Bundesbank mit Milliarden-Minus Währungs- und Geldpolitik bringt Rekordverluste
Der scharfe Zinserhöhungskurs der europäischen Währungshüter belastet die Bilanz der Bundesbank. Selbst bei einer Rückkehr zu Gewinnen würde es lange dauern, die Löcher zu stopfen, so Bundesbank-Chef Nagel.
Die Deutsche Bundesbank hat im vergangenen Jahr das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte erwirtschaftet. Um den Fehlbetrag von 21,6 Milliarden Euro auszugleichen, sind Rückstellungen und Rücklagen nahezu aufgebraucht worden. Die verbliebenen Rückstellungen dienen künftigen Verpflichtungen gegenüber der Belegschaft und können daher nicht angerührt werden.
Bundesbankpräsident Joachim Nagel sagte heute in Frankfurt am Main, mit "sehr hoher Wahrscheinlichkeit" sei in Zukunft kein höherer Verlust zu erwarten. Er rechne aber "sicherlich einige Jahre" mit weiteren Fehlbeträgen, die sich voraussichtlich zu einem mittleren zweistelligen Milliardenbetrag addieren würden. Da nur noch knapp 700 Millionen Euro freie Rücklagen übrig sind, werde die Bundesbank ab dem laufenden Jahr Verluste ausweisen. Diese Verluste werden sich über die Jahre aufbauen.
Gewinne für den Haushalt in weiter Ferne
Wenn die Bundesbank wieder Gewinne erwirtschaften würde, werde es "weitere Jahre" dauern, die Löcher zu stopfen, sagte Nagel. Gewinnausschüttungen an den Bundeshaushalt sind in weite Ferne gerückt. Zuletzt hatte die Bundesbank 2019 knapp sechs Milliarden Euro nach Berlin überwiesen.
Die Ursachen der Verluste liegen in den Aufgaben von Bundesbank und Europäischer Zentralbank (EZB). Beide arbeiten an der Stabilität des europäischen Währungssystems. Jahrelang kauften sie Wertpapiere und finanzierten so Staaten und Unternehmen. Derzeit halten EZB und die nationalen Notenbanken Papiere für 4.700 Milliarden Euro. Davon entfallen allein auf die Bundesbank 1.000 Milliarden. Diese Wertpapiere bringen wenig Zins ein.
Einlagen zu hohen Zinsen
Notenbanken müssen aber nicht nur das System als Ganzes im Auge haben, sondern auch den konkreten Wert des Euro. Als die Inflation zurückkehrte, erhöhte die EZB die Zinsen massiv. So sollte Geld teurer und damit knapper werden, was wiederum die Inflation zügelt. Es hat aber auch den Effekt, dass EZB, Bundesbank und andere Notenbanken Einlagen von Geschäftsbanken auf ihren Konten höher verzinsen müssen.
Auf der einen Seite sind die Zinserträge aus alten, langlaufenden Wertpapieren niedrig, auf der anderen Seite sind die aktuellen Zinsaufwendungen hoch. Unterm Strich machte die Bundesbank allein im Zinsgeschäft des vergangenen Jahres 14 Milliarden Euro Verlust. Hinzu kommen Belastungen aus Verrechnungen zwischen der EZB und nationalen Notenbanken und gestiegene Kosten.
Steigende Pensionslasten
Trotz der hohen Belastungen wirkt die Bundesbank entspannt. Personal- und Sachaufwand wuchsen vergangenes Jahr um eine Milliarde auf knapp drei Milliarden Euro. Insbesondere die Rückstellungen für kommende Pensionen stiegen drastisch. Vorständin Sabine Mauderer sagte, es gebe kein Sparprogramm, sondern nur strengeres Management der Kosten.
Trotz der gegenwärtigen und noch kommenden Milliardenverluste sagte Mauderer: "Die Bilanz der Bundesbank ist solide." Die enormen Goldbestände der Bundesbank seien gegenüber aktuellen Marktwerten mit knapp 200 Milliarden zu niedrig bewertet. Die Bundesbank hat also noch eine Menge stiller Reserven. Auf die Frage, ob es sinnvoll sei, Gold zu verkaufen, um Löcher zu stopfen, sagte Nagel, er habe "keine Nanosekunde darüber nachgedacht".
Die Goldreserven seien ein "großer Vertrauensanker". Dass die Bundesbank eines Tages restlos abgewirtschaftet sein könnte und der Bundeshaushalt einspringen müsste, schloss Nagel aus: "Ich sehe die Rekapitalisierungs-Diskussion nicht, auch nicht in meinen dunkelsten Träumen."
Nagel will von Zinssenkungen nichts wissen
Obwohl die stark gestiegenen Zinsen wesentlich für die hohen Fehlbeträge von Bundesbank und anderen Notenbanken sind, will Nagel nichts von Zinssenkungen wissen. Umfangreich legte er die Gründe für ein länger anhaltendes derzeitiges Zinsniveau dar. Er trat damit unausgesprochen Notenbankern entgegen, die sich niedrigere Zinsen wünschen. Das hohe Zinsniveau bremse zwar die Wirtschaft. Vor allem aber bremse es die Inflation. "Gerade wer mit wenig Geld auskommen muss, hat dann eine große Sorge weniger", sagte Nagel.
Nagel betonte mehrfach, dass es nicht Zweck einer Notenbank sei, Gewinne zu erwirtschaften, sondern Geld- und Währungspolitik zu betreiben. Gewinne sind sozusagen nur ein erfreulicher Nebeneffekt. Im Unterschied zu Privatunternehmen bleiben Notenbanken zahlungsfähig, wenn sie überschuldet wären. Schlicht gesagt, liegt das daran, dass sie letztlich das Geld selbst herstellen.