Klimaziele und Geldanlage Greenpeace kritisiert Vermögensverwalter
Mehrere Organisationen werfen großen deutschen Fondsgesellschaften vor, immer noch zu viel Geld in klimaschädliche Geschäfte zu investieren. Dabei hätten sie große Macht, Konzerne zum Umdenken zu bewegen.
Der Vorwurf wiegt schwer: Deutschlands größte Vermögensverwalter steckten trotz ihrer Klimaversprechen 13 Milliarden Euro in den Ausbau fossiler Brennstoffe, heißt es in einer neuen Studie von Greenpeace, urgewald und Reclaim Finance. Die Nichtregierungsorganisationen werfen den vier großen deutschen Vermögensverwaltern Allianz Global Investors (AGI), Deka Investments, Union Investment und DWS vor, immer noch massiv in expandierende fossile Energieunternehmen zu investieren.
Mauricio Vargas, Finanzexperte von Greenpeace sagte gegenüber tagesschau.de: "Was wir kritisieren ist, dass die vier Vermögensverwalter einerseits vollmundige Versprechen in Richtung Klimaschutz abgeben, das 1,5-Grad-Ziel hochhalten, aber in ihrer täglichen Anlagepraxis viel zu wenig tun, um dieses Ziel zu erreichen."
"Alle Anlagen stehen im Fokus"
Henrik Pontzen, Leiter der Nachhaltigkeit im Portfoliomanagement bei Union Investment, kritisiert die Untersuchung als irreführend. Sie suggeriere, dass es um nachhaltige Geldanlagen gehe. "Tatsächlich stehen hier aber alle Anlagen im Fokus. Und wenn man mal einen Blick auf die Größenordnung wirft: Von den 400 Milliarden, die Union Investment investiert, behauptet die Studie, dass zwei Milliarden Euro nicht klimakompatibel investiert seien."
Die Gesamtsumme, die die vier größten deutschen Fondsgesellschaften angelegen, wird auf mehr als 2 Billionen Euro beziffert. Wenn davon 13 Milliarden Euro in klimaschädliche Unternehmen flössen, sei das zwar immer noch viel Geld, so Pontzen - aber nur 0,6 Prozent des gesamten Anlagevermögens.
Noch mehr Investitionen zweifelhaft?
Greenpeace-Volkswirt Vargas will das so nicht stehen lassen. Man dürfe nicht daraus schließen, dass die restlichen 99,4 Prozent im Einklang mit den Pariser Klimazielen investiert seien. "Wir identifizieren in der Studie nur die Investitionen, die gemäß der Wissenschaft eindeutig nicht mehr in die Portfolien von Vermögensverwaltern gehören, die sich zu Paris bekennen. Aber darüber hinaus gibt es noch viele weitere Investments in dunkelgrauen Tönen, über die man auch nachdenken muss."
Pontzen zufolge hat sich Union Investment, die Investmentgesellschaft der DZ Bank, klare Klimaziele gesetzt: Ab 2025 wolle man nur noch in Unternehmen investieren, die sich vollständige, langfristige Klimaziele gegeben haben. Auch investiert Union Investment nach eigenen Angaben schon jetzt nicht mehr in Konzerne, die den Kohleausbau weiter fördern.
DWS arbeitet an einer Haltung zur Kohle
So klare Bekenntnisse fehlen von anderen großen Anbietern wie der DWS. Die Initiatoren der Studien vermissen bei der Fondsgesellschaft der Deutschen Bank allgemeine Auflagen zur Beschränkung von Investitionen in Kohleunternehmen. Das Unternehmen teilte auf Anfrage des ARD-Börsenstudios mit, derzeit arbeite die DWS "an einer Kohle-Policy". Diese solle mit den Anforderungen und dem Zeitrahmen der Science Based Targets Initiative (SBTi) übereinstimmen - einer 2015 gegründeten Initiative, die Konzernen wissenschaftlich orientierte Klimaziele ermöglichen soll.
Aktuell ist die DWS laut der Auswertung von Greenpeace und Co. mit einem Umfang von 7,5 Milliarden Euro die Fondsgesellschaft in Deutschland, die auf die größten klimaschädlichen Investitionen kommt.
"Nachhaltigkeit ist ein Prozess"
Nachhaltigkeits-Fondsmanager Pontzen von Union Investment plädiert für eine breiteres Verständnis von Investitionen in Nachhaltigkeit. "Die einen sagen Nachhaltigkeit ist ein Zustand, man darf nur in Unternehmen investieren, die jetzt schon nachhaltig sind. Und die anderen sagen: Nachhaltigkeit ist ein Prozess, wir müssen in die Unternehmen investieren, die sich glaubwürdig transformieren und dadurch dazu beitragen, dass wir überhaupt eine nachhaltige Zukunft erreichen können."
Kritiker erwarten indes von Vermögensverwaltern, dass sie Konzerne noch stärker zum Umdenken zu bewegen. "Es ist ja so, dass die größten Eigentümer der aktiennotierten Unternehmen die Vermögensverwalter sind", so der Greenpeace-Experte Mauricio Vargas. "Und insofern haben sie enormen Einfluss auf die Unternehmen."