdem er mit 42.897 Punkten einen neuen historischen Rekord erreicht hatte.

Die Technologieaktien wurden von Verlusten bei Tesla gebremst. Der Nasdaq 100 gewann am Ende 0,15 Prozent auf 20.271 Punkte.

Dabei überwog die Freude über die starken Bankbilanzen die eher trüben Preisdaten, die ebenso wie die enttäuschenden US-Inflationsdaten am Donnerstag Zweifel an der nächsten Zinssenkung der US-Notenbank nährten. So stiegen die Erzeugerpreise im September mit 1,8 Prozent etwas stärker als erwartet. Auf der anderen Seite sank das Verbrauchervertrauen der Universität Michigan überraschend von 70,1 Punkten im September auf aktuell 68,9 Punkte.

Der Präsident der regionalen Notenbank von Atlanta, Raphael Bostic, zeigte sich derweil offen für eine Zinspause im November. Er habe kein Problem damit, eine Zinssitzung ohne eine Senkung durchzuführen, sagte er dem Wall Street Journal.

Der ermutigende Start der Berichtssaison half am Nachmittag auch dem deutschen Aktienmarkt nach oben. Der DAX gewann 0,85 Prozent auf 19.373 Punkte. Auf Wochensicht konnte der deutsche Leitindex damit 1,3 Prozent zulegen und nähert sich wieder seinem Rekordstand von 19.492 Punkten von Ende September.

Die Berichtssaison dürfte den Anlegern nun eine willkommene Abwechslung zum bislang dominierenden Thema Geldpolitik bieten, meinte Jochen Stanzl, Chefanalyst beim Broker CMC Markets. Wie immer ist die Frage entscheidend, wie viel von den erwarteten Gewinnen bereits in den Kursen enthalten ist. "Zwar haben sich die Erwartungen an das Gewinnwachstum im dritten Quartal mit gut vier Prozent seit dem Sommer halbiert", sagte Stanzl. Doch das mache es den Unternehmen leichter, für positive Überraschungen zu sorgen.

Die europäische Gemeinschaftswährung hat die Talfahrt der vergangenen Handelstage vorerst gestoppt. Am späten Abend wurde der Euro bei 1,0933 Dollar und damit kaum verändert gehandelt. Gestern war der Euro zeitweise bis auf 1,09 Dollar gefallen und damit auf den tiefsten Stand seit August.

Gold konnte weiter Boden gut machen und legte bis zum Abend 0,9 Prozent auf 2.657 Dollar zu. Damit liegt das gelbe Edelmetall bereits mehr als 50 Dollar über seinem Wochentief.

Die Ölpreise zeigten sich am Abend nach zwischenzeitlichen Verlusten kaum verändert. Die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee kostete 78,99 Dollar je Barrel (159 Liter) und damit 0,1 Prozent weniger. Nach dem Raketenangriff des Iran auf Israel haben die USA neue Sanktionen gegen den Öl- und Petrochemie-Sektor des Landes verhängt. Zeitweise hatten die Notierungen wegen des Anstiegs des Kraftstoffverbrauchs in den USA vor dem Hurrikan "Milton" und der Furcht vor Versorgungsrisiken im Nahen Osten einen Satz nach oben gemacht.

An der Nasdaq fiel die Tesla-Aktie mit starken Verlusten von über acht Prozent auf. Zuvor hatte Tesla-Chef Elon Musk das seit Langem angekündigte Robotaxi des Elektroauto-Herstellers vorgestellt. Das Fahrzeug mit dem Namen "Cybercab" hat zwei nach oben öffnende Flügeltüren und sieht aus wie ein Coupé auf Basis des Tesla-Bestsellers Model 3. Tesla wolle die Produktion der Fahrzeuge voraussichtlich 2026 beginnen, sagte Musk. Zugleich räumte er ein, dass er dazu neige, zu optimistisch bei Zeitplänen zu sein.

Auch Marktteilnehmer zweifelten an dem Zeitplan, aber auch an der Technik. Analyst Tony Sacconaghi von Bernstein Research kritisierte, bei dem Tesla-Event habe es zu wenig Details gegeben, die sich Investoren erhofft hätten. Stattdessen habe Musk lediglich eine Vision bekräftigt, über die er bereits seit fast einem Jahrzehnt spreche, so der Analyst im Wirtschaftssender CNBC. Unter dem Strich sei das Event schlicht nicht beeindruckend gewesen, sagte Sacconaghi. Er verwies auch darauf, dass die Google-Schwesterfirma Waymo bereits seit Jahren Robotaxis betreibe. Tesla liege um Jahre zurück.

Dank optimistischer Analystenkommentare war Siemens Energy heute einer der größten DAX-Gewinner. Seit Jahresbeginn habe der Auftragseingang die Erwartungen übertroffen, heißt es einem Kommentar von JP Morgan. Die Analysten stuften die Aktien daher hoch auf "neutral" von "Underweight" und schraubten das Kursziel nach oben. Auch die Experten von Goldman Sachs erhöhten ihr Kursziel.

