Beobachtung beim Verfassungsschutz Maaßen als Rechtsextremist abgespeichert
Das Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet Hans-Georg Maaßen und hat ihn als Rechtsextremisten gespeichert. Das ergeben Recherchen des ARD-Politikmagazins Kontraste und des Nachrichtenportals "t-online".
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat seinen ehemaligen Präsidenten Hans-Georg Maaßen im nachrichtendienstlichen Informationssystem des Verfassungsschutzes im Bereich Rechtsextremismus gespeichert.
Maaßen gilt damit für den Verfassungsschutz auch als Beobachtungsobjekt. Das ergeben gemeinsame Recherchen des ARD-Politikmagazins Kontraste und des Nachrichtenportals "t-online".
Umfangreiches Material zu Maaßen
Laut den Recherchen liegt beim BfV eine umfangreiche Materialsammlung zu Maaßen vor. Deren Auswertung habe dazu geführt, ihn im Bereich Rechtsextremismus zu speichern. Das BfV wollte mit Verweis auf Persönlichkeitsrechte dazu keine Stellungnahme abgeben.
Kurz nach einer Anfrage mit entsprechenden Fragen von "t-online" und Kontraste an Maaßen ging dieser offenbar selbst an die Öffentlichkeit. Ein ihm nahestehender Blogger zitierte aus einem Schreiben des Amts an Maaßen. Auf 20 Seiten zitiert der Verfassungsschutz darin u.a. Äußerungen von Maaßen. Maaßen veröffentliche das Schreiben inzwischen selbst auf seiner Homepage.
Gegenüber "Tichys Einblick" sagte er, die Vorwürfe seien substanzlos und ungerechtfertigt. Das sei ein Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung durch die Bundesinnenministerin. Eine Anfrage von "t-online" und Kontraste ließ Maaßen zunächst unbeantwortet.
Auch Parlamentarier sind informiert
Über die Speicherung Maaßens wurden nach Recherchen von Kontraste und "t-online" unlängst auch zuständige Abgeordnete des Deutschen Bundestages in geheimer Sitzung informiert. Maaßen selbst soll bereits seit einigen Tagen Kenntnis von dem Vorgang haben. Zuvor hatte er beim BfV ein Auskunftsersuchen über Daten gestellt, die zu seiner Person beim Inlandsnachrichtendienst gespeichert sind.
Schon im August vergangenen Jahres hatte Maaßen im Gespräch mit der Zeitung "Die Welt" gemutmaßt, dass das BfV einen Vorgang über ihn angelegt habe. Damals war bekannt geworden, dass die Behörde eine sogenannte Erkenntnisanfrage zu Maaßen an die Staatsschutzabteilung des Bundeskriminalamtes (BKA) gestellt hatte. Solche Anfragen dienen dem Informationsaustausch zwischen Behörden.
Im Streit abberufen
Der Jurist Maaßen hatte das BfV von 2012 bis 2018 geleitet. Danach wurde er im Streit um Äußerungen über "Hetzjagden" in Chemnitz und die Asylpolitik der Bundesregierung in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Seitdem ist der frühere Spitzenbeamte wiederholt mit verschwörungsideologischen und radikal rechten Äußerungen aufgefallen.
Verbreitung antisemitischer Stereotype
Bereits im Juni 2021 hatte Stephan Kramer, der Präsident des Thüringer Landesamts für Verfassungsschutz, Maaßen vorgeworfen, mit "antisemitischen Stereotypen auf Stimmenfang" zu gehen.
Maaßen hatte damals als CDU-Direktkandidat in Thüringen für die Bundestagswahl kandidiert. Im Wahlkampf prangerte er "Wirtschaftsglobalisten" an, die versuchen würden, den globalen Reichtum auf einige Tausend Familien zu konzentrieren und die Nationalkulturen der Menschen zu zerstören. Der Begriff Globalisten wird häufig in rechtsextremen Kreisen als antisemitische Chiffre genutzt.
Maaßen vergleicht Migranten mit Krebserkrankung
Erst im November 2023 sprach Maaßen in einem Interview mit dem rechtsgerichteten Schweizer Magazin "Weltwoche" von einer "ungesteuerten, millionenfachen Ansiedlung von Ausländern aus kulturfremden Regionen" und setzte diese metaphorisch mit einer Krebserkrankung gleich.
Unter der Überschrift "Chemotherapie für Deutschland" forderte er "schmerzhafte Operationen", um diese Ansiedlung rückabzuwickeln: "Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass dies nicht mehr mit Pülverchen und Mistel-Therapie möglich ist." Das rechtsextreme "Compact-Magazin" lobte Maaßen daraufhin, er habe "einen Ton angeschlagen, den sich noch nicht einmal AfD-Politiker getrauen würden".
Trennung von der CDU
Wegen Maaßens anhaltender Grenzüberschreitungen hatte die CDU-Spitze vor einem knappen Jahr ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet. Zur Begründung hieß es, dass Maaßen immer wieder "Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen" gebrauche.
Maaßen wiederum trat im Januar selbst aus der CDU aus. Der von ihm geführte, rechts-konservative Verein "Werteunion" formiert sich derzeit als eigenständige Partei.
Maaßen droht Entlassung aus dem Staatsdienst
Die Beobachtung und Einstufung durch den Verfassungsschutz könnte für den 61-jährigen Maaßen nun erhebliche persönliche Folgen haben. Erst kürzlich wurden die Anforderungen zur Verfassungstreue von politischen Beamten im einstweiligen Ruhestand verschärft.
Das Gesetz tritt jedoch erst zum 1. April in Kraft. Es sieht disziplinarrechtliche Konsequenzen vor, wenn sich politische Beamte nicht durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen.
Ein solches Disziplinarverfahren müsste Maaßens Dienstherr, das Bundesinnenministerium, führen. "Sieht der Dienstherr die verfassungsfeindliche Einstellung als erwiesen an, folgt daraus in aller Regel die Entfernung aus dem Dienstverhältnis", sagt der Staatsrechtler Professor Ulrich Battis. "Und damit einher geht auch der Verlust der Versorgungsansprüche als Beamter."