Solarparks auf Ackerland Sonne statt Kuh
Nach Dürre und Starkregengüssen suchen immer mehr Landwirte nach einem Ausweg für ihre kriselnden Betriebe. Sie treffen auf Investoren, die Solarparks bauen wollen. Kritiker warnen vor dem Verlust von Anbauflächen.
Woche für Woche haben den Brandenburger Landwirt Detlef Ebert Anfragen erreicht von Investoren, die Flächen für neue Solarparks suchen. Mit einem von ihnen ist sich der Geschäftsführer der Agrargenossenschaft Stölln im Havelland einig geworden: 120 Hektar seiner Äcker will er verpachten für den Bau einer Photovoltaikanlage. Etwas für die erneuerbaren Energien zu tun, sei das eine, sichere Einnahmen für die nächsten 30 Jahre das andere - und das noch unabhängig vom Wetter, sagt der Landwirt. Insgesamt bewirtschaftet die Agrargenossenschaft 2200 Hektar und hält 750 Milchkühe. Vor dem Beginn des Milchpreisverfall 2014 waren es 1050. Neben dieser Krise sorgten der verregnete Sommer 2017 und die folgenden Dürrejahre für erhebliche Verluste. In diesem Sommer rechnet Ebert zwar mit schwarzen Zahlen, doch stark gestiegene Energiepreise und zusätzliche Umweltauflagen trieben seine Kosten nach oben. Die Pachteinnahmen durch die Solaranlage könnten ihm helfen, weiter Milch zu produzieren.
Äcker für Nahrungsmittelproduktion fallen weg
Die stark gefallenen Preise für Solarmodule haben unter anderem dazu geführt, dass sich eine Photovoltaikanlage rechnet - auch ohne Förderung. Der Investoren-Run auf Flächen kommt den Landwirten gerade recht, die nach alternativen Verwertungsmöglichkeiten für ihre brachliegende oder minderwertigen Böden suchen. Kritische Stimmen unter den Bauern und Umweltverbänden warnen vor einem unwiederbringlichen Verlust an landwirtschaftlichen Flächen. Ackerland sollen der Nahrungs- und Futtermittelproduktion dienen, fordert der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND) Brandenburg. Für die Photovoltaikanlagen müssten konsequent Dachflächen genutzt werden.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hatte sich 2014 auch noch konsequent gegen die Errichtung von Solaranlagen auf Acker- und Grünland ausgesprochen. Mittlerweile sucht der Verband nach Möglichkeiten, den Streit um Boden zu entschärfen; etwa, indem er für die Agri-Photovoltaik wirbt: eine Technologie, entwickelt vom Frauenhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE). Sie ermöglicht es, auf den Flächen synergetisch sowohl Strom zu produzieren, als auch Getreide, Obst, Gemüse oder auch Wein anzubauen.
Skepsis in den Gemeinden
Den Bau von Solaranlagen auf den Ackerflächen zu genehmigen, das ist Sache der Kommunen. So werden Ortsbürgermeister und Gemeindevertreter mit entsprechenden Anfragen und Anträgen mancherorts regelrecht überschüttet. Sie fordern Hilfestellung vom Land: verbindliche Kriterien solle es geben, für die Größe etwa, den Bau und Umweltauflagen. Einige Bundesländer haben bereits reagiert. So will Bayern derzeit 200 solcher Projekte pro Jahr zulassen und Mecklenburg-Vorpommern jährlich maximal 5000 Hektar Ackerland für Solarparks freigeben. Das Brandenburger Landwirtschaftsministerium hat eine vorläufige Handlungsempfehlung für Kommunen herausgegeben, wo und wie solche Anlagen errichten werden dürfen.
In Stölln hat die Mehrheit der Gemeindevertreter dem Solar-Investor erst einmal erlaubt, seinen Bau zu planen. Allerdings ist der zuständige Bürgermeister Wolfgang Nitsche gegen das Projekt: Photovoltaik ja, aber nicht um jeden Preis. Er sieht die touristische Entwicklung beeinträchtigt. Die vorgesehene Fläche sei viel zu groß und befinde sich unmittelbar am historischen Flugplatz, der Attraktion von Stölln. Hier ist einst der Flugpionier Otto Lilienthal gestartet und gelandet. Auch liegt der Acker in einem Landschaftsschutzgebiet, so der Bürgermeister. Hier dürfe laut der Handlungsempfehlung des Landwirtschaftsministeriums sowieso keine Solaranlage genehmigt werden.
Entscheiden müsse das die Gemeinde, hält Landwirt Ebert dagegen. Die 120 Hektar seien gerade einmal fünf Prozent seiner Ackerflächen und wenig ertragreich. Auch soll die Solaranlagenfläche von einer Hecke umgeben sein und Gras gesät werden, damit sie sich als Weidefläche nutzen lässt. Die Planungen in Stölln haben gerade erst begonnen und werden wohl noch für manche Kontroverse unter den Dorfbewohnern sorgen. Wann eine Entscheidung für oder wider die Solaranlage getroffen werden kann, ist noch offen.