Krieg gegen die Ukraine ++ Kiews Militärführung spricht von schwieriger Lage ++
Die Situation an der Front habe die Tendenz, sich zu verschlechtern, so Ukraines Oberbefehlshaber Syrskyj. NATO-Generalsekretär Stoltenberg lobt im ARD-Interview das deutsche Engagement in der Ukraine. Die Entwicklungen vom Samstag zum Nachlesen.
- Ukrainischer Kommandeur: Lage an Front schwierig
- Ukrainischer Minister spricht von Angriffen auf Energieinfrastruktur
- Stoltenberg verteidigt Waffenlieferungen
Ende des Liveblogs
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Selenskyj beklagt russische Angriffe auf Gas-Transitnetz
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat russische Angriffe auf das Gas-Transitsystem des Landes beklagt. Es seien Objekte angegriffen worden, über die Gas durch die Ukraine in die Europäische Union geleitet werde, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. Ungeachtet des seit mehr als zwei Jahren andauernden russischen Angriffskriegs fließt weiter russisches Gas durch das Land - wenn auch in viel geringeren Mengen.
Zuvor hatte auch der staatliche Gaskonzern Naftogaz russische Attacken gegen das Durchleitungsnetz beklagt, ohne Details zu nennen. Das Unternehmen hatte zuletzt mitgeteilt, von 2025 an - die aktuellen Verträge mit dem russischen Staatskonzern Gazprom laufen zum Jahresende aus - kein russisches Gas mehr in Richtung Westen durchzuleiten. Empfänger sind vor allem Länder ohne Zugang zum Meer, die nicht auf Flüssigerdgas (LNG) umstellen können.
Russland hatte in der Nacht die Ukraine erneut mit Raketenangriffen überzogen und dabei vor allem Energieanlagen ins Visier genommen. Vier Wärmekraftwerke wurden beschädigt, wie das Energieunternehmen DTEK mitteilte.
Russland: 35 Langstrecken-Angriffe binnen einer Woche
Russland hat nach eigenen Angaben seit Samstag vor einer Woche 35-mal ukrainische Einrichtungen der Energieversorgung, der Bahn und der Luftverteidigung sowie Munitionslager angegriffen. Die Angriffe vom 20. bis 27. April seien mit Langstreckenwaffen von Land und von See ausgeführt worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Es bezeichnete die Angriffe als Vergeltung für ukrainische Drohnenangriffe auf russische Ölraffinierien und andere Einrichtungen der Energieversorgung.
Scholz verteidigt "Taurus"-Linie
Zum Auftakt des Europawahlkampfs der SPD hat Bundeskanzler Olaf Scholz seinen "Kurs der Besonnenheit" im Ukraine-Krieg verteidigt. "Ich wundere mich, wenn einige sagen, besonnene Politik ist nicht richtig", so der Kanzler bei einer Großkundgebung in seiner Heimatstadt Hamburg. "Wir machen das Meiste, aber wir machen es klug abgewogen, zum richtigen Zeitpunkt und mit aller Konsequenz."
Scholz sage, dass Deutschland unter seiner Führung als - wie es von ihm hieß - größter Waffenlieferant weiter an der Seite der Ukraine stehen, aber eine direkte Konfrontation der NATO mit Russland vermeiden werde. "Denjenigen, die sich Sorgen machen, die Angst haben, denen sage ich: Sie können sich darauf verlassen, dass egal, wie die Debatten jeweils laufen, der deutsche Bundeskanzler, die von mir geführte Regierung, den Kurs der Besonnenheit, den Kurs, abgewogen zu handeln und Frieden und Sicherheit in Europa zu gewährleisten, nicht verlassen werden."
Russland verlängert Umtauschpflicht für Exportfirmen
Zur Stützung des Rubels sollen Russlands wichtigste Exportunternehmen ihre Einnahmen in Devisen weiterhin weitgehend in die Landeswährung umtauschen müssen. Die Regelung, die für 43 große russische Unternehmen im Bereich Rohstoffe gilt, sei bis April 2025 verlängert worden, teilte die Regierung in Moskau mit. Sie müssen demnach mindestens 80 Prozent ihrer Einnahmen in ausländischen Devisen in Rubel eintauschen. Statt bislang 90 Tage bekommen sie dafür nun aber 120 Tage Zeit.
