Roberto Kobelt, zukünftiger Landtagsabgeordneter des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Thüringen, bei einem informellen Treffen der zukünftigen BSW-Abgeordneten in die BSW-Landesgeschäftsstelle.

Thüringen Vorwürfe gegen neu gewählten Thüringer BSW-Abgeordneten

Stand: 18.09.2024 05:00 Uhr

Am Freitag haben die neu gewählten Abgeordneten des Thüringer Landtags ihr Mandat angenommen. Nun werden Vorwürfe gegen einen BSW-Abgeordneten erhoben.

Von Lucas Grothe und Edgar Lopez, MDR Investigativ

Schon vor der Konstituierung des neuen Landtags beschäftigen die neue BSW-Fraktion Vorwürfe gegen einen ihrer Abgeordneten. Dabei handelt es sich um Roberto Kobelt, ein ehemaliges Mitglied der Grünen, der bereits von 2014 bis 2019 im Landtag saß. Ihm werden nicht geleistete Unterhaltszahlungen vorgeworfen. Nun wurde er für das BSW gewählt. 

Nach MDR-Informationen wird bei der Polizei derzeit wegen nicht geleisteter Unterhaltszahlungen ermittelt. Die Polizei bestätigte den Eingang der Anzeige, der Fall wurde an die Staatsanwaltschaft Meiningen abgegeben. Gestellt hat die Anzeige, die dem MDR vorliegt, Frau S. K. Sie war 2017 mit Kobelt in einer Beziehung.

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Bereits im Jahr 2020 verurteilte das Amtsgericht Apolda Kobelt laut einem dem MDR vorliegenden Beschluss zu einer Zahlung von 14.500 Euro an Unterhalt. Auf Anfrage zu beiden Punkten sagte Roberto Kobelt, es handele sich um ein laufendes familienrechtliches Verfahren zu Unterhaltshöhe und Umgang, zu dessen Details und Inhalt er sich nicht äußern werde.

Nach MDR-Informationen gibt es außerdem Vorwürfe mehrerer Frauen. Diese könnten möglicherweise im Zusammenhang mit einem Polizeieinsatz bei Kobelt wegen mutmaßlicher Körperverletzung stehen. Die Ermittlungen sollen jedoch nach einer Weile eingestellt worden sein, weil keine Strafanzeige erfolgte. Kobelt bestätigte auf Anfrage den Polizeieinsatz. Laut seinen Angaben sei er verletzt worden und habe zu seinem Schutz die Polizei verständigt.

Kobelt als BSW-Abgeordneter gewählt

Kobelt wurde bei der Landtagswahl Anfang September über den BSW-Listenplatz 14 gewählt und ist mit Annahme des Mandats am Freitag Teil des nächsten Thüringer Landtags, der sich zeitnah konstituiert. Als Landtagsabgeordneter genießt er strafrechtliche Immunität. Über eine mögliche Aufhebung seiner Immunität müsste zuerst im Landtag abgestimmt werden. 

Vom MDR zu den Vorwürfen gegen Roberto Kobelt befragt, erklärte Steffen Schütz, Thüringer BSW-Co-Vorsitzender, noch während der laufenden Sitzung zur Annahme der Mandate, dass ihm die konkreten Vorwürfe gegen Kobelt zwar nicht bekannt seien. Er stünde aber in Kontakt mit zwei betroffenen Frauen. Es gelte die Unschuldsvermutung. "Wir werden uns jetzt diese Vorwürfe konkret anschauen und dazu mit den Betroffenen weiter im Gespräch bleiben." Schütz sagte weiter, er habe mit Kobelt über die Vorwürfe gesprochen, wollte sich aber nicht zum Inhalt der Gespräche äußern. Kobelt wollte sich auf Nachfrage nicht zu Gesprächen mit den BSW-Vorsitzenden äußern.

Kobelt früher Grünen-Abgeordneter

Bevor die Wagenknecht-Partei Kobelt als Landtagskandidat aufstellte, war er jahrelang Mitglied von Bündnis 90/Grünen. Im Mai 2023 schloss ihn der Kreisverband Erfurt allerdings wegen nicht gezahlter Beiträge aus der Partei aus, wie die Sprecherin des Erfurter Kreisverbandes der Grünen dem MDR auf Nachfrage sagte.

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Beim Grünen-Landesverband sind Vorwürfe gegen Kobelt schon länger bekannt. Aus Parteikreisen hieß es, er sei 2017/18 mit den Vorwürfen konfrontiert worden, habe allerdings alles abgestritten. 

Grüne wollten verhindern, dass Kobelt in die Fraktion nachrückt

Astrid Rothe-Beinlich war in der nun abgelaufenen Legislaturperiode Fraktionsvorsitzende im Thüringer Landtag. Sie sagte, die Vorbehalte gegen Kobelt seien nach den Vorwürfen letztlich soweit gegangen, dass bei der Regierungsumbildung Anfang 2023 niemand aus der Fraktion in das frei werdende Ministeramt gewechselt sei – da Kobelt sonst als Nachrücker für die Grünen ins Parlament eingezogen wäre.  

Damals waren Umweltministerin Anja Siegesmund und Justizminister Dirk Adams (beide Grüne) zurückgetreten beziehungsweise entlassen worden. Astrid Rothe-Beinlich und ihre Fraktionskollegin Madeleine Henfling verzichteten damals nach eigener Darstellung auf die Ministerämter. Wären Sie auf diese Ämter gerückt, hätten Sie gleichzeitig ihr Abgeordnetenmandat abgegeben. 

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"Ich finde es schwer erträglich, dass so jemand wieder politische Verantwortung übernehmen kann", sagte Rothe-Beinlich, die bei der Landtagswahl nicht mehr als Kandidatin für die Grünen angetreten war, nun zum MDR. 

Festzuhalten bleibt: Es gibt Vorbehalte und Einwände gegen Kobelt. Aber er wurde nie strafrechtlich verurteilt, Ermittlungsverfahren wurden eingestellt. Für Kobelt gilt die Unschuldsvermutung.