Die Flagge Chinas weht vor der chinesischen Botschaft in Berlin.
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Nach Festnahme in Leipzig Wer ist die mutmaßliche Spionin?

Stand: 02.10.2024 14:04 Uhr

In Leipzig wurde eine Chinesin wegen Spionageverdachts  festgenommen. Wer ist die Frau - und welche Verbindung hat sie zu einem früheren Mitarbeiter des AfD-Politikers Maximilian Krah?

Von Florian Flade, WDR, und Sebastian Pittelkow, NDR

In dem Haus mit der Klinkerfassade, unweit des Leipziger Hauptbahnhofs, erinnert sich kaum jemand an Yaqi X. Unauffällig sei die zierliche Frau mit Brille aus dem vierten Stock gewesen, sagen Nachbarn. Sie habe oft nur kurz gegrüßt, spreche wohl kaum Deutsch. Seit zwei oder drei Jahren habe sie hier als Mieterin gewohnt, aber sonst wisse man eigentlich nichts über sie.

Auch im Internet finden sich kaum Spuren. In sozialen Netzwerken gibt es ein Foto von Yaqi X., aufgenommen wurde es auf einer Messe in Shanghai. Sie steht im Kreis von Kollegen vor einer Werbetafel, darauf in großen Buchstaben: "In Pole Position For You". So lautet der Slogan einer Logistikfirma, die am Flughafen Leipzig/Halle tätig ist. Für dieses Unternehmen hat sie in den vergangenen Jahren gearbeitet. Und hatte dabei offenbar auch Zugang zu sensiblen Informationen.

Mittlerweile sitzt die 38-jährige Chinesin in Untersuchungshaft. Der Generalbundesanwalt hatte Yaqi X. am Montag vom Bundeskriminalamt (BKA) in Leipzig wegen des Vorwurfs der geheimdienstlichen Agententätigkeit festnehmen lassen. Sie steht im Verdacht, "wiederholt Informationen zu Flügen, Fracht und Passagieren des Flughafens" weitergegeben zu haben, wie der Generalbundesanwalt mitteilte.

Informationen über Rüstungsgüter weitergegeben?

Nach Erkenntnissen des BKA und des Bundesamtes für Verfassungsschutz soll Yaqi X. von Mitte August 2023 bis Mitte Februar 2024 mehrfach Informationen über den Transport von Rüstungsgütern sowie Personen mit Verbindungen zu einem deutschen Rüstungsunternehmen an einen mutmaßlichen Mitarbeiter eines chinesischen Geheimdienstes übermittelt haben - und zwar an Jian G., früherer Mitarbeiter des AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah.

Jian G., der seit 2019 in Krahs Büro im Europäischen Parlament in Brüssel gearbeitet hatte, sitzt selbst in Untersuchungshaft: Der Deutsch-Chinese wurde Ende April in Dresden festgenommen und wird verdächtigt, für den chinesischen Auslandsgeheimdienst, das Ministerium für Staatssicherheit, gespitzelt und Informationen beschafft zu haben - unter anderen über chinesische Exil-Oppositionelle in Deutschland. Aber auch Informationen aus dem EU-Parlament soll G. nach China übermittelt haben.

In dem Ermittlungsverfahren gegen den einstigen Krah-Mitarbeiter, das im BKA den Namen "Gallus" trägt, kommt nun möglicherweise ein weiterer Vorwurf hinzu: Jian G. und Yaqi X. sollen sich seit Jahren kennen, heißt es aus Ermittlerkreisen.

Eine Art "Agentenführer"

Es bestehe der Verdacht, dass der damalige Krah-Mitarbeiter als eine Art "Agentenführer" tätig gewesen sein könnte und mit Unterstützung seiner Bekannten an brisante Informationen über den Rüstungskonzern Rheinmetall gelangt ist. Auch Details zu deutschen und US-amerikanischen Rüstungstransporten vom Flughafen Leipzig an die Ukraine und Israel sollen weitergegeben worden sein.

Auf die Spur von Yaqi X. sollen die Ermittler nach Informationen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung bereits vor der Verhaftung des früheren Krah-Mitarbeiters im Frühjahr 2024 gekommen sein. Ihr Kontakt zu Jian G. soll demnach durch die Überwachung seiner Telefon- und Internetkommunikation bekannt geworden sein. Allerdings stießen die Ermittler wohl erst nach G.s Festnahme durch die Auswertung der sichergestellten Handys auf konkrete Hinweise, dass die Chinesin ihm offenbar die besagten Informationen übermittelt hatte.

Yaqi X. seit 2015 in Deutschland

Yaqi X. war den deutschen Sicherheitsbehörden bis dato nicht aufgefallen. Sie lebt seit 2015 in Deutschland, soll seit einigen Jahren bei der Logistikfirma am Leipziger Flughafen gearbeitet haben, zuletzt im Kundendienst. Auch für diese Tätigkeit ist eine Sicherheitsüberprüfung notwendig, denn immerhin geht es um den Zugang zu sensiblen Daten über Fracht und Passagiere. Allerdings handelt es sich nur um eine einfache Personenabfrage in den Datenbanken der Behörden. Bei X. soll das erfolgt sein - allerdings ohne Ergebnis.

Die Firma, für die X. tätig ist, wollte sich auf Nachfrage nicht zu der Mitarbeiterin und aktuellen Spionagevorwürfen äußern. Ein Sprecher teilte lediglich mit: "Wir unterstützen vollumfänglich die Arbeit der Behörden."

Chinas Geheimdienste, allen voran das Ministerium für Staatssicherheit, spionieren in Deutschland nach Angaben des Verfassungsschutzes in nahezu allen Bereichen: Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Militär. Auch Rüstungsunternehmen wie Rheinmetall, für deren Mitarbeiter sich Yaqi X. interessiert haben soll, stehen im Fokus der chinesischen Spionage.

Ob Yaqi X. schon vor ihrer Auswanderung nach Deutschland mit chinesischen Geheimdiensten in Kontakt stand, ist bislang unklar. Ebenso, ob sie den ehemaligen Krah-Mitarbeiter und mutmaßlichen Spion Jian G. bereits in China kennengelernt hat.

Der Anwalt der verhafteten Chinesin wollte sich auf Nachfrage bislang nicht zu den Vorwürfen gegen seine Mandantin äußern. Er habe noch keine Akteneinsicht erhalten, ließ der Pflichtverteidiger mitteilen. Noch in dieser Woche soll Yaqi X. in die Justizvollzugsanstalt Chemnitz gebracht werden.