Handelskonflikt zwischen China und der EU Hoffnung auf Ende des Dauerstreits
China und die EU werfen sich seit Jahren unfaire Wettbewerbsmethoden vor, der Streit ist eskaliert, Strafzölle drohen. Beide Seiten setzen weiter auf Verhandlungen. Denn ein echter Handelskrieg hätte nur Verlierer.
Kommt es zum Handelskrieg zwischen China und der EU? Strafzölle auf chinesische Solarimporte, Drohungen gegen europäischen Wein und Luxusautos, Klagen der EU bei der Welthandelsorganisation gegen chinesische Zölle auf Edelstahlrohre - all das wirkt nach giftigem Schlagabtausch.
Doch der Chefdiplomat der EU für Ostasien, Gerhard Sabathil, bleibt gelassen: "Ich spreche nicht von einem Handelskrieg. Und ich bin optimistisch, dass das Interesse auf beiden Seiten so groß ist, dass wir zu einer Regelung kommen. Es hat so viele Weiterungen - etwa Klimapolitik oder Energiepolitik -, dass es ganz wichtig ist, sich an einen Tisch zu setzen und zu einer Lösung zu kommen."
Aber selbst wenn der Streit über Dumping auf Solarpaneele bald vom Tisch sein sollte: Kann es eine Lösung geben, die länger hält als die nächste Beschwerde aus der Industrie?
"Das ist recht normal"
Li Song von der chinesischen Botschaft bei der EU glaubt, dass dies möglich ist: "Ich glaube, dass Streitigkeiten bei einem so großen Handelsumfang wie dem zwischen der EU und China recht normal sind. Das sind gegenseitige Probleme. Ich hoffe, dass wir eine Methode finden, diese zu lösen - durch Verhandlungen." Dafür müssten Voraussetzungen geschaffen werden, "dann wird es Lösungen geben, und die Zahl der Streitigkeiten wird sich von selbst regulieren."
Verschiedene politische Systeme als Barriere
Doch wie? Die politischen Systeme der beiden Partner sind höchst unterschiedlich. Der renommierte Sinologe Kerry Brown von der Universität Sydney leitet das China-Forschungsteam der EU: "Auch für viele chinesische Politiker ist die Dominanz des Staates in Teilen der Industrie problematisch, weil diese zu Spielbällen von Interessengruppen geworden sind. Wichtige Sektoren sind in den Händen von wichtigen Familien." Zum Beispiel habe die Familie des früheren Premier Li Peng den staatlichen Energiesektor im Griff, Ex-Präsident Jiang Zemin und seine Söhne die Telekommunikation.
"Und auch für uns ist es schwer, damit umzugehen. Oft versteht man nicht einmal, wo der Staat nicht involviert ist. Das macht es Außenstehenden sehr schwer, zu konkurrieren", ergänzt Brown und sagt voraus: Der große Wettlauf der Zukunft werde der Zugang zu den chinesischen Konsumenten sein. Die EU dürfe dieses Rennen nicht verlieren. Der neue Ministerpräsident Li Keqiang wolle weg vom krisengeschüttelten Export, hin zum Konsum. Er suche nach Raum für Wachstum. Da müsse die EU ihre Chance suchen. Eine strategische Partnerschaft soll dies sichern, Basis ist ein Handelsabkommen von 1985.
Investitionsabkommen als langfristiges Ziel
Dennoch schätzen einige europäische China-Experten, dass die Chinesen um das Jahr 2020 auf viele ausländische Produkte nicht mehr angewiesen sein werden. In einer Zeit, in der die EU verstärkt auf individuelle Verträge setzt, hofft Diplomat Gerhard Sabathil auf ein Investitionsabkommen mit China: "Bisher verhandeln wir noch gar nicht. Es ist nur vorgesehen. Es bringt vor allem Rechtssicherheit, es wird für den Marktzugang, für das Auftragswesen wichtig sein. Für uns ist das ein wichtiges Testfeld, wie wir gemeinsam mit so einem wichtigen Land weiterkommen."
So wichtig, dass Lobbyisten in Brüssel plötzlich verstummen, wenn es um Probleme mit China geht - zu sensibel, zu unberechenbar, da sagt man lieber nichts. Aber: Obwohl die Verhandlungen um die Strafzölle auf Solarimporte noch nicht begonnen haben, ist Diplomat Li Song optimistisch: "Ich glaube, dass unsere Firmen gerade Verhandlungen vorbereiten. Der Zeitplan ist noch unklar. Aber die Regierung wird sich auch beteiligen. Unser aller Ziel ist doch klar: Eine Verhandlungslösung."
Aber wenn die bis Ende des Jahres nicht da ist, entscheiden die EU-Staaten über Strafzölle. Und zu denen sagt die Mehrheit bislang Nein.