Bundeswehr-Elitekommando KSK hat Personalprobleme
Das KSK findet nicht genug geeignete Soldaten. Das geht aus einem Schreiben des Verteidigungsministeriums hervor, das WDR und NDR vorliegt. Eine schwierige Situation, denn die Elitesoldaten sollen innerhalb der NATO bald mehr Aufgaben übernehmen.
Die Soldaten des Kommando Spezialkräfte (KSK) sind für die besonders gefährlichen Einsätze der Bundeswehr zuständig. Für Geiselbefreiungen im Ausland etwa, oder streng geheime Anti-Terror-Operationen. Die körperlichen und charakterlichen Anforderungen für die Eliteeinheit sind naturgemäß hoch.
Mit zahlreichen Werbemaßnahmen versucht die Bundeswehr dennoch seit Jahren, Personal für das KSK zu gewinnen. Offenbar mit eher mäßigem Erfolg. Das geht aus einem Schreiben des Verteidigungsministeriums hervor ("VS-Nur für den Dienstgebrauch"), das dem WDR und NDR vorliegt.
Demnach waren mit Stand 31. Mai von insgesamt rund 1.420 militärischen Dienstposten im KSK nur etwa 83 Prozent besetzt. Der Anteil an "dienstpostengerecht ausgebildeten Kommandofeldwebeln" liege mit ca. 67 Prozent "jedoch signifikant niedriger". Und das trotz der Tatsache, dass nach Vorwürfen des Rechtsextremismus eine Kommandokompanie aufgelöst und viele Soldaten in andere Kompanien versetzt worden waren.
Die Personalgewinnung sei "unzureichend", so das Ministerium, und bleibe "hinter den erforderlichen Umfängen zurück". Da in den kommenden Jahren zahlreiche Soldatinnen und Soldaten aus der Bundeswehr ausscheiden würden, sei absehbar, dass "mehr ausgebildete Kommandofeldwebel das KSK verlassen als neu gewonnen werden können".
Viele Bewerber, wenig Qualität
Die Situation könnte erhebliche Folgen für die multinationalen Verpflichtungen der Bundeswehr haben: Nach den Plänen der Bundesregierung soll Deutschland künftig die zweitgrößte Anzahl von militärischen Spezialkräften nach den USA innerhalb der NATO stellen.
In dem Schreiben des Ministeriums heißt es, die Anzahl der Bewerber und Teilnehmer am Potentialfeststellungsverfahren des KSK sei zwar "zuletzt erfreulich groß" gewesen. Allerdings sei die Zahl der Soldaten, die sich schließlich für die Kommandoausbildung qualifizieren konnten, zu gering gewesen, um den Bedarf zu decken.
Zudem, so heißt es weiter, sei für die Personalgewinnung das "wirtschaftliche Umfeld für das KSK“ ungünstig, da im Südwesten nahezu Vollbeschäftigung herrscht." Die Liegenschaft des KSK befindet sich in der Graf-Zeppelin-Kaserne im baden-württembergischen Calw.
KSK zuletzt skandalgeplagt
Das KSK war in den vergangenen Jahren wegen mehrerer Fälle von Rechtsextremismus, aber auch wegen unsachgemäßem Umgang mit Waffen und Munition in Verruf geraten. Bei einem KSK-Soldaten in Sachsen hatte die Polizei im Mai 2020 im Garten vergrabene Kisten entdeckt, in denen sich Schusswaffen, Granaten und allerlei andere Ausrüstungsgegenstände befanden.
Auch gegen den ehemaligen Kommandeur des KSK, Markus Kreitmayr, wurde ermittelt. Die Staatsanwaltschaft Tübingen hat den Soldaten mittlerweile angeklagt. Er soll den KSK-Angehörigen gestattet haben, unerlaubt entwendete Munition straffrei und anonym zurückzugeben.
Gros der Reformen umgesetzt
Die damalige Verteidigungsministerium Annegret Kramp-Karrenbauer hatte zudem im Jahr 2021 entschieden, die Zweite Kommandokompanie, in der es mehrfach rechtsextremistische Vorkommnisse gegeben hatte, aufzulösen. Gleichzeitig wurde eine umfassende Reform des KSK angekündigt und ein 60 Punkte umfassender Maßnahmenkatalog präsentiert.
58 Punkte davon seien inzwischen umgesetzt worden, so schreibt das Verteidigungsministerium, "quer durch alle Ebenen“ des KSK habe man sich von rechtsextremistischer Vorkommnissen und dem "Fehlverhalten einzelner Angehöriger des KSK" distanziert.
Reaktion auf enge Personallage geplant
Im Kommando Heer seien inzwischen mehrere Maßnahmen entwickelt worden, um die Personalsituation im KSK zu verbessern, so das Verteidigungsministerium in seinem Bericht. So sollen die regionale Personalgewinnung ausgebaut und virtuelle Formate zur Bewerbung intensiviert werden.
Außerdem sei eine "Entlastung im Grundbetrieb" vorgesehen, mit der "die Dienstzufriedenheit von Angehören der Spezialkräfte" gefördert werden solle. So wolle man künftig bei Kommandosoldaten, "die die jeweilige Kommandoverwendungsfähigkeit nachgewiesen haben, auf den zusätzlichen jährlichen Nachweis der körperlichen Leistungsfähigkeit sowie der individuellen Grundfertigkeiten verzichten".
Grund-Modernisierung des KSK
Das KSK soll zudem nach dem Wunsch des Verteidigungsministeriums insgesamt modernisiert und effektiver aufgestellt werden. Mehr als 120 Projekte seien etwa für die Weiterentwicklung der Spezialkräfte vorgesehen, die bis 2032 umgesetzt werden sollen.
Außerdem wurde das Einsatzführungskommando mit einer Studie zu den Spezialkräften der Bundeswehr beauftragt, bei der es darum gehen soll, vor allem Defizite bei Struktur und Aufstellung der Einheiten zu ermitteln. Erste Ergebnisse sollen in Kürze vorliegen.
In den vergangenen Jahren war das KSK vor allem in Afghanistan im Einsatz. Zuletzt bei der Evakuierungsoperation am Flughafen von Kabul nach dem Abzug der NATO-Truppen im August 2021. Seitdem, so heißt es im Papier des Verteidigungsministeriums, sei die "Einsatzbelastung des KSK (…) niedrig". Die Elitesoldaten sind jedoch weiterhin in anderen Ländern aktiv, etwa in Mali, in Tunesien oder Jordanien - dort hauptsächlich in Ausbildungsmissionen für einheimische Spezialkräfte.