Gipfel in Brüssel EU will Bankgeheimnis abschaffen
Bis Jahresende will die EU das Bankgeheimnis praktisch abschaffen. Das kündigte Ratspräsident Van Rompuy beim EU-Gipfel in Brüssel an. Kanzlerin Merkel sprach sich dafür aus, dass Konzerne in ihren Heimatländern mehr Steuern zahlen sollen.
Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben sich darauf geeinigt, das Bankgeheimnis bis Jahresende praktisch abzuschaffen. Für den Beschluss über die Weitergabe von Steuerdaten innerhalb der EU "haben wir heute eine Frist bis Jahresende gesetzt", sagte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy in Brüssel nach dem EU-Gipfel. Dies betrifft das Bankgeheimniss von Bürgern aus dem EU-Ausland. Zudem sollten Verhandlungen mit fünf Nicht-EU-Ländern wie der Schweiz über die automatische Weitergabe von Steuerdaten "so schnell wie möglich abgeschlossen werden".
Luxemburg und Österreich wollen weiter verhandeln
Die meisten EU-Länder geben bereits automatisch Auskünfte über Zinserträge von EU-Ausländern an deren Heimatländer weiter. Nur Luxemburg und Österreich sperren sich noch dagegen. Sie machen zur Bedingung, dass ähnliche Abkommen auch mit europäischen Nicht-EU-Ländern wie der Schweiz oder Liechtenstein abgeschlossen werden. Bis zum Jahresende sollen diese Abkommen ausgehandelt werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht in den Beschlüssen einen "Durchbruch" im Kampf gegen Steuerhinterziehung und legale Prinzipien der Steuervermeidung. Entscheidend sei, "dass einige Mitgliedsländer jetzt auch bereit sind, dem vollen Datenaustausch zuzustimmen". Dies ermögliche der EU, nun mit Drittstaaten wie der Schweiz zu verhandeln.
Konzerne sollen mehr Steuern zahlen
Zugleich wollen die EU-Länder nach Worten Merkels dafür sorgen, dass Konzerne künftig mehr Steuern in ihren Heimatländern zahlen. "Wir werden darauf hinwirken, dass die Unternehmen, wo sie ansässig sind, verstärkt zu Zahlungen gebracht werden", erklärte die Kanzlerin. Auch der französische Präsident François Hollande sagte, es sei wichtig, gegen die Nutzung von Gesetzeslücken vorzugehen.
In der EU war zuletzt Druck entstanden, Steuerschlupflöcher zu schließen und zu verhindern, dass Unternehmen sich "arm rechnen". International hatte zuletzt das US-Unternehmen Apple für Aufsehen gesorgt, weil es gezielt seine Pflichten zur Abgabenzahlung in Niedrigsteuerländer verlagerte - wovon allerdings das EU-Mitglied Irland profitierte. Aber auch andere Länder betreiben so genannte "aggressive Steuerplanung".
Energiepolitik und Fracking
Außerdem beschlossen die Regierungschefs Maßnahmen, um die Energiepreise zu senken. Die Versorgung soll breiter aufgestellt und Anreize für Investitionen in ein modernes Netz geschaffen werden. Zudem soll die Kommission prüfen, wie energieintensive Unternehmen bei ihren Abgaben entlastet werden könnten.
Die EU-Kommission wird außerdem die Möglichkeiten untersuchen, Schiefergas zu fördern. Das sogenannte Fracking wird in den USA erfolgreich angewendet und hat dort die Abhängigkeit von Importen deutlich reduziert. Der massive Einsatz von Chemikalien und die Erschütterungen im Erdreich machen das Verfahren aber nicht nur in Deutschland umstritten.
Keine Verkleinerung der Kommission
Neben den Ankündigungen gab es auch einen konkreten Beschluss in Brüssel: Die EU-Kommission wird im kommenden Jahr nicht - wie im Jahr 2008 eigentlich entschieden worden war - um ein Drittel verkleinert. Vorerst darf jedes Mitgliedsland weiterhin einen Kommissar in die EU-Behörde entsenden.