Massive Zinsängste Ausverkauf an der Wall Street
Wie schon zuvor in Europa haben auch in New York die Anleger Aktien in großem Stil verkauft. Denn zinsseitig droht massiver Gegenwind, wie Notenbankchef Powell heute klar machte.
Die Aussicht auf eine länger anhaltende Periode steigender Zinsen in den USA hat die Aktien- und Anleihemärkte zum Wochenschluss auf Talfahrt geschickt. Zudem bereiten weiterhin die explodierenden Energiepreise mit einem Gaspreis auf Rekordhoch den Investoren Bauchschmerzen.
Der Dow-Jones-Index der Standardwerte verlor am Ende 3,03 Prozent oder knapp über 1000 Punkte auf 32.283 Zähler. Der breiter gefasste S&P 500 fiel um 3,37 Prozent auf 4057 Punkte und der Index der Technologiebörse Nasdaq sackte 3,94 Prozent auf 12.141 Zähler ab. Der Auswahlindex Nasdaq 100 gab sogar 4,1 Prozent nach.
US-Notenbankchef Jerome Powell stimmte die Anleger auf einen harten Kampf gegen die Inflation ein und erteilte Spekulationen auf ein gedrosseltes Tempo bei der Zinswende eine Absage. Die Wiederherstellung der Preisstabilität werde für "einige Zeit" eine restriktive Geldpolitik nötig machen, sagte der Fed-Chef auf dem Zentralbank-Symposium von Jackson Hole im US-Bundesstaat Wyoming.
Dazu müssten die Werkzeuge "kraftvoll" genutzt werden. Investoren rechnen nun vermehrt mit einer Anhebung der Zinsen um 75 Basispunkte im September. "Die Aussagen waren falkenhaft, Powell drückt das Pedal voll durch, wenn es um die Bekämpfung der Inflation geht", sagte Marktstrategin Lindsey Bell vom Vermögensverwalter Ally. Die Hoffnungen vieler Anleger auf Zinssenkungen im kommenden Jahr seien damit zunichte gemacht worden.
Unter den US-Einzelwerten stiegen die Aktien von Electronic Arts (EA) zunächst um rund 14 Prozent, nachdem US-Medien berichtet hatten, dass der Handels- und Medienkonzern Amazon ein milliardenschweres Kaufgebot für den Online-Spieleentwickler abgegeben habe.
Kurz danach berichtete der Wirtschafts-TV-Kanal "CNBC", dass Amazon wohl doch kein Interesse an EA habe, worauf die EA-Papiere wieder absackten. Die Amazon-Titel reagierten auf die Gerüchte zunächst kaum, fielen dann aber mit dem schwachen Gesamtmarkt zurück.
Mit massiven Zinssorgen im Gepäck gingen die heimischen Anleger ins Wochenende. Nach den Ausführungen des US-Notenbankchefs Jerome Powell kamen zudem noch Gerüchte auf, dass auch die EZB über einen großen Zinsschritt von 75 Basispunkten im September nachdenke. Bisher waren die Märkte bei der EZB von einem Zinsschritt von 50 Basispunkten ausgegangen.
Der DAX schloss am Ende bei 12.971 Punkten um 2,26 Prozent deutlich schwächer. Er hat damit seinen Seitwärtstrend der letzten Tage verlassen und ist nach unten ausgebrochen unter die Marke von 13.000 Punkten. Im Tageshoch war der Index noch bis auf 13.375 Punkte gestiegen, ehe es im Handelsverlauf schon zu bröckeln begann.
"Die Fed sorgt sich weiterhin mehr über eine Verfestigung der außergewöhnlich hohen Inflation als vor einer Rezession", kommentierte Bastian Hepperle von Hauck Aufhäuser Lampe. "Über das Tempo und Ausmaß künftiger Zinsschritte legt sich die Fed nicht fest, diese sind von den Konjunkturdaten abhängig. Alles in allem also nichts Neues. Die Fed erhält sich den größtmöglichen Spielraum", so der Experte weiter.
Wie schon tags zuvor hat der Euro heute seine zwischenzeitlichen Gewinne wieder eingebüßt. Zu Beginn der Rede von US-Notenbankchef Jerome Powell auf der Notenbanker-Konferenz in Jackson Hole kletterte die Gemeinschaftswährung bis auf 1,0090 US-Dollar. Von hier ging es aber schnell wieder steil bergab.
Auch insgesamt eher schwächer als erwartet ausgefallene US-Konjunkturdaten halfen dem Euro nicht, der in New York zuletzt noch 0,9964 Dollar kostete. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs auf 1,0007 (Donnerstag: 0,9970) Dollar festgesetzt. Zu Wochenbeginn war er mit 0,9899 Dollar auf den niedrigsten Wert seit 20 Jahren gefallen.
Die Ölpreise tendierten trotz wechselhaftem Handel und anfänglicher Gewinne letztlich wenig verändert. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete 100,15 Dollar, ein plus von 0,1 Prozent. Auf Wochensicht hat die Aussicht auf eine mögliche Drosselung der Fördermenge durch den Ölverbund OPEC+ die Notierungen am Ölmarkt aber insgesamt stark nach oben getrieben.
Unter den Einzelwerten im DAX rückten die Autowerte in den Fokus. Die geplanten Änderungen beim sogenannten Umweltbonus für Elektrofahrzeuge dürften sich auf deutsche Premium-Hersteller besonders negativ auswirken.
Entsprechend einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des CSU-Bundestagsabgeordneten Ulrich Lange sind nur noch sehr wenige der angebotenen Batteriefahrzeuge von BMW, Mercedes-Benz und Audi ab 2024 förderfähig, wie die "Augsburger Allgemeine" berichtet. Am Ende des Tages gaben aber nicht nur die Autoaktien in einem schwachen Gesamtmarkt deutlich nach.