Die Anhebung der Jahresprognose ließ Anleger bei Zalando zugreifen. Die Aktien des Online-Modehändlers sind so teuer wie seit 14 Monaten nicht mehr. Das sei ein beeindruckendes drittes Quartal gewesen, hieß es in einem Kommentar von Baader Helvea. Auch die Experten von JP Morgan konstatieren: "Insgesamt war das ein positives und ermutigendes Update von Zalando."

Die Bayer-Aktie gehörte zu den größten Kursverlierern im DAX. Das Papier näherte sich damit wieder den wenige Monate alten Tiefs seit 2005. Neue Nachrichten zu den laufenden Rechtsstreitigkeiten lassen den Anlegern keine Ruhe.

Bayer wurde gestern in Philadelphia von einer Jury zu einer Zahlung von 78 Millionen Dollar verurteilt. Einmal mehr ging es um eine Krebserkrankung, die durch den Einsatz des Unkrautvernichtungsmittels Roundup verursacht worden sein soll.

Wie bereits die irische Billigfluggesellschaft Ryanair reduziert auch die Lufthansa-Tochter Eurowings ihr Flugangebot für das kommende Jahr. Das Unternehmen verwies am Freitag auf "stark gestiegene Standortkosten" am Flughafen Hamburg. Deshalb werde die Airline "in einem ersten Schritt über 1.000 Flüge von und nach Hamburg aus dem Programm nehmen und an andere Standorte verlagern".

Der Autobauer Porsche hat in den ersten neun Monaten des Jahres unter anderem wegen des schwächelnden China-Geschäfts weniger Sport- und Geländewagen verkauft. Weltweit lieferte die VW-Tochter (nicht zu verwechseln mit der VW-Mutter Porsche SE) von Januar bis September rund sieben Prozent weniger Fahrzeuge aus als im Vorjahreszeitraum. Auch die Erneuerung mehrerer Modelle trug einen Teil zu den gesunkenen Verkaufszahlen bei.

Für den Immobilienkonzern LEG laufen die Geschäfte wieder besser. "Für uns als Wohnungsbestandshalter ist die Krise vorbei", sagte Unternehmenschef Lars von Lackum der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. "Wir sehen wieder mehr Käufer und mehr Geld im Markt." 2023 sei bezüglich der Abwertungen von Immobilien das schlimmste Jahr für das Unternehmen gewesen.

Der angeschlagene Batteriehersteller Varta hat wegen einer Schwäche im Geschäft mit Energiespeichern seine Umsatzprognose gesenkt. Das Unternehmen sagt nun Erlöse von 750 bis 800 Millionen Euro voraus, das sind 70 Millionen Euro weniger als bislang angenommen. Erst vor wenigen Tagen hatte sich der Batteriehersteller mit Gläubigern und den künftigen Aktionären auf einen Rettungsplan geeinigt. Varta hatte sich mit Fehlinvestitionen übernommen und war in eine existenzbedrohende Krise gerutscht. Nach dem Sanierungsplan verzichten die Gläubiger nun auf mehr als die Hälfte der Kredite und Schuldscheindarlehen.

Die Varta-Aktie hatte ihren Wert zuvor in nur vier Handelstagen fast verfünffacht. Neben dem Sanierungskonzept hatte die Nachricht die Aktie beflügelt, dass sich die Porsche AG mehrheitlich an der Varta-Tochter V4Drive Battery GmbH beteiligt.

Im SDAX rutschte die Aktie der Jost Werke um mehr als fünf Prozent ab. Der Nutzfahrzeugzulieferer hat nach einem schwachen Quartal die Prognose für das laufende Jahr gesenkt. Beim Umsatz rechnet das Unternehmen jetzt mit einem Rückgang um rund 15 Prozent - mit einer Schwankungsbreite von 2,5 Prozentpunkten nach oben und unten. Bisher hatte Jost ein Umsatzminus im einstelligen Prozentbereich erwartet.

Der Sandalenhersteller Birkenstock kann zum Jahrestag seines verpatzten Börsendebüts in den USA eine positive Kursbilanz vorweisen. Die Aktie ging gestern bei knapp 50 Dollar aus dem Handel. Damit lag sie über dem Ausgabekurs von 46 Dollar - und vor allem deutlich über den zwischenzeitlichen Tiefständen von rund 36 Dollar.

Das US-amerikanische Haas-Formel-1-Team und Toyota haben heute eine mehrjährige technische Partnerschaft bekanntgegeben. Damit kehrt Japans größter Automobilhersteller zum ersten Mal seit 2009 in den Grand-Prix-Sport zurück. Die Partnerschaft mit Toyota Gazoo Racing, der Motorsportabteilung des Automobilherstellers, beginnt ab sofort mit dem Branding der VF-24-Fahrzeuge.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 11. Oktober 2024 um 09:00 Uhr.