DAX nahe Jahrestief Wall Street verunsichert
Geteilte Börsenwelt: Während der deutsche Aktienmarkt unter schwachen Konjunkturdaten litt, machten der Wall Street dagegen eher robuste Daten zu schaffen.
Ob starke Konjunkturdaten die Börsenkurse befeuern oder belasten, hängt stark vom Kontext ab. Zur Wochenmitte setzte sich an der Wall Street erst im Verlauf eine negative Lesart durch: Die aktuellen Daten machten es noch unwahrscheinlicher, dass die amerikanische Notenbank Federal Reserve (Fed) bald die Zinsen lockere, so die Argumentation.
Der Dow Jones, der kurzzeitig sogar knapp im Plus gelegen hatte, tauchte daraufhin wieder ab. Zum Handelsende notierte der US-Leitindex 0,25 Prozent tiefer.
Die wegen der tendenziell höheren Verschuldung zinssensitiveren Technologiewerte standen stärker unter Druck. Der Nasdaq 100 büßte 0,56 Prozent ein.
Die aktuellen Konjunkturdaten deuten auf eine robuste Verfassung der US-Wirtschaft hin. So legte die Industrieproduktion im Dezember leicht um 0,1 Prozent zum Vormonat zu. Auch die Einzelhändler schnitten vor der Jahreswende besser ab als erwartet. Ihre Erlöse legten im Dezember um 0,6 Prozent zum Vormonat zu. Zugleich verbilligten sich die US-Importe im Dezember überraschend nicht weiter, sondern stagnierten gegenüber dem November.
Auch die Stimmung am US-Häusermarkt hellte sich zu Beginn des Jahres weiter auf. Der NAHB-Hausmarktindex stieg im Januar um überraschend deutliche sieben Punkte auf 44 Zähler.
Der am Abend vorgelegte Konjunkturbericht der Fed wies ebenfalls auf eine stabile ökonomische Lage in den USA hin. Die wirtschaftliche Aktivität habe sich insgesamt wenig verändert, hieß es im so genannten "Beige Book". Auch das Beschäftigungsniveau habe sich wenig verändert. Die Preise seien etwas gestiegen.
Dem deutschen Aktienmarkt machten dagegen vor allem enttäuschende Konjunkturdaten aus China und Deutschland zu schaffen. Der DAX rutschte zwischenzeitlich auf ein Jahrestief von 16.352 Punkten, konnte sein Tagesminus aber schließlich auf 0,84 Prozent eingrenzen.
Auf die Stimmung drückte insbesondere die chinesische Konjunktur. "Auch im neuen Jahr plagen die chinesische Wirtschaft Deflation und eine scheinbar nicht mehr enden wollende Schwäche des Immobiliensektors", sagte Jochen Stanzl, Marktanalyst von CMC Markets. Die chinesische Wirtschaft verfehlte im vierten Quartal trotz eines Wachstums von 5,2 Prozent knapp die Erwartungen der Analysten.
Der Immobilienmarkt bleibt weiter unter Druck und die Konsumlaune der Menschen angeschlagen. Die chinesischen Börsen reagierten verschnupft: Der CSI 300 mit den wichtigsten Werten der Handelsplätze in Shanghai und Shenzhen verlor über zwei Prozent.
Auch in Deutschland halten die Konjunktursorgen an: Das Auftragspolster der deutschen Industrie ist im November den fünften Monat in Folge dünner geworden. Der Auftragsbestand sank um 0,7 Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Dabei nahmen die offenen Aufträge sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland ab. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es sogar einen Rückgang von 5,7 Prozent.
Gestern Abend hatte eine Rede des US-Notenbank-Direktors Christopher Waller beim Weltwirtschaftsforum in Davos die Stimmung noch weiter getrübt. Seine Äußerungen, dass Zinssenkungen methodisch und vorsichtig erfolgen würden, signalisierten, dass die Federal Reserve nicht in Eile sei, erklärte Analyst Michael Hewson vom Broker CMC Markets UK.
Am Abend holten die Ölnotierungen ihre zwischenzeitlichen Verluste wieder auf. Dabei dürften die robusten US-Konjunkturdaten gesorgt haben, nachdem die enttäuschenden Daten aus China zunächst auf dem Markt gelastet hatten. Die Nordseesorte Brent kostete am späten Abend 77,97 Dollar pro Barrel, ein Plus von 0,2 Prozent.
Der Euro stand weiter unter Druck und fiel mit 1,0845 Dollar zwischenzeitlich auf den tiefsten Stand seit einem Monat. Am späten Abend wurde der Euro zu 1,0871 Dollar gehandelt. Die Gemeinschaftswährung leidet seit einigen Tagen unter dem stärkeren Dollar. Die US-Währung profitiert von den Zweifeln an raschen Zinssenkungen der Fed.
