Corona-Pandemie Spahn hält Lockerungen für möglich
Schrittweise zurück in den Alltag - so stellt sich Gesundheitsminister Spahn den Weg aus der Corona-Krise vor. In einem Interview skizzierte er, für wen Beschränkungen zuerst fallen könnten, bat jedoch um Geduld.
Die Forderungen nach einer Exit-Strategie aus den Corona-Maßnahmen werden täglich lauter. Nun hat sich auch Gesundheitsminister Jens Spahn in die Debatte eingeschaltet und Lockerungen nach den Osterferien in Aussicht gestellt.
Bei den Infektionszahlen sei ein "positiver Trend" zu beobachten, der sich aber noch "verstetigen" müsse, sagte Spahn dem "Handelsblatt". Voraussetzung möglicher Schritte in Richtung Normalität sei, dass sich sich die Bevölkerung auch über die Osterfeiertage an die Alltagsbeschränkungen halte.
Sollte die derzeitige positive Entwicklung bei den Infektionszahlen anhalten, werde die Bundesregierung mit den Ministerpräsidenten "über eine schrittweise Rückkehr zur Normalität nach den Osterferien reden können", sagte Spahn. Man dürfe nicht vergessen, dass es im Krankheitsverlauf einen Zeitverzug von zehn bis 20 Tagen nach der Infektion gebe, bis ein Patient auf der Intensivstation lande. Deshalb sei es "noch zu früh für Entwarnung".
Ähnlich sieht das Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil. "Niemand soll glauben, dass ab dem 20. April gewissermaßen unser altes Leben wieder schlagartig beginnen kann - mit Sicherheit nicht", sagte der SPD-Politiker im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. "Ob es überhaupt Lockerungen geben kann - ich weiß es nicht." Weil äußerte die Hoffnung, dass sich die Bundesländer auf ein einheitliches Vorgehen einigen. So könne verhindert werden, dass Verwirrung entstehe.
"Perspektive aufzeigen"
In einem freiheitlichen Rechtsstaat könnten weitreichende Einschränkungen von Grundrechten "nur so lange funktionieren, wie sie verstanden und akzeptiert werden", sagte Spahn der Zeitung. Deshalb sei es nicht nur wichtig, das Handeln gut zu begründen, sondern auch "eine Perspektive aufzuzeigen".
Spahn betonte, dass die Dauer der Kontaktsperren und anderen Alltagseinschränkungen vom Verhalten der Bürger abhänge: "Mit entsprechender Vorsicht ist mehr Normalität bald wieder möglich." Ausgenommen seien davon vorerst Großveranstaltungen wie Fußballspiele.
Spahn nennt Bedingungen für Unternehmen
Der Gesundheitsminister skizzierte auch seine Kriterien für ein schrittweises Anlaufen der deutschen Wirtschaft. Eine Bedingung sei, "dass man die Fabrik oder das Geschäft sicher für Mitarbeiter und Kunden organisieren kann". Unternehmen oder Branchen, die nachweisen könnten, dass sie die Hygiene- oder Abstandsregeln sicherstellen, könnten leichter zurück in den Alltag.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) mahnte unterdessen zu Vorsicht bei der Rückkehr zur Normalität in der Wirtschaft. Dies müsse in einer Weise geschehen, die eine neue starke Ausbreitung des Virus vermeide, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
"Kein Vollstart an Schulen nach den Ferien"
Gedulden müssen sich nach Einschätzung des Deutschen Lehrerverbandes die Schulen: "Ich bin mir aber sicher, dass es nach den Osterferien keinen Unterrichts-Vollstart an den Schulen geben wird", sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger. Über eine mehrstufige Rückkehr könne man aber nachdenken. Alles hänge von der medizinisch-virologischen Lageeinschätzung und den Maßnahmen ab, die am kommenden Mittwoch von den Ministerpräsidenten der Länder und Bundeskanzlerin Angela Merkel beschlossen und verkündet würden. Der Verband vertritt die Interessen von 165.000 Lehrern in Deutschland.
Etwa ein Drittel hat Infektion überstanden
Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts haben in Deutschland rund 33.300 Menschen die Infektion mit dem Coronavirus überstanden. Die Gesamtzahl der erfassten Infektionen liegt bei mehr als 100.000.
Heute trifft sich das Corona-Krisenkabinett der Bundesregierung zu einer weiteren Sitzung. Ein Thema könnte erneut die Beschaffung von Schutzmaterial sein, außerdem eine Anhebung des Kurzarbeitergeldes. Am Nachmittag wollen Spahn, Familienministerin Franziska Giffey und der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, über die aktuelle Corona-Situation in Deutschland informieren.