Der Formel-1-Einstieg der VW-Premiummarke Audi zur Saison 2026 ist perfekt, allerdings zunächst nur als Motorenhersteller. "Ich bin sehr erfreut, hier zu sein für diesen wirklich sehr speziellen Moment", sagte Audi-Chef Markus Duesmann während einer Pressekonferenz vor dem Grand Prix im belgischen Spa-Francorchamps: "Wir werden 2026 in der Formel 1 fahren."
Der neue Fresenius-Chef will einem Medienbericht zufolge voraussichtlich den Teilverkauf der Klinikkette Helios aussetzen. Man erwarte, "dass das geblockt wird", zitierte die "WirtschaftsWoche" heute aus Verhandlungskreisen. Der neue Fresenius-Chef Michael Sen, der am 1. Oktober Amtsinhaber Stephan Sturm nachfolgt, wolle sich zunächst ein eigenes Bild machen, berichtete das Magazin unter Berufung auf das Umfeld von Fresenius.
Der Flugzeugbauer Airbus sucht für den geplanten Hochlauf der Fertigung allein bis Mitte 2023 mehr als 1000 neue Mitarbeiter. Nachdem die Produktion während der Corona-Pandemie drastisch heruntergefahren wurde, soll sie nun sukzessive wieder steigen - bis auf den Rekordwert von 75 Maschinen der A320-Familie im Jahr 2025.
Im Tarifkonflikt mit der Lufthansa wollen die Piloten vorerst nun doch nicht streiken und stattdessen noch einmal verhandeln. Am Dienstag werde man den Gesprächsfaden mit der Lufthansa wieder aufnehmen, sagte ein Sprecher der Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. "Bis dahin wird es keine Streiks geben."
Die Lufthansa bestätigte, dass man sich auf einen weiteren Verhandlungstermin geeinigt habe. Die Gewerkschaft hatte am Donnerstag eine Offerte der Lufthansa als unzureichend abgelehnt und erklärt, es könnte ab sofort Arbeitskämpfe geben.
Die Schiffscontainer-Hersteller Maersk und China International Marine Containers Group haben Pläne für die Fusion ihres Kühlcontainer-Geschäfts wegen Bedenken der Kartellwächter in Deutschland und den USA zu den Akten gelegt. Maersk erklärte, der Konzern bedauere das Scheitern der Übernahme seiner Sparte durch den chinesischen Konzern mit einem Volumen von knapp einer Milliarde Dollar.
Das US-Biotechunternehmen Moderna verklagt den Mainzer Corona-Impfstoff-Hersteller BioNTech und dessen amerikanischen Partner Pfizer wegen Patentverletzung. BioNTech und Pfizer hätten bei der Entwicklung ihres Impfstoffs Technologien kopiert, die Moderna Jahre vor der Pandemie entwickelt habe, teilte der Konzern heute mit. Moderna habe Klage bei einem Bundesbezirksgericht in Massachusetts sowie beim Landgericht Düsseldorf eingereicht und fordere einen unbezifferten Schadenersatz.
Patentstreitigkeiten sind bei neuen Technologien in der Pharmabranche nicht ungewöhnlich. BioNTech hatte auch schon im Bereich mRNA gearbeitet, bevor es sich für den Corona-Impfstoff mit Pfizer zusammenschloss. Die Partner sind bereits mit mehreren Klagen anderer Unternehmen wie der Tübinger Biotechfirma CureVac konfrontiert, die ebenfalls an einem Corona-Impfstoff gearbeitet hat. Moderna wurde auch schon in den USA wegen Patentverletzung verklagt und befindet sich in einem laufenden Rechtsstreit mit den National Institutes of Health über die Rechte an der mRNA-Technologie.
Biontech und Pfizer haben derweil bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA ihren Zulassungsantrag für einen an die aktuellen Omikron-Varianten BA.4 und BA.5 angepassten Corona-Impfstoff vervollständigt. Wie das Mainzer Unternehmen und sein US-Partner am Freitag mitteilten, besteht der Impfstoffkandidat zur Hälfte aus dem bisherigen Vakzin Comirnaty und zur anderen Hälfte aus einem Botenmolekül (mRNA), das auf das Spike-Protein der Subtypen BA.4/5 zugeschnitten ist. Bis auf diese Ergänzung seien all anderen Bestandteile des Impfstoffs unverändert.
Der US-Computerkonzern Dell hat wegen des starken Dollars und erneuter Corona-Ausbrüche im wichtigen Abnehmerland China das geringste Umsatzwachstum seit sechs Quartalen vorgelegt. Der Umsatz stieg im Geschäftsquartal bis zum 29. Juli um neun Prozent zum Vorjahreszeitraum auf 26,4 Milliarden Dollar. Der Nettogewinn aus dem fortgeführten Geschäft fiel auf 506 Millionen Dollar nach 629 Millionen Dollar.
Teilerfolg für Elon Musk: Nach einer richterlichen Entscheidung muss er Zugang zu Twitter-Daten erhalten, die in einem Audit der aktiven Nutzer im Jahr 2021 erhoben wurden. Andere Forderungen Musks, mit denen er die Übernahme abwenden will, wurden jedoch als "absurd weit gefasst" zurückgewiesen.
Der US-Luftfahrtkonzern Boeing will im Februar einen ersten bemannten Testflug mit seiner Raumkapsel Starliner absolvieren. Wie Boeing und die US-Raumfahrtbehörde NASA gestern mitteilten, sollen die Astronauten Barry Wilmore und Sunita Williams mit der Kapsel zur Internationalen Raumstation ISS fliegen und acht Tage dort andocken.