Eine Volksbankfiliale mit einem Fußgänger
Hintergrund

Volksbanken und Sparkassen Was Nähe zum Bankkunden noch zählt

Stand: 16.02.2023 10:14 Uhr

Immer weniger Filialen, immer weniger Ansprechpartner vor Ort: Auch Kunden von Lokalbanken müssen für ein persönliches Gespräch zunehmend Wege in Kauf nehmen. Denn nicht alle Probleme lassen sich gut online lösen.

Dank des höheren Zinsniveaus hat die Frankfurter Volksbank im vergangenen Jahr ein besseres Geschäft gemacht. Mit 15 Milliarden Euro Bilanzsumme zählt das Institut zu den größten deutschen Volksbanken. Vergangenes Jahr übernahm sie eine kleinere, kerngesunde benachbarte Volksbank. Es war die 21. Übernahme seit 1990.

Das ist typisch für Lokalbanken in Ballungsgebieten. Dabei müssen sie darauf achten, ihre lokale Verbundenheit nicht zu verlieren. "Für eine Kontoeröffnung kommt man nicht mehr in die Bank", sagte die Frankfurter Volksbank-Chefin Eva Wunsch-Weber kürzlich bei einer Pressekonferenz, "aber für die großen Themen wollen die Kunden Menschen sehen. Viele Fragen können nicht rein online beantwortet werden, sondern brauchen am Ende ein persönliches Gespräch."

Aus Konkurrenten werden Partner

Es gibt in Deutschland im Wesentlichen zwei Arten lokaler Banken. Die Sparkassen sind Anstalten öffentlichen Rechts im Eigentum von Städten und Kreisen. Volksbanken und Raiffeisenbanken gehören einzelnen Mitgliedern. Die Mitglieder heißen historisch "Genossen", weshalb man von "Genossenschaftsbanken" spricht. 18 Millionen Menschen sind in Deutschland Mitglied einer Genossenschaftsbank.

Traditionell sehen sich Volksbanken und Sparkassen als Hauptkonkurrenten. Nur selten wird dieses alte Denken überwunden. Wer nahe von Frankfurt am Main und Wiesbaden durch den Taunus fährt, trifft auf dörfliche Bankfilialen, die von der Frankfurter Volksbank und der Taunussparkasse gemeinsam betrieben werden. Um Kosten zu sparen, werden seit drei Jahren an mittlerweile zwei Dutzend Orten gemeinsame Kleinfilialen betrieben.

Während Großbanken ihre Kosten auf Zehntausende Kundinnen und Kunden verteilen können, sieht das bei Lokalbanken anders aus: Sie müssen mit begrenzten Geschäftsmöglichkeiten wirtschaften. In den vergangenen Jahrzehnten haben Lokalbanken bereits ihre IT und Büroarbeiten im Hintergrund zusammengelegt. Auch wurden reihenweise Filialen geschlossen. Damit konnten die Kosten im Griff behalten werden. Bei der Frankfurter Volksbank verbesserte sich 2022 das Verhältnis von Kosten zu Erträgen auf den sehr guten Wert von 66,5 Prozent.

Kosten lassen sich kaum noch senken

Zu Zusammenschlüssen unter Lokalbanken kommt es häufig, wenn ein Institut lahmt. Unter Genossenschaftsbanken und Sparkassen ist es Sitte, dass das Nachbarinstitut die schwächelnden Kollegen - einschließlich der Vorstandsmitglieder - übernimmt und so tut, als sei die Übernahme völlig freiwillig erfolgt. Kosten werden mit solchen Übernahmen kaum gesenkt. "Ab einer gewissen Größe spart man nicht mehr viel", sagt Martin Faust von der Frankfurt School of Finance.

1990 gab es in Deutschland noch 3300 Genossenschaftsbanken und 770 Sparkassen. In einer Kleinstadt wie Bensheim an der Bergstraße konkurrierten seinerzeit neben Geschäftsbanken drei Volksbanken und zwei Sparkassen. Damit ist schon lange Schluss. Heute sind deutschlandweit 770 Genossenschaftsbankern und 360 Sparkassen übrig.

Immer größere Geschäftsgebiete

Der einstige Hauswissenschaftler des Genossenschaftswesens, Holger Bonus, schrieb vor dreißig Jahren noch, dass Ortsnähe, gar "menschliche Nähe" zu den Grundlagen des Geschäfts von Volks- und Raiffeisenbanken gehöre. Diese Vorstellungen lösen sich auf, je mehr Lokalbanken genötigt sind, den Dörfern den Rücken zu kehren und zu großen Einheiten zu verschmelzen. In Nord- und Ostdeutschland gibt es bereits Lokalbanken, die Geschäftsgebiete mit achtzig Kilometer Durchmesser betreuen.

Wo es keine Filialen und auch keine Geldautomaten mehr gibt, fahren in manchen Landstrichen Busse als mobile Filialen von Ort zu Ort. Experte Faust weist darauf hin, dass mangelnde Ortsnähe von Sparkassen und Volksbanken nicht unbedingt zu schrumpfendem Geschäft führen muss: "Die Alternativen sind begrenzt". Die Großbanken haben ihre ländlichen Filialen längst dichtgemacht, Nischenanbieter wie Santander oder Targo waren dort nie.

Ohne Provisionsgeschäft geht es nicht

Auch wenn Girokonten mittlerweile Geld kosten, kann keine Lokalbank von reiner Kontoführung für Privatleute leben. Sie müssen wohlhabenden Kunden auf dem Land aufwändige Geldanlagen, Baufinanzierungen, Altersvorsorge und Versicherungen verkaufen. Das bringt den Banken Provisionen. Im Fall der Frankfurter Volksbank funktionierte das im vergangenen Jahr nicht gut: Das Provisionsgeschäft ging um fünf Prozent zurück.

Viele mittelständische Unternehmer wünschen sich eine Bank, die nicht zu groß ist. Bankenkenner Faust sieht hier Möglichkeiten für Lokalbanken. Filialen an jeder Milchkanne seien nicht nötig. "Mir ist lieber, ich habe kompetente Leute in fünf Kilometern Entfernung als inkompetente in dreihundert Metern Nähe." Für die richtig Reichen würden eigene Privatbanken der Sparkassen ("Frankfurter Bankgesellschaft") und Genossenschaftsbanken ("DZ Privatbank") sehr gute Arbeit leisten, erklärt Faust.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 16. Februar 2023 um 09:05 Uhr.