"Diese Entscheidung wird dazu beitragen, die Wechselkurs-Stabilität und die Widerstandskraft des russischen Finanzmarkts zu erhalten", begründete die Regierung die Maßnahme. Diese war im Februar 2022 eingeführt worden. Kurz zuvor hatte der Westen wegen der russischen Offensive in der Ukraine russische Devisenreserven in Höhe von fast 300 Milliarden US-Dollar (280 Milliarden Euro) eingefroren und Russland aus dem internationalen Bankensystem Swift ausgeschlossen.
Rasmussen: Unverständnis der USA über deutsche "Taurus"-Linie
In den USA herrscht nach Angaben des früheren NATO-Generalsekretärs Anders Fogh Rasmussen Unverständnis darüber, dass die Bundesregierung weiterhin eine Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine ablehnt. "Weder in der US-Regierung noch in republikanischen Kreisen gibt es Verständnis dafür, dass Deutschland weiter die Lieferung von 'Taurus' verweigert", sagte Fogh Rasmussen der "Welt am Sonntag". Der Däne sondiert demnach derzeit in Washington im Auftrag des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj Pläne für eine neue Sicherheitsstrategie. Diese solle Mitte Mai vorgestellt werden.
Strack-Zimmermann kritisiert NATO-Entscheidung
Die FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, hat das Vorgehen der NATO unmittelbar nach der russischen Invasion der Ukraine kritisiert. "Es war ein Fehler der NATO, von Beginn des russischen Angriffs an den Wunsch der Ukrainer, eine No-Fly-Zone über der Ukraine einzurichten, abzulehnen", sagte Strack-Zimmermann auf dem FDP-Bundesparteitag in Berlin. Die NATO hatte sich zu Beginn des Krieges im Februar 2022 verweigert, den ukrainischen Luftraum zu sichern, weil damit eine direkte Konfrontation des transatlantischen Bündnisses mit Russland gedroht hätte.
Strack-Zimmermann indes sagte, aktuell frage die ukrainische Führung die Verbündeten zu Recht, warum Israel gegen einen Luftangriff des Iran geschützt werden könne, das von Russlands Präsident Wladimir Putin aber täglich angegriffene Land nicht. Strack-Zimmermann kritisierte zudem: "Es ist ein Fehler, es immer wieder öffentlich zu betonen, was wir nicht bereit sind zu tun, weil wir für Putin komplett berechenbar geworden sind."
Ukrainischer Kommandeur: Lage an Front schwierig
Der ukrainische Oberkommandierende Olexander Syrskyj hat die operativ-strategische Lage an der Front im Kampf gegen den russischen Angriffskrieg als schwierig bezeichnet. Die Situation habe die Tendenz, sich zu verschlechtern, teilte der Befehlshaber im Nachrichtenkanal Telegram mit. Darüber habe er mit anderen Teilnehmern Kiews beim virtuellen Treffen der US-geführten Ukraine-Kontaktgruppe am Vortag die westlichen Verbündeten unterrichtet.
Syrskyj informierte demnach auch über die Vielzahl an russischen Luftschlägen gegen die Energieinfrastruktur des Landes. Die Ukraine brauche für ihre Verteidigung dringend und zeitnah Raketen, Munition, militärische Ausrüstung und Kampftechnik. Dabei dankte er einmal mehr auch den USA für ihre Hilfe.
Derweil berichteten die russischen Streitkräfte, dass sie nach der Einnahme einzelner Ortschaften im Gebiet Donezk nun tief in die Verteidigung der ukrainischen Armee eingedrungen seien. Die Angaben waren nicht überprüfbar. Allerdings hatten auch westliche Militärexperten den russischen Truppen zuletzt einzelne taktische Erfolge bescheinigt.
Weitere U-Haft nach Moskauer Anschlag angeordnet
In Zusammenhang mit dem tödlichen Anschlag auf eine Moskauer Konzerthalle hat ein Gericht in der russischen Hauptstadt Untersuchungshaft gegen einen weiteren Verdächtigen angeordnet. Der Tadschike solle bis 22. Mai im Gefängnis bleiben, teilte das Stadtgericht über die App Telegram mit. Ihm werde vorgeworfen, die mutmaßlichen Haupttäter mit Kommunikationsmitteln und Geld versorgt zu haben.
Die staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti meldete, der Verdächtige sei wohl am 11. April festgenommen worden. Die Behörden hätten ihn dann für 15 Tage unter dem Vorwurf des Rowdytums festgehalten. Das unabhängige Medienportal Mediasona schrieb, dies sei die übliche Praxis russischer Sicherheitskräfte, jemanden festzuhalten, während eine Strafanklage gegen ihn vorbereitet wird.
