Vor Klausur in Meseberg Neues Konfliktpotenzial für die Ampel
Heizungsgesetz, Industriestrom, Kindergrundsicherung - die Ampelkoalition hat zuletzt viel gestritten. Ob die Kabinettsklausur in Meseberg morgen mehr Geschlossenheit bringt, ist offen. Vorab tagen die Fraktionen von SPD und Grünen.
Kurz vor ihrer Klausur auf Schloss Meseberg hat sich die Ampel-Regierung zwar beim Streitthema Kindergrundsicherung geeinigt, aber in anderen Punkten herrscht nach wie vor Uneinigkeit. SPD-Chef Lars Klingbeil ist schon knapp eine Woche vorher der Kragen geplatzt. "Es geht so nicht. Punkt", sagte er. Den Start nach der Sommerpause habe er sich anders vorgestellt, erzählte er im ZDF.
Die Konflikte ziehen sich seit Monaten. Auch vor der Sommerpause hatten sich die Koalitionäre immer wieder gestritten. SPD, Grüne und FDP hatten sich eigentlich vorgenommen, geräuschloser aus dem Sommer zurückzukehren. Doch es wurde ein Fehlstart. "Die Koalition ist schwierig, das kann niemanden überraschen. Die drei Parteien haben völlig unterschiedliche Programme", meinte Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner im ZDF-Sommerinterview.
Kanzler Olaf Scholz bemühte sich am Wochenende um mehr Geschlossenheit in der Ampel-Regierung. Auf die Frage, ob die gegenseitigen Gesetzesblockaden weitergehen würden, teilte er der Mediengruppe Bayern mit: "Davor kann ich nur warnen." Zudem sagte er: "Wir sollten uns mehr darauf konzentrieren, die Erfolge der Regierungstätigkeit herauszustellen und die nötigen Diskussionen über unsere Vorhaben intern führen."
Fraktionen von SPD und Grünen tagen vorab
Zunächst tagt an diesem Montag und Dienstag in Wiesbaden die SPD-Fraktion - die Fraktion der Grünen kommt parallel in Berlin zusammen. Bei der SPD-Fraktion geht es vor allem um einen staatlich subventionierten Industriestrompreis. Die Abgeordneten der Fraktion, zu denen auch Scholz gehört, wollen dazu ein konkretes Konzept beschließen. Die Fraktionsspitze schlägt einen auf mindestens fünf Jahre befristeten Preis von fünf Cent pro Kilowattstunde für besonders stark von hohen Energiekosten betroffene Unternehmen vor. Scholz hat sich bisher skeptisch zu der Staatshilfe geäußert. Bei der Klausur muss er nun Farbe bekennen. Das Thema birgt neues Konfliktpotenzial für die Ampel. Die FDP lehnt die Subvention ab, die Grünen sind dafür.
Eine weitere Beschlussvorlage für die SPD-Klausur befasst sich mit dem Thema Wohnen. Darin ist die Rede von einem "bundesweiten Mietenstopp". Konkret wird gefordert, dass Mieten in angespannten Wohngegenden in drei Jahren um maximal sechs Prozent und zudem nicht über die ortsübliche Vergleichsmiete steigen dürfen.
Grüne fordern Reformen wegen steigender Mieten
Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge fordert angesichts steigender Mieten Tempo bei Reformen, die im Koalitionsvertrag mit SPD und FDP angekündigt sind. "Die Verlängerung der Mietpreisbremse, die deutliche Absenkung der Kappungsgrenze und zusätzlich die klare Regulierung von Indexmieten sind dringend notwendig", sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
Mieten stiegen enorm und brächten Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen zunehmend an die Belastungsgrenze. "Trotzdem warten wir nun schon seit 1,5 Jahren auf die Umsetzung des Koalitionsvertrags in Sachen bezahlbare Mieten."
Kühnert wirft FDP Blockade vor
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert griff in der Sache die FDP scharf an. Er warf Justizminister Marco Buschmann vor, den vereinbarten besseren Mieterschutz zu blockieren. "Seit mehr als eineinhalb Jahren steht das im Koalitionsvertrag, seit mehr als eineinhalb Jahren sitzt Justizminister Buschmann das Ganze aus", sagte Kühnert gegenüber dem RBB. Der FDP-Politiker nehme den Mieterschutz "in Geiselhaft", weil er Streit mit Innenministerin Nancy Faeser (SPD) bei der Vorratsdatenspeicherung habe.
"Der Justizminister kostet die Mieterinnen und Mieter in Deutschland Geld", kritisierte der SPD-Politiker. Hintergrund ist ein seit Monaten schwelender Streit, bei dem auch Bauministerin Klara Geywitz (SPD) den Justizminister mehrfach aufgefordert hatte, endlich wie im Koalitionsvertrag vereinbart aktiv zu werden. Das Mietrecht fällt in die Zuständigkeit des Justizministeriums. "Es wäre schön, wenn die FDP zumindest schon mal mit durchsetzen würde, was wir im Koalitionsvertrag vereinbart haben", sagte Kühnert.
Mietpreisbremse soll verlängert werden
Im Koalitionsvertrag hatten die Ampel-Parteien vereinbart, die Mietpreisbremse bis 2029 zu verlängern und die Kappungsgrenze für Mieterhöhungen auf elf Prozent in drei Jahren abzusenken. Aktuell gilt eine Grenze für Mieterhöhungen von 20 Prozent in drei Jahren. In Gegenden mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt sie bei 15 Prozent.
Pläne zu einer Begrenzung von Indexmieten werden im Koalitionsvertrag nicht genannt. Indexmietverträge ermöglichen es Vermietern, die Mieten jährlich zu erhöhen, wenn die Verbraucherpreise steigen. Bundesjustizminister Buschmann hat sich bisher gegen eine Beschränkung bei Indexmieten ausgesprochen. Zustimmung findet das Thema aber auch bei der SPD.
Mit Informationen von Oliver Neuroth, ARD-Hauptstadtstudio