Hilfe für die Ukraine Nein zu "Taurus", Ja zu "weitreichenden Waffen"
Der Bundestag hat über weitere Waffenlieferungen an die Ukraine abgestimmt. Ein ausdrücklicher "Taurus"-Antrag der Union wurde abgelehnt. Der Ampel-Antrag für "weitreichende" Waffenlieferungen erhielt Zustimmung - aber was ist damit gemeint?
Der Bundestag hat die Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine abgelehnt. Ein Antrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, in dem dieses deutsche Waffensystem explizit genannt wurde, erhielt keine Mehrheit. Nur 182 Abgeordnete stimmten dafür, 480 dagegen, zudem gab es fünf Enthaltungen. In dem Antrag wurde die "unverzügliche Lieferung von erbetenen und in Deutschland verfügbaren Waffensystemen" einschließlich "Taurus"-Marschflugkörpern gefordert.
Unionsfraktionschef Friedrich Merz hatte zuvor die Abgeordneten von SPD, Grünen und FDP aufgefordert, sich dem Antrag anzuschließen - ohne Erfolg. Allerdings stimmte die FDP-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann nach eigenen Angaben wie angekündigt dafür - "ausschließlich, weil das System des 'Taurus' unmissverständlich genannt worden ist".
Antrag der Ampel angenommen
Die Ampelkoalition wiederum hatte einen eigenen Antrag in den Bundestag eingebracht. Darin wird zwar auch die Lieferung von weitreichenden Waffen erwähnt, doch das Wort "Taurus" taucht nicht auf. Dieser Antrag wurde mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP im Bundestag beschlossen. 382 Abgeordnete stimmten dafür, 284 dagegen, es gab zwei Enthaltungen.
Welche Systeme nun tatsächlich damit gemeint sind, wird von den Ampel-Fraktionen aber unterschiedlich interpretiert. Für viele Politiker von Grünen und FDP sind darunter "Taurus"-Marschflugkörper mit einer Reichweite von 500 Kilometern zu verstehen. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Gabriela Heinrich, sagte dagegen im Bundestag, mit der Formulierung sei nicht zwingend "Taurus" gemeint. "Es ist eine Interpretationsfrage (...). Fakt ist: Wir haben an dieser Stelle keine rote Linie gezogen."
Pistorius: "Kann ich nicht beantworten"
Verteidigungsminister Boris Pistorius hielt sich bedeckt. Er sicherte der Ukraine zwar weitere militärische Unterstützung zu. Ob dazu aber auch die "Taurus"-Marschflugkörper zählen, ließ der SPD-Politiker im Bundestag offen. Auf die Frage des CDU-Abgeordneten Jürgen Hardt, ob unter den im Koalitionsantrag geforderten "zusätzlich erforderlichen weitreichenden Waffensystemen" "Taurus" zu verstehen sei, sagte Pistorius: "Das kann ich nicht beantworten. Ich habe den Antrag gelesen. Die Antragsteller werden sich ihren Teil dabei gedacht haben. (…) Ich bin nicht Mitglied der Fraktion."
Scholz' Problem? "Niemand weiß es"
Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Johann Wadephul, hatte in der Debatte zuvor Bundeskanzler Olaf Scholz aufgefordert, seine Haltung zu erklären. Er wolle "wissen, was denn das ganz große Problem mit der Lieferung der 'Taurus'-Raketen nun ist. Niemand weiß es. Wir haben dazu keine rationale Erklärung bekommen."
Eigentlich ist bei Waffenexporten nicht der Bundestag zuständig, sondern der Bundessicherheitsrat. Mitglieder sind außer dem Kanzler etwa die Außenministerin, der Verteidigungsminister und der Finanzminister. Entscheidend ist allerdings der Bundeskanzler. Er hat die Richtlinienkompetenz für die Politik der Bundesregierung.