Zu dem Anschlag bekannte sich ein Ableger der Terrorgruppe Islamischer Staat. Die russische Führung bis hinauf zu Präsident Wladimir Putin hat aber wiederholt behauptet, die Ukraine und der Westen hätten bei dem Anschlag eine Rolle gespielt. Beweise legten sie nicht vor. Die Ukraine weist die Vorwürfe zurück.
Scholz schließt "Taurus"-Lieferung weiterhin aus
Auf einer SPD-Veranstaltung in Lüneburg hat Bundeskanzler Olaf Scholz die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine weiterhin ausgeschlossen. Das Waffensystem sei so effektiv und präzise, dass man "direkt ein Wohnzimmer ansteuern" könne, so Scholz. "Das ist nur verantwortlich, wenn wir die Kontrolle über die Zielsteuerung behalten", betonte der SPD-Politiker. "Wenn wir das täten, wären wir beteiligt an dem Krieg."
Scholz verwies darauf, dass Deutschland auch ohne eine "Taurus"-Lieferung der größte europäische Waffenlieferant der Ukraine sei.
Lindner: Ukraine als erste Verteidigungslinie gegen Putin
Beim Bundesparteitag der FDP in Berlin machte Vorsitzender Christian Linder deutlich, dass der Abwehrkampf der Ukraine gegen Russland auch im deutschen Interesse liege. Die Ukraine sei Deutschlands erste Verteidigungslinie gegen Putin. Kremlchef Wladimir Putin habe die Ukraine angegriffen - "er meint aber uns alle und unsere Lebensweise", so Lindner.
Stoltenberg verteidigt Waffenlieferungen
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich im Interview mit dem ARD-Hauptstadtstudio zuversichtlich gezeigt, dass die Ukraine den russischen Angriff noch abwehren kann. Er verwies auf neue milliardenschwere Hilfen aus den USA, auf zusätzliche Unterstützung aus Europa und auf die Standhaftigkeit der ukrainischen Verteidiger.
"Wir haben die Tapferkeit und den Mut der ukrainischen Streitkräfte gesehen", so Stoltenberg. Zu Beginn des Kriegs hätten die meisten Fachleute damit gerechnet, dass die russischen Invasoren die Ukraine innerhalb von Wochen besiegen würden. Doch die Verteidiger hätten einen Großteil der Gebiete zurückerobert, die Russland zeitweise besetzt hatte. "Was sie jetzt brauchen, ist mehr Hilfe von uns - und dann werden sie in der Lage sein, sich zu behaupten."
Befürchtungen, durch die Militärhilfen für die Ukraine könnten NATO-Länder wie Deutschland in den Konflikt hineingezogen werden, entgegnete Stoltenberg, Russland führe einen Angriffskrieg. Die Ukraine habe das Recht, sich zu verteidigen - und die westlichen Verbündeten, das attackierte Land zu unterstützen. "Keine Option ist ohne Risiko, wenn man einen Nachbarn wie Russland hat", der bereit sei, zur Erreichung seiner Ziele militärische Gewalt anzuwenden und ein anderes Land zu überfallen. Das größte Risiko erkenne er darin, das russische Regime gewähren zu lassen, weil sich Moskau in diesem Fall in seiner aggressiven Politik bestätigt sehen würde.
Das Engagement Deutschlands für die Ukraine lobte Stoltenberg ausdrücklich. "Deutschland ist der europäische Verbündete, der der Ukraine die meiste militärische Unterstützung zukommen lässt." Als Beispiele nannte er Kampfpanzer, Luftverteidigungssysteme, Artillerie und Munition. "Deutschland geht mit gutem Beispiel voran", findet der NATO-Generalsekretär. In die Diskussion über eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern aus Deutschland an die Ukraine mische er sich nicht ein. Er wolle einzelnen Verbündeten keine öffentlichen Ratschläge erteilen, sagte Stoltenberg.
Schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Offenbar Hausarrest für russischen "Forbes"-Journalisten
In Russland ist ein Journalist der russischen Ausgabe des Magazins "Forbes" unter Hausarrest gestellt worden. Das habe ein Gericht angeordnet, meldete die staatliche Nachrichtenagentur RIA. Der Journalist Sergej Mingasow war nach Angaben seines Magazins am Freitag festgenommen worden. Ihm wird demnach vorgeworfen, "Fake News" über die russische Armee verbreitet zu haben.