Die Inflation in der Eurozone hat sich Ende des vergangenen Jahres wieder beschleunigt. Die Verbraucherpreise lagen im Dezember 2,9 Prozent höher als ein Jahr zuvor, wie das Statistikamt Eurostat mitteilte. Eine vorläufige Schätzung wurde damit bestätigt.
Zugleich schwächten Äußerungen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde den Euro. Sie halte es für "wahrscheinlich", dass der EZB-Rat im Sommer oder sogar bereits zuvor mehrheitlich für erste Zinssenkungen stimme, sagte die Französin am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos. Dennoch hänge dies von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung ab, schränkte sie ein.
Die Talfahrt der Zalando-Aktie ging heute mit einem Rekordtief weiter. Erstmals seit dem Börsengang im Jahr 2014 fiel der DAX-Titel unter die 17-Euro-Marke. Analyst Geoffroy de Mendez von der Bank of America strich seine Kaufempfehlung für die Titel des Online-Modehändlers nach etwa einem Jahr. 2024 ist Zalando mit einem Abschlag von bislang 23,5 Prozent der schwächste Wert im Leitindex.
Angesichts der drohenden Schließung der deutschen Modulproduktion nahmen die Anleger bei Meyer Burger Reißaus. Die Aktien des Schweizer Solarausrüsters brachen in Zürich zweistellig ein. Den Schweizern machen eigenen Angaben zufolge der starke Anstieg chinesischer Produktionsüberkapazitäten sowie die von Indien und den USA verhängten Handelsbeschränkungen zu schaffen.
Auch die Aktien des Wechselrichterherstellers SMA Solar fielen in dem trüben Branchenumfeld auf den tiefsten Stand seit Oktober 2022. Mit einem Minus von über sieben Prozent notierte das Papier am Ende des MDAX.
Angesichts der Ankündigung von Meyer Burger forderte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) von Bund und EU ein Rettungspaket für die Solarindustrie. Ähnlich äußerte sich Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Die Branche klagt schon länger über Preisdumping durch Solarmodule aus China.
Die Aktien von Luxuswaren- und Modeunternehmen gerieten nach den durchwachsenen Konjunkturdaten aus China unter Druck. Unklare Perspektiven für den wichtigen chinesischen Markt lasten schon seit einiger Zeit auf den Titeln. Unter Druck standen unter anderen LVMH, Kering, Richemont und Swatch. Am deutschen Markt büßten die Aktien des Modeanbieters Hugo Boss sowie die Papiere der Sportartikelhersteller Adidas und Puma ebenfalls an Wert ein.
Die Containerreedereien Hapag-Lloyd und Maersk haben eine Kooperation vereinbart, die im Februar 2025 starten soll. Sie werde einen Flottenpool von rund 290 Schiffen mit einer Kapazität von zusammen 3,4 Millionen Standardcontainern (TEU) umfassen, wie beide Unternehmen mitteilten. Die dänische Reederei Maersk, die zweitgrößte Containerreederei, werde 60 Prozent der Kapazität beisteuern, die Nummer 5 Hapag-Lloyd den Rest. Die beiden Reedereien werden ihre bisherigen internationalen Bündnisse verlassen.
Wegen der Angriffe der Huthis auf Handelsschiffe im Roten Meer warnt Maersk indes vor monatelangen Behinderungen des Schiffsverkehrs. Die nötigen Umwege würden zu einer Unterbrechung der Lieferketten führen, die einige Monate andauern könnte, sagte Maersk-Chef Vincent Clerc auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. "Hoffentlich kürzer, aber es könnte auch länger dauern, weil es so unvorhersehbar ist, wie sich diese Situation tatsächlich entwickelt."
Der Umbau von Bayer unter dem neuen Konzernchef Bill Anderson wird wie erwartet viele Mitarbeiter ihre Stellen kosten. Im Zuge der geplanten Verschlankung der Verwaltung und der angestrebten Beschleunigung von Entscheidungsprozessen dürfte es zu einem erheblichen Personalabbau in Deutschland kommen, teilte der DAX-Konzern am Abend mit. Dabei sind ab Ende 2026 auch betriebsbedingte Kündigungen möglich. Mit Abfindungen und Unterstützungsmaßnahmen will Bayer aber schneller zum Ziel kommen. "Der Stellenabbau soll in den kommenden Monaten zügig umgesetzt werden und spätestens Ende 2025 abgeschlossen sein", hieß es weiter. Bayer beschäftigt in Deutschland derzeit rund 22.200 Mitarbeiter. Wie viele genau betroffen sein werden, ist unklar.
