Initiative in Dublin EU eröffnet die Jagd auf Steuerhinterzieher
Mit ungeahnter Energie machen jetzt mehrere EU-Länder Front gegen grenzüberschreitende Steuerflucht. Der automatische Austausch von Informationen soll erweitert werden, das Bankgeheimnis gelockert. Luxemburg macht wohl auch mit. Nur ein Land stellt sich weiterhin quer.
Von Leon Stebe, RBB, ARD-Hörfunkstudio Brüssel
Sechs große EU-Staaten haben sich zusammengetan, um den Steuerhinterziehern und den Steuerflüchtlingen in Europa das Leben so schwer wie möglich zu machen: Deutschland, Frankreich, Italien, Spanien, Großbritannien und Polen machen jetzt ernst. "Wir haben eine Initiative vorgestellt, in der wir darauf drängen, den automatisierten Zinsaustausch auf alle Kapitalerträge auszudehnen", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.
Das heißt: Künftig wollen sechs EU-Länder Informationen über Bürger austauschen, die im Ausland Kapitalgewinne erzielen. Das können Zinsen auf Bankguthaben sein, aber auch Dividenden bei Aktien oder die Erlöse aus Wertpapierverkäufen. Die Daten sollen dann automatisch weitergeleitet werden - mit dem Ziel, dass die Finanzämter wissen, ob die Bürger Kapitalgewinne vor dem Fiskus verbergen oder nicht.
Österreich will um das Bankgeheimnis kämpfen
Diese Initiative sei auf große Zustimmung im Kreis der EU-Finanzminister gestoßen, berichtete Schäuble. Allerdings gibt es ein Land, dass damit nicht viel anfangen kann. Österreich ziert sich und will sein Bankgeheimnis derzeit nicht lockern. "Wir werden um das Bankgeheimnis kämpfen, das bin ich den Österreicherinnen und Österreichern schuldig. Ich halte es auch nicht für notwendig, Datenfriedhöfe anzulegen, wo noch kein einziger Steuercent fließt", stellte die Finanzministerin des Landes, Maria Fekter, klar.
Mit dieser Haltung ist die österreichische Finanzministerin in der EU so gut wie isoliert. Der deutsche Finanzminister hält sich trotzdem zurück, seine Kollegin aus Wien dafür scharf zu kritisieren. "Sie ist eine sehr tüchtige und engagierte Finanzministerin, die die österreichischen Interessen mit starken Argumenten auch vertritt. Wir kommen besser voran, wenn wir nicht Bashing von irgendjemand machen, sondern wenn wir kooperativ miteinander umgehen." Ein endgültiges Ende der Steuerhinterziehung werde es ohnehin wohl nie geben, räumte Schäuble ein. Überall dort, wo Steuern sind, würden auch Steuern hinterzogen. Das Problem sei also altbekannt.
Doch noch nie zuvor haben so viele EU-Länder eine solche Energie entwickelt, um dagegen vorzugehen. So soll der Kampf gegen die Steuerflucht jetzt Chefsache werden. Schon bei ihrem nächsten Gipfel Ende Mai werden sich die EU-Staats- und Regierungschefs damit beschäftigen. Mit dem Signal: gerade in Krisenzeiten kann und will sich Europa Steuerhinterziehung in großem Stil nicht mehr leisten.