Emir von Katar zu Besuch in Berlin Krisendiplomatie statt Feierlaune
Seit 50 Jahren hat Deutschland diplomatische Beziehungen zu Katar. Eigentlich wollte man das im Kanzleramt feiern. Nun wird der Krieg im Nahen Osten im Fokus stehen, denn Katar unterstützt die Terrororganisation Hamas.
Als der Emir von Katar, Tamim bin Hamid al Thani, im Mai vergangen Jahres in Berlin zu Besuch war, klang Bundeskanzler Olaf Scholz bei der gemeinsamen Pressekonferenz danach sehr zufrieden: "Your Highness, ich möchte mich bei Ihnen für den Besuch bedanken und das gute substanzielle Gespräch, das wir miteinander geführt haben."
Damals verabredete man sich, künftig enger zusammenzuarbeiten - besonders bei Gaslieferungen. Katar hat davon reichlich und die Bundesregierung wollte unabhängig von russischen Gasimporten werden.
Knapp anderthalb Jahre später dürfte es beim heute geplanten Treffen nicht nur um wirtschaftliche Beziehungen zwischen Katar und Deutschland gehen, sondern um den Krieg im Nahen Osten. Denn Katar unterstützt die Hamas. Seit Jahren fließt aus dem Golfemirat Geld in den Gazastreifen für den Wiederaufbau von Wohnungen und Infrastruktur.
Hamas operiert auch von Katar aus
Die Hamas operiere auch von Katar aus, sagt der Islamwissenschaftler Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik: "Der Chef des Politbüros der Hamas, der mächtigste Mann der Organisation, Ismail Haniyya, sitzt in Doha. Er hat auch seine Siegesrede, wie er das nannte, im katarischen Fernsehen bei Aljazeera in voller Länge gehalten, ohne dass das kommentiert wurde."
Für Steinberg ist das inakzeptabel. Er findet, dass müsse der Kanzler beim Treffen mit dem Emir ansprechen.
"Viele, viele kritische Fragen"
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock betont, die Bundesregierung akzeptiere keine Terrorunterstützung. Beim Besuch des katarischen Staatsoberhaupts in Berlin werde dies das Hauptthema sein. "Da haben wir viele, viele kritische Fragen. Insbesondere auch von deren Finanzierung in der Vergangenheit."
Ländern wie Katar haben nach Ansicht von Baerbock nach den Terroranschlägen der Hamas in Israel jetzt dennoch eine wichtige Rolle. "Wir appellieren an diese Golfstaaten insbesondere jetzt deutlich zu machen: Terrorismus hat in der Region keinen Platz. Einzuwirken auf die Hisbollah, auch auf Iran, dass diese furchtbare Unmenschlichkeit sofort beendet werden muss. Das ist Sinn und Zweck von Krisendiplomatie", so Baerbock.
Krisendiplomatie statt entspanntes Mittagessen
Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik meint, Katar ist der richtige Ansprechpartner, um zu verhindern, dass der Krieg zwischen der Hamas und Israel sich auf die ganze Region ausweitet: "Katar versucht seit Jahren eine Vermittlerposition in den Konflikten in der Region einzunehmen. Hier aber ist die Parteinahme für die Hamas aus meiner Sicht viel zu weitgehend. Das sollte man den Kataris nicht durchgehen lassen."
Krisendiplomatie statt entspanntes Mittagessen zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens der deutsch-katarischen Beziehungen. Bleibt abzuwarten, ob der Bundeskanzler auch nach diesem Treffen von substanziellen Gesprächen mit dem Emir berichtet.