
Jetzt bei 2,0 Prozent EZB senkt Zinsen - wie geht es weiter?
Vor dem Hintergrund nachlassenden Inflationsdrucks hat die EZB heute zum achten Mal in Folge die Leitzinsen gesenkt. Doch wie geht es weiter? Rückt eine Zinspause näher?
Ganz in rot gekleidet und etwas schmallippig bei den unbequemen Fragen: So präsentierte sich EZB-Präsidentin Christine Lagarde heute nach der Tagung des EZB-Rates vor der Presse. Nein, sie werde nicht eher gehen und ihr Amt frühzeitig zur Verfügung stellen, so die EZB-Chefin: "Ich bin schon immer von meinem Mandat getrieben worden und ich bin entschlossen, es zu beenden."
Zuvor hatten Spekulationen die Runde gemacht, Lagarde denke darüber nach, hinzuwerfen, um die Leitung des Weltwirtschaftsforums (WEF) im Schweizer Davos zu übernehmen. Dort ist sie nicht nur gern gesehener Gast und Mitglied in einem Beirat. Sie hat nach Angaben des Gründers der Institution, Klaus Schwab, auch bereits Gespräche über einen Wechsel geführt.
Schwab hat sich aus dem WEF zurückgezogen, weil er mit Vorwürfen konfrontiert ist, Geld veruntreut zu haben, was er bestreitet und zurückweist. Nach eigenen Angaben hat er sich auch schon um eine angemessene Wohnung für Lagarde in der Schweiz gekümmert.
EZB sieht Trend gewahrt
Ein peinliches Spektakel in einer Zeit, in der die EZB-Präsidentin lieber damit glänzen möchte, die Inflation in Schach bekommen zu haben, sagen Beobachter. Tatsächlich ist die Verbraucherinflation in der Eurozone auf 1,9 Prozent gefallen - viel schneller und deutlicher als erwartet. Hauptgrund sind die gefallenen Energiepreise.
Auch für die nächsten Monate und Jahre sieht die EZB diesen Trend gewahrt: Nach der heute vorgestellten Prognose wird sich die Inflation in diesem Jahr bei 2 Prozent stabilisieren, im kommenden Jahr sogar auf 1,6 Prozent fallen, um dann im Folgejahr wieder 2 Prozent zu erreichen. Sollte das so eintreffen, hätte die EZB ihr Ziel erreicht, die Teuerung mittelfristig auf den Wert von 2 Prozent zu bringen.
"Wesentlich unsicherer als normal"
Es ist allerdings ein offenes Geheimnis, dass die Prognosen der EZB nur selten das Papier wert sind, auf dem es gedruckt ist. Dass die Unsicherheiten groß sind, sagt auch die Präsidentin: "Die heutige Inflationsprognose ist wesentlich unsicherer als normal."
Dafür sorgen vor allem Donald Trump und Wladimir Putin. In Zeiten, in denen die USA eine völlig erratische und unberechenbare Handelspolitik betreiben und Russland keine Anzeichen gibt, den Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden, ist es schwierig, die Entwicklung der Teuerung genau vorherzusagen. Das haben die Krisen der vergangenen Jahre gezeigt.
Auch die sehr hohen Preise für Nahrungsmittel, die weiterhin zulegen dürften, und die starke Teuerung bei Dienstleistungen könnten schnell wieder einen Strich durch die Rechnung machen. Trotzdem sei man "in einer guten Position durch diese unsicheren Zeiten zu schiffen", so Lagarde.
Kommt jetzt die Zinspause?
Derzeit jedenfalls hat die EZB die Teuerung im Griff. Aus diesem Grund mehren sich die Stimmen, die nun erst einmal eine Zinspause fordern - auch im EZB-Rat selbst. Nach acht Zinssenkungen sei nun ein angemessenes Zinsniveau erreicht.
Schon die heutige Entscheidung war nicht einstimmig. Sie hatte zwar eine deutliche Mehrheit - aber auch eine Gegenstimme, vermutlich aus dem deutsch-österreichischen Lager. Lagarde wollte sich auf den weiteren Kurs der EZB aber nicht festlegen. Man werde nach der aktuellen Lage entscheiden, und die könne sich schnell ändern.
Verbraucher profitieren nur wenig
Für Verbraucherinnen und Verbraucher bedeutet die gegenwärtige Situation Freud und Leid. Zwar ist der Inflationsschock der vergangenen Jahre erst einmal eingedämmt. Aber gerade bei Nahrungsmitteln ist davon nichts zu spüren.
Gleichzeitig sinkt der maßgebende Einlagenzinssatz der EZB nun auf zwei Prozent. Das dürfte die Zinsen auf Erspartes weiter fallen lassen. Die liegen mit rund 1,3 Prozent auf Tagesgelder derzeit ohnehin schon unter der Inflationsrate, was faktisch bedeutet: Wer Geld spart, verliert einen Teil des Wertes.
Wenig erfreulich ist auch die Lage auf dem Hypothekenmarkt. Hier setzt sich der Trend fort, dass sich die sinkenden Leitzinsen nur sehr schleppend auf die Baufinanzierung auswirken. Nach Angaben der EZB beträgt der durchschnittliche Zinssatz für Hypotheken 3,3 Prozent. Das ist rund dreimal so hoch wie vor der Corona-Pandemie.
Bei alledem wird unter dem Strich eines klar: Auch wenn die Teuerung deutlich zurückgegangen ist - das Thema Inflation ist für die EZB nicht erledigt.