Lagarde beim Weltwirtschaftsforum Die Notenbanker warten weiter ab
Auch Inflation und Zinspolitik spielen beim Weltwirtschaftsforum eine wichtige Rolle. EZB-Präsidentin Lagarde hat sich dazu geäußert, in welche Richtung die Zinsen gehen könnten.
Es geht ein Gespenst um in Davos. Inmitten der vielen politischen Fragen auf dem Weltwirtschaftsforum droht es fast etwas zu verblassen. Doch dann taucht es plötzlich wieder auf in den Gesprächsrunden: die Inflation. Nach den Höchstständen der vergangenen Jahre ist sie inzwischen deutlich gefallen. Bei über zehn Prozent lag die Inflationsrate in der Eurozone noch im Oktober 2022.
Zuletzt waren es 2,9 Prozent: wieder ein kleiner Anstieg - und auch über dem Ziel der Europäischen Zentralbank von zwei Prozent. EZB-Präsidentin Christine Lagarde ist deshalb in Davos als Gesprächspartnerin gefragt. "Vor einem Jahr hätte ich gesagt, dass wir entschlossen sind - jetzt sage ich, dass wir überzeugt sind, dass wird die Inflation mittelfristig auf zwei Prozent drücken", gibt sie sich zuversichtlich.
Lagarde tritt auf die Euphoriebremse
An den Finanzmärkten lautet die Frage deshalb schon längst: Wann senken die Notenbanken die Leitzinsen wieder? Zuletzt hatten die EZB und die amerikanische Fed ihre Zinsen stabil gehalten - in der Eurozone bei 4,5 Prozent. Dabei kann es vielen an den Märkten gar nicht schnell genug gehen. Lagarde bleibt sich allerdings auch beim Weltwirtschaftsforum treu und will das gar nicht groß kommentieren.
"Ich weiß, dass einige Leute sagen, dass wir übers Ziel hinausschießen. Ich glaube aber, das größte Risiko wäre, wenn wir die Zinsen zu schnell senken würden", warnt sie. "Denn dann hätten wir all die Mühe der vergangenen 15 Monate verschwendet."
Bei Bloomberg TV ließ sie indes durchblicken, dass es durchaus Zinssenkungspläne der EZB gibt. Sie halte es für "wahrscheinlich", dass der EZB-Rat im Sommer oder sogar bereits zuvor mehrheitlich für erste negative Zinsschritte stimme, sagte die Französin.
Dennoch hänge dies von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung ab, schränkte sie ein. "Ich muss zurückhaltend bleiben, weil wir auch sagen, dass wir von den Daten abhängen und dass es noch ein Maß an Unsicherheit gibt", sagte Lagarde. Einige wirtschaftliche Kennzahlen seien bislang "noch nicht auf dem Niveau, auf dem wir sie gerne sehen würden".
Nur Daten, Fakten und Statistiken zählen
Für die Notenbanker weltweit dreht sich nun einmal alles um Daten, Statistiken, Fakten. Daraus leiten sie ihre Geldpolitik ab. Und daran hält sich auch Bundesbank-Präsident Joachim Nagel. "Ich will nicht spekulieren - wir sollten auf neue Daten warten", dämpft Deutschlands oberster Notenbanker die Erwartungen. "Und wir leben in einer sehr unsicheren Welt. Wir sollten nicht vergessen, dass viele Herausforderungen auf uns zukommen, die auch die Geldpolitik beeinflussen werden."
EZB-Präsidentin Lagarde hat nach eigener Aussage vier Punkte besonders im Blick: Wie sich die Löhne entwickeln, die Gewinnspanne der Unternehmen, die Energiepreise und mögliche Lieferengpässe.
Kunden könnten weiter von Zinsniveau profitieren
Was die Notenbanker auf dieser Basis entscheiden, das beobachtet man auch bei der Allianz als Versicherer und Vermögensverwalter genau. Im Gespräch mit der ARD äußert sich Vorstandsmitglied Andreas Wimmer zu möglichen Zinssenkungen. "Wir sind eher bei denjenigen dabei, die sagen, dass dies nicht zu schnell und nicht zu massiv gehen wird. Wir erwarten für 2024 jetzt erstmal zwei Zinssenkungen."
Nach Ansicht der Allianz-Experten könnte der Leitzins dieses Jahr um einen halben Prozentpunkt sinken, nächstes Jahr noch einmal um weitere 0,75 Prozentpunkte. Für Sparer würde das bedeuten, sie könnten noch länger von vergleichsweise hohen Zinsen profitieren.
Immer wieder das Zwei-Prozent-Ziel
Anbieter wie die Allianz reagieren laut Wimmer darauf, indem sie bei ihren Produkten so flexibel wie möglich sind - je nachdem, wie viel Risiko ein Kunde eingehen will, sowohl bei der privaten Rente, als auch bei der betrieblichen Altersvorsorge.
Und flexibel sein dürfte sich auch deshalb lohnen, weil niemand hundertprozentig vorhersagen kann, was das Inflationsgespenst noch so alles treibt. Sicher ist bei all dem nur das Zwei-Prozent-Ziel der Notenbanker. Mit einem Augenzwinkern hat EZB-Chefin Lagarde dazu in Davos angemerkt: Wer das an den Finanzmärkten immer noch nicht verstanden habe, der solle sich besser mal den Kopf untersuchen lassen.
Mit Informationen von Tobias Brunner, zzt. in Davos