Bericht: Ukraine will mehr als 800 weitere deutsche Aufklärungsdrohnen
Die Ukraine hat nach Informationen des "Spiegel" beim Sonderstab Ukraine des Bundesverteidigungsministeriums weitere 812 Aufklärungsdrohnen angefragt.
Demnach geht es dabei um Vector-Drohnen des deutschen Herstellers Quantum Systems aus München. Mittlerweile seien bereits 212 davon ins Kriegsgebiet geliefert worden. Von ihnen seien rund 70 Prozent noch im Einsatz, etwa ein Drittel sei verloren, sagte Quantum-Mitgründer Florian Seibel dem Spiegel.
Erst in der vergangenen Woche hatte Quantum Systems im Beisein von Wirtschaftsminister Robert Habeck in der Ukraine eine zweite Niederlassung eröffnet, in der beschädigte Drohnen repariert und neue hergestellt werden sollen.
Ukrainisches Militär: 21 von 34 Raketen abgeschossen
Die ukrainische Luftwaffe hat nach eigenen Angaben in der Nacht 21 von 34 von Russland abgefeuerte Raketen abgeschossen, wie Kommandeur Mykola Oleschuk mitteilte.
Minister spricht von Angriffen auf Energieinfrastruktur
Russland hat nach ukrainischen Angaben die Energieinfrastruktur in drei Regionen angegriffen und dabei Anlagen beschädigt. Mindestens ein Mensch wurde zudem verletzt, wie Energieminister Herman Halutschenko auf Telegram mitteilte.
Demnach seien die Angriffe auf die Region Dnipropetrowsk in der Zentralukraine und die westlichen Regionen Lviv und Iwano-Frankiwsk gerichtet gewesen.
Gouverneur: Drohnenangriff auf russisches Gebiet Krasnodar abgewehrt
Nach Angaben des Gouverneurs von Krasnodar hat Russlands Flugabwehr in der Nacht zum Samstag einen ukrainischen Drohnenangriff über dem südrussischen Gebiet abgewehrt. Vorläufigen Informationen zufolge seien mehr als zehn Drohnen in verschiedenen Bezirken abgefangen worden, teilte Weniamin Kondratjew in seinem Telegram-Kanal mit. Die Drohnen hätten demnach auf Ölraffinerien und Infrastruktureinrichtungen gezielt. Es habe weder Verletzte noch schwere Schäden gegeben, so der Gouverneur weiter. Einsatzkräfte seien dabei, Brände zu löschen, die von abstürzenden Trümmerteilen entfacht worden seien.
Heusgen: Scholz' Nein zu "Taurus" immer unverständlicher
Der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, hat Bundeskanzler Olaf Scholz angesichts der US-Lieferung von ATACMS-Raketen an die Ukraine aufgefordert, sein Nein zur Abgabe von "Taurus"-Marschflugkörpern zu überdenken. "In dem Zusammenhang wird die Entscheidung des Kanzlers, die 'Taurus'-Raketen nicht an die Ukraine zu liefern, immer unverständlicher", sagte Heusgen den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.
"Wir erleben ja gerade, wie ähnliche US-Waffen - die ATACMS - große Wirkung entfalten." Es hätte längst mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten an dem 'Taurus'-System begonnen werden können, um es ohne Entsendung von Bundeswehrsoldaten zum Einsatz zu bringen, sagte Heusgen weiter. Stattdessen werde eine "gefühlte Ewigkeit" mit einer solchen Entscheidung gewartet.
Russischer Vize-Verteidigungsminister geht offenbar in Berufung
Einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge legen die Anwälte des stellvertretenden russischen Verteidigungsministers Timur Iwanow Berufung gegen eine gegen ihn angeordnete Untersuchungshaft ein. Ein russisches Gericht hatte am Mittwoch entschieden, dass Iwanow für zwei Monate in Untersuchungshaft muss, weil er verdächtigt wird, Bestechungsgelder angenommen zu haben. Russischen Medienberichten zufolge drohen dem 48-jährigen Iwanow bis zu 15 Jahre Haft.
Der Liveblog vom Freitag zum Nachlesen
Die USA haben ein neues milliardenschweres Militärhilfepaket für die Ukraine zugesagt. Wegen befürchteter russischer Angriffe lässt Kiew zwei Krankenhäuser evakuieren. Alle Entwicklungen vom Freitag zum Nachlesen.