
Börsenbeben Anleger, was nun?
An diesem "schwarzen Montag" liegen bei vielen Anlegern die Nerven blank. Was kann man überhaupt noch tun? Experten rücken den Anlagehorizont und die Anlagestrategie in den Vordergrund.
Wer dieser Tage von "Panik" oder "Crash" an den Börsen spricht, übertreibt nicht: Ausgelöst von der aggressiven Zollpolitik der USA und der harten Reaktion aus China hat der DAX in nur drei Tagen seine Gewinne des Frühjahres ausradiert und notiert gerade auf dem Niveau des vergangenen November. So bitter der Blick in das eigene Depot derzeit sein mag: "Panik" sei für Anlegerinnen und Anleger dennoch kein guter Ratgeber, betonen die Börsenprofis.
Auf die Zeitachse kommt es an
Was aber können Anleger in dieser Lage überhaupt noch tun? "Das kommt einfach auf den Anlagehorizont an", betont Jürgen Molnar, Kapitalmarktexperte vom Online-Broker RoboMarkets und ordnet das Geschehen zeitlich ein: "Der DAX hat sich in zweieinhalb Jahren fast verdoppelt. In diesem Jahr hatte er bereits 18 Prozent gewonnen. Jetzt wird einfach Luft aus dem Markt gelassen - wenn auch etwas schnell", so Molnar.
Für mittel- und langfristig orientierte Anleger biete das aber Chancen. "Jetzt haben wir wieder normale Verhältnisse, und Sie erhalten derzeit Qualitätsaktien zu einem ordentlichen Abschlag", so der Börsenexperte. In der kürzeren Frist hänge natürlich viel von den Winkelzügen von Donald Trump ab: "Wenn er sich wieder windet wie ein Aal und sagt, das sei alles nicht so gemeint gewesen, kann es auch schnell wieder nach oben gehen."
Auf Diversifikation achten
Was genau in den nächsten Tagen im Zollstreit und an den Märkten geschehen wird, können natürlich auch die Börsenprofis nicht voraussehen. Christian Röhl von Röhl Capital betont daher die Wichtigkeit einer breiten Diversifikation im Vermögensaufbau. "Wir wissen überhaupt nicht, wie diese Situation ausgeht und wer mögliche Gewinner und Verlierer sind", so der Anlageexperte gegenüber der ARD-Finanzredaktion. Wenn die Lage sich wieder etwas beruhigt habe, sollten sich Anlegerinnen und Anleger fragen, wie sie persönlich mit dem Stress umgehen und ob ihre Anlagen hinreichend diversifiziert sind.
"Für alle diejenigen, die Vermögensaufbau als Marathon sehen, ist das jetzt nur eine Durststrecke auf den ersten Metern", so Röhl. Für eine weltweite Diversifikation böten sich Produkte auf dem Weltindex MSCI ACWI an, der auch die Märkte der Schwellenländer einbezieht. Gold gelte als Anker, könne aber in solchen Phasen auch unter Druck geraten, wenn Anleger Liquidität benötigten - wie zuletzt schon zu beobachten war.
In Staatsanleihen einsteigen?
Viele Experten bringen hier Anleihen als lange verschmähte Anlagealternative ins Spiel. Der US-Vermögensverwalter PGIM plädiert dafür, sich angesichts der zuletzt gestiegenen Renditen Staatsanleihen "aus der EU-Peripherie" wie etwa Italien, Spanien, Portugal oder Griechenland anzuschauen. Die "Bedenken hinsichtlich der Tragfähigkeit der Schulden" seien letztlich überzogen.
Wer infolge des Kurssturzes derzeit aller Liquidität ledig ist, wird mit solchen Anlageempfehlungen zunächst wenig anfangen können. Die bittere Erfahrung, wie brutal Börse manchmal sein kann, sollten Anlegerinnen und Anleger aber nutzen, um sich über eine längerfristig nachhaltigere Anlagestrategie Gedanken zu machen.
Neben der Strategie bleibt der Zeithorizont entscheidend - erinnert sei an den legendären Rat von Börsenguru André Kostolany: "Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabletten und schauen Sie die Papiere nicht mehr an. Nach vielen Jahren werden Sie sehen: Sie sind reich."