Folge der Energiekrise Das große Comeback der Ölkonzerne
Der Ukraine-Krieg hat die Energieversorgung auf den Kopf gestellt: Die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen steigt wieder und sorgt für Rekordeinnahmen bei den Ölkonzerne. Wofür werden diese Gelder eingesetzt?
Die großen Ölkonzerne hatten in diesem Jahr ihr Comeback. Wegen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine boykottiert die westliche Welt teilweise russisches Gas- und Öl - und musste schnell neue Energiequellen finden. Das trieb den Ölpreis in die Höhe. Bei Shell, Saudiaramco, Chevron und Co. sprudelten die Gewinne.
Aus Angst vor Versorgungslücken wurde das Thema Klimaschutz an die Seite gedrängt. Am Aktienmarkt waren Ölaktien plötzlich wieder gefragt. So beschreibt es der Analyst Christoph Schürmann vom "Flossbach von Storch Research Institute" in seiner Studie mit dem Titel "(Un)saubere Gewinner". Der Analyst erklärt: "Da die Öl- und Gasunternehmen sehr niedrig bewertet waren nach der Corona-Krise, sind jetzt mit den steigenden Energiepreisen entsprechende Profite reingekommen. Daher sind sie dieses Jahr an der Börse sehr gut gelaufen."
"Öl schlägt Clean Energy"
Damit hat sich ein Trend umgekehrt: Flossen laut der Rating-Agentur Morningstar noch während der Corona-Pandemie Rekordsummen in sogenannte Nachhaltigkeitsfonds, ebbte das Anlegerinteresse in diesem Jahr deutlich ab. "Flossbach von Storch"-Analyst Schürmann vermutet, dass sich viele Anlegerinnen und Anleger von der Aussicht auf Gewinne haben leiten lassen - und da schlage Öl aktuell nun mal die sogenannte Clean Energy.
"Das liegt tatsächlich daran, dass die grünen Unternehmen sehr viel investieren. Dafür brauchen sie im Vergleich zu dem, was sie bisher umsetzen, sehr viel fremdes Kapital. Das sind dann Schulden - und die müssen bedient werden über Zinsen", so Schürmann. Im Verhältnis zum Umsatz seien die Schulden bei den grünen Unternehmen sehr hoch, das belaste die Barmittel-Zuflüsse.
Ölzeitalter vor dem Aus?
Greenpeace-Finanzmarktkenner Mauricio Vargas geht jedoch nicht davon aus, dass auf lange Sicht mit den Ölkonzernen noch viel Geld zu verdienen ist: "Tatsächlich gehe ich davon aus, dass das fossile Zeitalter, also auch das Ölzeitalter zu Ende geht. Wir erleben vermutlich nur durch den Krieg eine letzte Hausse oder einen sogenannten Super-Zyklus."
Nun wurde das Ölzeitalter schon häufig totgesagt, doch hat diesmal auch die Politik ihre Weichen gestellt: So will die EU bis zum Jahr 2050 kein klimaschädliches CO2 mehr ausstoßen. Die Industrie muss sich also umstellen. Auch die großen Ölkonzerne müssen sich dem fügen und begeben sich teilweise auf den Weg zur sogenannten "grünen Transformation".
Nicht sehr glaubwürdig ist das aus Sicht von Greenpeace-Volkswirt Vargas: "Das ganz große Problem ist, dass dieses Narrativ funktioniert - dass man die großen Ölmultis brauche, um die Transformation voranzubringen." Tatsächlich sei es auch so, dass sie in erneuerbare Energien investieren - aber eben nicht davon absehen, auch ihr fossiles Energiegeschäft weiterhin auszuweiten.
Nicht alle Ölkonzerne suchen Alternativen
Der Druck zur Veränderung ist hoch. Vor allem europäische Ölkonzerne wie Shell und BP suchen nach Alternativen und investieren beispielsweise in Offshore-Windkraft zur Erzeugung von grünem Wasserstoff. Anders die amerikanischen Konzerne: US-Ölriesen wie Chevron haben in diesem Jahr sogar ihr Milliarden-Budget erhöht, um neue Öl- und Gasfelder zu erschließen.
Der Großteil der diesjährigen Rekordgewinne der fünf größten westlichen Ölkonzerne, sprich 30 Milliarden Euro, floss allerdings in Aktien-Rückkaufprogramme . Dies stützt wiederum die Aktienkurse und wurde als Dividende an die Aktionäre ausgezahlt. Zur grünen Transformation trägt das allerdings nicht bei.