Turbulenz
Wie entstehen Windböen?
Eine besondere Eigenschaft des Windes ist seine Böigkeit. Darunter versteht man kurzzeitige Schwankungen der Stärke und auch der Richtung des Windes. Böen können sehr überraschend auftreten, obwohl es kurz zuvor fast windstill war. Nach einigen Sekunden ist der Spuk dann wieder vorbei - bis zur nächsten Böe. Diese Windstöße haben verschieden Ursachen.
Um die mittlere Windgeschwindigkeit zu bestimmen, wird diese über einen Zeitraum von zehn Minuten gemessen und dann gemittelt. Innerhalb dieser Zeit kann die Geschwindigkeit mitunter um 30 Prozent um den Mittelwert schwanken, und auch die Richtung kann sich kurzfristig sogar umkehren. Treten keine Böen auf, so nennt man die Strömung laminar und der normalerweise unsichtbare Verlauf der vom Wind bewegten Luftteilchen ist schön geordnet. In einem Windkanal erkennt man die laminare Strömung an dem parallelen Verlauf der sichtbar gemachten Strömungslinien.
Stellt man jedoch ein Hindernis auf, so verwirbelt die Luft hinter diesem und strömt chaotisch mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten in unterschiedliche Richtungen. Das ist eine Form der Turbulenz. Am Erdboden passiert vergleichbares, wenn die Luftströmung durch Bäume, Häuser oder Hügelkuppen gestört wird. Hierbei bilden sich häufig auch Wirbel aus, deren Rotationsachse waagerecht steht. Diese sogenannten Lee-Wirbel fallen je nach Beschaffenheit der Hindernisse, was auch als Rauigkeit bezeichnet wird, sehr unterschiedlich aus, wodurch sich eine entsprechende Böigkeit ausprägt.
Bei Schauern und Gewittern treten starke vertikale Windgeschwindigkeiten auf. In einer stabil geschichteten Atmosphäre liegt die Auf- bzw. Abstiegsgeschwindigkeit typischerweise im Bereich von Zentimetern pro Sekunde, bei starken Gewittern können Auf- und Abwinde mit über 30 Metern pro Sekunde auftreten. Da die Windgeschwindigkeit aufgrund fehlender Bodenreibung mit der Höhe zunimmt, gelangt so also Luft höherer Geschwindigkeit nach unten, wird quasi „herunter gemischt“ und beschleunigt dort vorhandene langsamere Luftpakete kurzzeitig, was ebenfalls zur Böigkeit beiträgt.
Schließlich kann auch die Luftströmung in der freien, also ungestörten Atmosphäre instabil werden und somit von einem laminaren zu einem turbulenten Zustand wechseln. Dieses Phänomen kann man auch am Rauch einer brennenden Zigarette beobachten, der zunächst geordnet aufsteigt und sich dann plötzlich chaotisch verwirbelt. Ausschlaggebend für das Auftreten dieser Art von Turbulenz ist die Geschwindigkeit der Strömung. Überschreitet sie einen kritischen Wert, so entsteht abrupt turbulentes Verhalten. Die kritische Grenzgeschwindigkeit hängt vom Verhältnis der Trägheits- zu den Zähigkeitskräften des betrachteten Gases oder der Flüssigkeit ab.
Die exakte Beschreibung der Turbulenz ist nach wie vor ein ungelöstes Problem, und deren Komplexität veranlasste den britischen Mathematiker und Physiker Horace Lamb (1849 bis 1934) zu folgendem Ausspruch: „Wenn ich in den Himmel kommen sollte, erhoffe ich Aufklärung über zwei Dinge: Quantenelektrodynamik und Turbulenz. Was den ersten Wunsch betrifft bin ich recht zuversichtlich.“