Wirtschaftspolitik der Ampel Ein Thema - zwei Gipfel
Die Ampel streitet weiter über die Wirtschaftspolitik: Am Dienstag will der Kanzler mit Industrievertretern sprechen - nun kündigt die FDP ein eigenes Wirtschaftstreffen am selben Tag an. Die Union spricht von "Gipfel-Inflation".
Um nach Lösungen für die anhaltende Konjunkturflaute zu suchen, haben führende Vertreter der Ampel-Koalition am kommenden Dienstag zu zwei Treffen mit Wirtschaftsvertretern eingeladen. Nach Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte auch die FDP-Fraktion für den Tag ein Spitzengespräch an. Das Treffen soll nur wenige Stunden vor dem Industriegipfel von Scholz stattfinden.
Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios hat die FDP-Bundestagsfraktion Arbeitgeberverbände (BDA), Industrie und Handelskammer (DIHK), Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) und Familienunternehmen in den Bundestag eingeladen.
Finanzminister und FDP-Chef Christian Lindner verteidigte die Veranstaltung als "eher komplementär" zum Kanzler-Termin. Die deutsche Wirtschaft sei nicht nur Industrie, sondern auch Mittelstand, Handwerk und freie Berufe. "Was spricht dagegen, wenn eine regierungstragende Fraktion sich mit anderen Teilen der deutschen Wirtschaft trifft?", so Lindner. Da sei die FDP frei und autonom in ihrer Entscheidung.
Scholz: "Müssen wegkommen von den Theaterbühnen"
Unterdessen rief Scholz alle Beteiligten dazu auf, an einem Strang zu ziehen. "Es muss um ein großes Miteinander gehen", sagte er während seines Indien-Besuchs auf die Frage einer Journalistin nach den unterschiedlichen Initiativen in seiner Regierung für Wirtschaftshilfen. "Wir müssen wegkommen von den Theaterbühnen. Wir müssen wegkommen davon, dass irgendetwas präsentiert und vorgeschlagen wird, was dann gar nicht von allen akzeptiert und angenommen wird."
Es dürfe nicht darum gehen, sich gegenseitig vorzuführen, sondern man müsse gemeinsam nach einem Konsens suchen, sagte Scholz. Er wolle etwas erreichen, "worauf man sich unterhaken kann". Alle müssten sich gemeinsam "sehr bewegen", damit Dinge vorankommen, sagte Scholz.
Er verteidigte dabei seine Entscheidung, ohne Habeck und Lindner mit den Wirtschaftsvertretern zu sprechen. Er führe regelmäßig solche Gespräche, dies sei seine Aufgabe als Bundeskanzler, sagte er. "Das schließt ja andere nicht aus - weder ihre Aktivitäten noch aus dem gemeinsamen Handeln der Bundesregierung".
Steuerschätzung veröffentlicht
Lindner hatte am Donnerstag das Ergebnis der Herbststeuerschätzung verkündet. Für Bund, Länder und Gemeinden insgesamt wird für 2025 mit 12,7 Milliarden Euro weniger Steuereinnahmen gerechnet als vor einem halben Jahr prognostiziert. Habeck forderte daraufhin eine rasche Umsetzung der Wachstumsinitiative der Ampel-Regierung. Zuvor hatte er einen milliardenschweren "Deutschlandfonds" vorgeschlagen, um etwa Handwerksbetriebe und mittelständische Firmen zu fördern.
Lindner kritisierte daraufhin, dass sich Habeck und Scholz nicht mit ihm abgestimmt hätten. "Wir reden miteinander, aber diese Vorschläge kenne ich nicht", sagte er am Donnerstagabend im ZDF. In der Wirtschaft entstehe durch ein solches Vorgehen Unsicherheit. Im Interview mit den ARD-tagesthemen sagte der Minister, dass sich in diesem Herbst zeigen werde, "ob wir als Koalition zusammenkommen".
Union: "Gipfel-Inflation"
Scharfe Kritik am erneuten Ampel-Streit kommt aus der Union. "Es wird immer absurder: Gipfel-Konkurrenz in der Bundesregierung", erklärte die CDU-Wirtschaftspolitikerin Julia Klöckner. "Mit der Gipfel-Inflation wird aber nicht ein Problem gelöst." Es fehle nur noch, dass Habeck zu einem dritten Wirtschaftsgipfel am Dienstag einlade. Die Wirtschaft habe für "solche zeitraubenden und nutzlosen Spielchen ohne Umsetzungsergebnisse" keine Zeit mehr.