Bluetooth-Tracker und AirTags Die heimlichen Überwacher
Bluetooth-Tracker und Peilsender sollen beim Verlust von Gegenständen helfen. Doch immer öfter werden sie für Stalking und heimliche Überwachung missbraucht. Das ruft die Politik auf den Plan.
Rüdiger Unterkötter wurde im Urlaub die gesamte Kameraausrüstung geklaut. Noch einmal soll ihm das nicht passieren. Deshalb hat er sich einen so genannten AirTag von Apple besorgt. "Mit so einem AirTag da drin hätte ich möglicherweise die Chance gehabt, sie wiederzufinden", glaubt Unterkötter.
Die AirTags sind so klein wie eine Münze und sollen helfen, einen verlorenen Rucksack oder Schlüsselbund zu finden, indem sie ein Signal per Bluetooth senden. Sie verbinden sich mit Smartphones in der Nähe und berechnen so ihre aktuelle Position. Der Besitzer des AirTag bekommt dann angezeigt, wo der Gegenstand liegt. Auch andere Smartphone-Hersteller bieten solche Bluetooth-basierten Tracker an.
Missbrauch durch Stalking
Doch immer häufiger werden damit auch Personen ausgespäht. Bayern und Hamburg setzen sich jetzt für eine Verschärfung des Strafrechts gegen Stalking ein. Die beiden Bundesländer haben einen gemeinsamen Vorschlag vorgelegt, mit dem sich die Ministerinnen und Minister bei ihrer Herbstkonferenz in Berlin befasst haben.
Sie sind der Meinung, dass das Strafrecht bislang nur unzureichenden Schutz vor Missbrauch biete. "Die Vorstellung, jederzeit beispielsweise durch den Ex-Partner aufgespürt werden zu können, kann gravierende seelische und körperliche Folgen bei Betroffenen auslösen", sagte Bayerns Justizminister, Georg Eisenreich (CSU) bereits im Vorfeld der Konferenz. "Für einen konsequenten Opferschutz müssen wir hier dringend das Strafrecht nachschärfen", forderte die Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina (Grüne).
Sammelklage in den USA
In den USA gibt es aktuell eine Sammelklage gegen Apple. Fast 40 Stalking-Opfer haben sich einer bereits bestehenden Klage gegen Apple angeschlossen. In einigen Fällen beklagen sich Frauen, dass sie von ihren Ex-Partnern gestalkt und verfolgt worden seien. Eine Frau gibt an, dass sie und ihre Tochter durch einen AirTag getrackt und dann beobachtet und verfolgt wurden. Eine andere Frau hatte einen Tracker bei ihrem Sohn gefunden - er war in der Sohle seiner Schuhe versteckt. Im Verdacht steht der Stiefvater.
Die Stalking-Opfer werfen dem Hersteller Apple vor, zu wenig dagegen zu tun, dass AirTags zum Verfolgen anderer Menschen missbraucht werden können - und fordern Entschädigung.
Keine offiziellen Zahlen über Stalking
Offizielle Zahlen, wie oft es hierzulande zu digitalem Stalking kommt, gibt es nicht. Das liege auch daran, dass es von Seiten der Politik bislang keine großen Vorstöße gegeben habe, sich mit dem Thema zu beschäftigen, sagt Inga Pöting vom Projekt "Ein Team gegen digitale Gewalt". Nach Auskunft von Beratungsstellen sei es in Fällen von Stalking inzwischen "fast immer so, dass es davon auch eine digitale Variante gibt". Es handele sich um "Gewalt, die sich in den digitalen Raum verlagert", so Pöting.
AirTags sind die bekanntesten Tracker; es gibt solche Geräte aber auch von anderen Anbietern, beispielsweise von Samsung. Mittlerweile bietet sogar Aldi eigene Tracker an.
"Als Apple die kleinen AirTags eingeführt hat, haben sie natürlich an die positiven Dinge gedacht: eben Dinge wiederzufinden. An Missbrauch haben sie noch nicht gedacht", sagt ARD-Digitalexperte Jörg Schieb. "Nach und nach hat Apple dann aber verschiedene Technologien und Techniken entwickelt. Zum Beispiel, dass die AirTags sich melden, wenn sie zu weit weg vom eigenen Heimgerät sind, also von meinem iPhone zum Beispiel. So kann man merken, dass man einen AirTag mit sich herumträgt, der einem gar nicht gehört." Der AirTag gibt dann einen Warnton von sich.
Warn-App soll Missbrauch verhindern
Außerdem hat Apple gemeinsam mit dem Konkurrenten Google eine Warn-App herausgebracht. Die soll Tracker entlarven und potenzielle Stalking-Opfer schützen. Inga Pöting empfiehlt die von der Technischen Universität Darmstadt entwickelte App "AirGuard". Sie soll in der Lage sein, AirTags von Apple und SmartTags von Samsung zu finden.
"Die App kann man einfach laufen lassen, und sie gibt einem Bescheid, wenn man einen Tracker mit sich führt, ohne es zu wissen", so Pöting. "Wenn der einem länger in der Nähe angezeigt wird, wird die App sagen: 'Pass auf, da ist ein Tracker bei dir, den möchtest Du wahrscheinlich nicht haben'. Und dann kann man danach suchen." Perfekt sei die Lösung aber nicht, weil auch diese App nicht immer alle Tracker finde, wenn sie beispielsweise von anderen Herstellern stammten.
Rüdiger Unterkötter, der sich gerade seinen neuen AirTag angeschafft hat, macht sich keine Sorgen, dass sein Standort ausgespäht werden könnte. Er hat eher den Schutz seines Eigentums im Blick. "Ich will Diebe finden, aber missbrauchen kann man alles", so Unterkötter. Auf einem Friedhof im nordrhein-westfälischen Monheim hat das jüngst geklappt. Hier konnte eine Blumendiebin überführt werden. Ein AirTag war in einer Rose versteckt.