Über dem EU-Schnitt Deutsche ziehen früher aus Elternhaus aus
Die Deutschen verlassen die gemeinsame Wohnung mit ihren Eltern eher als im EU-Durchschnitt. Hauptgründe, lange bei den Eltern zu wohnen, sind geringes Einkommen und teurer Wohnraum.
Junger Erwachsene in Deutschland verlassen das Elternhaus früher, als dies EU-Bürger im Schnitt tun. Das hat eine Auswertung des Statistischen Bundesamtes ergeben. Die Gründe dafür liegen laut einer aktuellen vor allem in der unterschiedlichen Einkommenssituation, aber auch am verfügbaren Wohnraum.
Das durchschnittliche Alter beim Auszug aus den elterlichen vier Wänden lag in Deutschland im Jahr 2022 bei 23,8 Jahren. Dies meldete das Statistische Bundesamt unter Berufung auf Zahlen der europäischen Statistikbehörde Eurostat.
Frauen ziehen früher aus
Im Schnitt zogen junge Frauen und Männer damit früher zu Hause aus als im EU-Durchschnitt: Dieser liegt bei 26,4 Jahren. In Deutschland lebten nach den Daten mehr als ein Viertel (27,2 Prozent) der 25-jährigen noch im elterlichen Haushalt, bei den 30-jährigen waren es noch 9,2 Prozent. Nach Geschlechtern zog es Frauen im vergangenen Jahr eher aus dem elterlichen Haushalt in Deutschland, ihr Durchschnittsalter lag bei Auszug bei 23,0 Jahren, das der Männer bei 24,5 Jahren.
Im EU-weiten Vergleich finden sich deutliche Unterschiede beim Auszugsalter: So verlassen junge Menschen in Finnland (21,3 Jahre), Schweden 21,4 Jahre) oder den Niederlanden (23,0 Jahre) deutlich eher das Elternhaus. Am längsten wohnen junge Kroatinnen und Kroaten bei ihren Eltern (33,4 Jahre). Auch in Spanien (30,3 Jahre) und Italien (30,0 Jahre) liegt das Alter, in dem erstmals eigene vier Wände bezogen werden, weit über dem EU-Durchschnitt.
Einkommen und Mietkosten als entscheidende Faktoren
Die Gründe dafür dürften vor allem in der wirtschaftlichen und finanziellen Situation der nachwachsenden Generation begründet sein. Die Forscher des Instituts für Finanzmarktforschung (SAFE) in Frankfurt haben dazu untersucht, was die Gründe für die Unterschiede beim Auszugsalter in Deutschland und Italien sind. Sie sahen sich dabei die Rolle des Zusammenlebens der Familie und andere Faktoren wie Einkommensprofile, Wohnungspolitik und den Wunsch nach Unabhängigkeit an.
Der geringere Arbeitslohn ist laut der heute veröffentlichten Studie einer der Gründe für das höhere Auszugsalter in Italien. Hohe Mieten trügen dazu bei, dass sich junge Erwachsene einen Auszug oder den Kauf einer eigenen Immobilie nicht leisten könnten. Junge Italiener hätten eben oft keine andere Wahl, als länger bei den Eltern zu wohnen.
Italien als negativer Vorreiter?
"Wir haben dann den deutschen Wohnungs- und Mietmarkt in unserem Modell an die italienische Situation angepasst", so Studienautor Alexander Ludwig. Auf dieser vergleichbaren Basis würden mehr Deutsche so wie ihre italienischen Altersgenossen weiterhin bei ihren Eltern wohnen, weil es nicht erschwinglich für junge Erwachsene wäre, allein zu leben.
Die Entwicklung der Mieten und der knappe bezahlbare Wohnraum in Deutschland könnte allerdings in Zukunft dazu dazu beitragen, dass auch in hierzulande junge Erwachsene länger in der elterlichen Wohnung bleiben müssen oder sich nur über eine Wohngemeinschaft aus ihr herausbewegen können. Wohnraum wird in Deutschland knapper und teurer. Derzeit wird in der Regierungskoaltion derzeit über einen Mietpreisdeckel diskutiert. Die Zahl der Baugenemigungen ist in den vergangenen Monaten rückläufig gewesen.