Der russische Messengerdienstes Telegram auf einem Smartphone

Telegram-Chatgruppen Ermittler decken illegalen Handel auf

Stand: 30.10.2020 15:47 Uhr

Ermittler aus Deutschland und Österreich haben mehrere kriminelle Chats mit Tausenden Mitgliedern im Messengerdienst Telegram geschlossen. Die Beschuldigten sollen mit Drogen und Waffen gehandelt haben. Zwei Männer wurden festgenommen.

Wegen unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln, gefälschten Dokumenten und gestohlenen Daten sind Ermittler in mehreren Bundesländern gegen Administratoren von Chatgruppen beim Messengerdienst Telegram vorgegangen. Bei einer Aktion in sechs Bundesländern seien neun Chatgruppen mit etwa 8000 Mitgliedern "übernommen und sichergestellt" worden. Das teilten das Bundeskriminalamt und die Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main mit.

Es werde gegen 28 Beschuldigte in Deutschland und Österreich ermittelt. Gestern waren demnach 30 Objekte durchsucht worden. Dabei seien mehr als vier Kilogramm Betäubungsmittel, acht Waffen sowie 8000 Euro Bargeld, zudem Datenträger und Smartphones sichergestellt worden.

Vorwurf des Drogen- und Waffenhandels

Die Behörden ermitteln den Angaben zufolge gegen 13 Männer zwischen 18 bis 54 Jahren. Ein 25-Jähriger aus dem Landkreis Offenbach in Hessen wurde demnach festgenommen, ein 19-Jähriger aus demselben Landkreis soll noch heute dem Haftrichter vorgeführt werden.

Seit Juni wurde gegen die Administratoren und in den Gruppen aktive Händler ermittelt. Zu den betroffenen Gruppen und Chats gehören beispielsweise "Silk Road", "GermanRefundCrew" oder "Cracked Accounts Shop".

Messenger als Alternative zum Darknet

Der Handel über den Chatdienst ist laut Ermittlern eine Alternative zum Darknet. In den teilweise öffentlich zugänglichen Kanälen und Chats seien die illegalen Geschäfte angebahnt worden. So seien Angebote beispielsweise mit Bildern beworben worden. Händler und Käufer hätten dann in separaten Chats die Geschäfte abgewickelt. Wie es den Behörden gelang, die verschlüsselten Chats zu sichern, teilten sie aus ermittlungstaktischen Gründen nicht mit.

Beteiligt an den Ermittlungen waren den Angaben zufolge die Generalstaatsanwaltschaft Bamberg sowie die Staatsanwaltschaften in Bremen, Chemnitz, Essen, Hagen, Konstanz und Mannheim. Zudem habe es auch in Österreich durch die Staatsanwaltschaft Feldkirch mit der Polizei Vorarlberg Durchsuchungen gegeben.

Die ZIT beobachte seit ein bis zwei Jahren, dass die Kriminalität auch in Messengerdienste wie Telegram abwandere, sagte Oberstaatsanwalt Benjamin Krause. Dort sei die Kommunikation viel einfacher und schneller als im Darknet, sie könne einfach über das Smartphone erfolgen. Verkäufer fänden viel schneller Käufer. Es sei davon auszugehen, dass alle neuen Kommunikationsplattformen irgendwann auch für kriminelle Zwecke verwendet würden.

Geheime Chats und bessere Verschlüsselung

Telegram wirbt mit höherer Sicherheit für die Nutzerinnen und Nutzer. Geheime Chats zwischen zwei Personen sollen so sicher sein, dass nicht einmal das Unternehmen selbst darauf Zugriff hat. Die Kommunikation in größeren Gruppen sei durch spezielle Protokolle sicherer als zum Beispiel bei WhatsApp, so die Firma mit Sitz in Dubai.

Telegram wurde von staatlichen Akteuren in der Vergangenheit wiederholt kritisiert, weil der Dienst weniger als andere Anbieter mit den Behörden kooperiert. Telegram wird wegen seiner Verschlüsselungstechnologie auch vorgeworfen, Dschihadisten, Rechtsextremen und Kriminellen als attraktives Kommunikationsmittel zu dienen.

Der Messenger-Dienst wird zudem häufig zur Organisation von Demonstrationen in Staaten genutzt, in denen die Meinungsfreiheit eingeschränkt ist. So wurden beispielsweise zahlreiche Nachrichten über die anhaltenden Proteste in Belarus gegen Staatschef Alexander Lukaschenko über Telegram verbreitet.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 30. Oktober 2020 um 13:00 Uhr.