Chinas Mega-Projekt Seidenstraße als Einbahnstraße
Die Ergebnisse sind ernüchternd: Nur sehr wenige EU-Firmen profitieren von Aufträgen im Rahmen der Initiative "Neue Seidenstraße". Chinas Mega-Projekt sei bislang ein Projekt von den Chinesen für die Chinesen, so eine Studie.
Wenn es um das Mega-Projekt "Neue Seidenstraße" geht, ist China selten um große Worte verlegen. Den wirtschaftlichen Austausch weltweit verbessern, heißt es dann. Oder: den Wohlstand aller Länder erhöhen. Und natürlich auch: die "Neue Seidenstraße" als goldener Weg zum gemeinsamen, globalen Aufschwung. Guckt man dann genauer hin, tritt - zumindest für europäische Unternehmen - die große Ernüchterung ein. "Die wenig befahrene Straße", so lautet übersetzt der Titel einer aktuellen Untersuchung der Europäischen Handelskammer in China.
"Das Ziel der Studie war zu zeigen, was bei der 'Belt and Road'-Idee der Chinesen für uns rausspringt. Was ist für die europäische Industrie dabei zu holen? Und das Ergebnis war etwas niederschmetternd: Gerade mal 20 Firmen waren in dieses Projekt eingebunden", sagt Kammerpräsident Jörg Wuttke.
"Die Länder brauchen China"
Die "Belt and Road Initiative", so das offizielle Label der Chinesen für die "Neue Seidenstraße" soll ein Handelsnetzwerk zwischen Asien, Afrika und Europa spannen. China finanziert in anderen Ländern massiv in neue Häfen, Zugstrecken, Straßen und andere Infrastrukturprojekte. Wang Yiwei ist Politologe an der Renmin-Universität in Peking. Er gilt als einer der renommiertesten Forscher zum Thema Neue Seidenstraße.
"Beim Konzept der 'Neuen Seidenstraße' geht es vor allem um neue Märkte. Wir brauchen Diversifizierung, wir brauchen Europa. Also überqueren wir den eurasischen Kontinent - wie der Trans-Eurasia-Express", sagt er. Es gehe dabei um mehr Märkte für China, aber es trage auch zum Wachstum der Weltwirtschaft bei. Die Länder brauchten China, um Zugstrecken und Infrastruktur zu bauen. "Wenn wir gemeinsam reich werden wollen, müssen wir unsere Straßen verbinden."
Kammerpräsident fordert Umdenken
Aber von "gemeinsam reich werden" kann laut der neuen Studie der Europäischen Handelskammer in China keine Rede sein. Nur 15 Prozent der europäischen Unternehmen gaben an, sich überhaupt auf ein Seidenstraßen-Projekt beworben zu haben. Profiteure sind bislang vor allem chinesische Stahl-, Bau- und Transportunternehmen, sagt Wuttke.
"Ich glaube, man ist auf chinesischer Seite ganz glücklich, den gleichen Flughafen nochmal so zu bauen, wie man es in Qingdao oder Dalian gemacht hat". Wuttke glaubt, dass es eine relativ starke Vorgabe gibt, mit chinesischem Geld nur in chinesische Produkte zu investieren. Den Rest, den man in China nicht habe, kaufe man zu. "Das sind dann diese 20 Firmen, die da unter Umständen ein kleines bisschen etwas rausbekommen", sagt Wuttke. "Unsere Forderung ist: Seid transparenter, seid offener und seid nicht dieser One-Stop-Shop, der für uns nicht zugänglich ist."
EU-Firmen kaum gefragt
Aber zum Fazit der EU-Handelskammer in China gehört auch, dass Europa von China lernen könne, wie man ein Projekt bewirbt. Den Slogan "One Belt, One Road" oder "Neue Seidenstraße" hat mittlerweile fast jeder schon mal gehört. Kaum einer kennt aber das europäische Gegenstück mit dem sperrigen Titel "EU-Asien-Konnektivitätsstrategie", das seit September 2018 existiert. Was europäische Firmen zu bieten haben, wenn es darum geht, Infrastruktur aufzubauen, spielt derzeit eine untergeordnete Rolle. Auch in Chinas Mega-Projekt der "Neuen Seidenstraße".