Mit Skepsis nahm der Markt einen Bericht des "Manager Magazins" (MM) auf, dass RWE eine Übernahme des dänischen Windkraftspezialisten Orsted durchgespielt habe. Die Gespräche seien gescheitert, hieß es weiter. Die dänische Regierung, mit 50,1 Prozent Mehrheitseigner von Orsted, habe anders als der RWE-Chef die Gelegenheit aktuell nicht für besonders günstig gehalten. Der Windparkspezialist Orsted hatte zuletzt geschäftlich unter Druck gestanden.
Der weltgrößte Rückversicherer Münchener Rück rechnet trotz Krisen und Kriegen auch in nächster Zeit mit guten Geschäften. Die Aussichten für die Jahre 2024 und 2025 seien "insgesamt ziemlich hell", sagte Vorstandschef Joachim Wenning. Schon gegen Ende des Herbstes hatte er sein Gewinnziel für 2023 von vier auf 4,5 Milliarden Euro nach oben gesetzt, und für 2024 peilt er eine Steigerung auf etwa fünf Milliarden Euro an. Das Jahr 2023 sei sehr gut gewesen, sagte Wenning mit Blick auf die im Februar anstehende Bilanzvorlage.
Der Essenslieferdienst Just Eat Takeaway rechnet trotz eines anhaltend schwachen Nordamerika-Geschäfts für das vergangene Jahr mit einem besseren Betriebsergebnis als zuletzt gedacht. Die Lieferando-Mutter stellt nun für 2023 ein bereinigtes Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen in Höhe von 320 Millionen Euro in Aussicht, wie das Unternehmen mitteilte. Das sind noch einmal zehn Millionen Euro mehr als zur vorangegangenen Erhöhung der Prognose im Oktober anvisiert.
Der Autobauer Renault hat im vergangenen Jahr gegenüber dem schwachen Vorjahr wieder deutlich mehr Autos verkauft. Die Franzosen wurden weltweit 2,24 Millionen Fahrzeuge los und damit neun Prozent mehr als im Vorjahr. 2022 hatten Lieferschwierigkeiten bei Einzelteilen wie Elektronikchips die Verkäufe stark belastet. Bei Pkw kam der Konzern mit all seinen Marken (unter anderem Renault, Dacia, Alpine) weltweit auf ein Plus von knapp sieben Prozent auf 1,84 Millionen Autos.
Der in der Energiekrise 2022 verstaatlichte Versorger Uniper erwartet in diesem Jahr eine Entscheidung im Schiedsgerichtsverfahren gegen den russischen Gaskonzern Gazprom. "Wir erwarten eine Entscheidung im Sommer", sagte Uniper-Chef Michael Lewis vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung Düsseldorf (WPV). Es gehe um "viele Milliarden Euro", antwortete er auf die Frage, wie Uniper für die ausgeblieben Gaslieferungen der Russen entschädigt werden wolle.
Nokia will insgesamt 360 Millionen Euro an den Standorten Ulm und Nürnberg vor allem in Chip-Design investieren. Die Großinvestition findet über einen Zeitraum von vier Jahren im Rahmen des europäischen IPCEI-Programms (Important Projects of Common European Interest) statt, das vom Bund sowie Baden-Württemberg und Bayern gefördert wird. Bei dem Projekt sollen vor allem Chips für Funk- und Optikprodukte entwickelt werden, die in künftigen Mobilfunksystemen (5G-Advanced und 6G) zum Einsatz kommen sollen.
Der britische Ölkonzern BP hat einen neuen Chef. Der Verwaltungsrat habe Interimschef Murray Auchincloss mit sofortiger Wirkung zum dauerhaften BP-Chef ernannt, teilten die Briten mit. Auchincloss leitet den Ölkonzern seit September interimistisch. Im September war der frühere BP-Chef Bernard Looney wegen früherer Beziehungen zu Kollegen mit sofortiger Wirkung zurückgetreten.
GlobalWafers will sein Siltronic-Aktienpaket nach der geplatzten Übernahme des Konkurrenten über eine Umtauschanleihe abbauen. Der taiwanische Chip-Zulieferer unterlegt eine 345 Millionen Euro schwere, bis 2029 laufende Anleihe mit 3,1 Millionen Siltronic-Aktien, wie die Nummer drei unter den Herstellern von Siliziumscheiben (Wafern) mitteilte. Das sind gut zehn Prozent an Siltronic. Mit der Konstruktion sieht GlobalWafers die Chance, die Papiere des Münchner Konzerns zu einem höheren Kurs zu Geld zu machen als sie zurzeit gehandelt werden.
Der österreichische Ölfeldausrüster Schoeller-Bleckmann (SBO) hat trotz eines schwächeren US-Marktes im abgelaufenen Geschäftsjahr Rekorderlöse erzielt und seinen Gewinn gesteigert. Der Umsatz kletterte um 17 Prozent auf 585 Millionen Euro und der Vorsteuergewinn von 93,3 auf 95 Millionen Euro, teilte das Unternehmen mit.