Ein Mann steht neben einem Maisfeld.

Thüringen Nach Anschlägen auf Agrarbetrieb: Das sagen die Betroffenen

Stand: 17.09.2024 21:01 Uhr

Der Agrarbetrieb Werragrund in Breitungen ist Zielscheibe mysteriöser Anschläge geworden. Unbekannte haben Maisfelder mit Metallköpern manipuliert. Neben erheblichen Schäden für Erntemaschinen birgt das auch große Gefahren für die Traktorfahrer. Die Ernte muss trotzdem weitergehen.

Von Marlene Drexler, MDR THÜRINGEN

Eine Woche nach dem Anschlag auf das eigene Unternehmen stehen die Mitarbeiter der Agrargesellschaft Werragrund in Breitungen noch unter Schock: "Man geht schon anders auf die Maschine: mit Angst", sagt Thomas Reder. Er war es, der den Häcksler vergangenen Dienstag fuhr, als sich ein Eisenstück in den Messern verfing.

Der Metallkörper war gezielt an einer Pflanze befestigt worden, wie sich später herausstellen sollte. Der hohe, dichte Mais macht es unmöglich, das frühzeitig zu erkennen. Es gab einen lauten Knall, erzählt der Landwirt: "In dem Moment denkt man gar nicht. Man zittert einfach nur noch. Ich war danach fix und fertig."

Ein Mann steht vor einem Maishäcksler auf einem Feld.

Landwirt Thomas Reder fuhr den Häcksler, als das Metallteil ins Schneiderwerk geriet.

Messerklinge wurde zum gefährlichen Geschoss

Das Eisenstück zerstörte das Schneidewerk des Häckslers und riss eine der großen Messerklingen heraus. Gemeinsam mit dem Mais schoss diese dann oben aus der Maschine heraus. Getroffen wurde zum Glück niemand. Aber der wirtschaftliche Schaden für das Unternehmen ist groß - etwa 100.000 Euro Reparaturkosten, dazu der Arbeitsausfall in der wichtigen Erntezeit.

Das ist kein Kavaliersdelikt. Es geht hier wirklich um Menschenleben. Zacharias Stephan | Leiter Pflanzenproduktion

Für Zacharias Stephan, Leiter der Pflanzenproduktion, kann es sich nicht nur um einen schlechten Scherz handeln: "Das ist kein Kavaliersdelikt. Es geht hier wirklich um Menschenleben. Der Fahrer ist in Gefahr, genauso wie der Abfahrer, der sich ja hinter oder neben der Maschine befindet".

Die Messerklinge sei als gefährliches Geschoss aus dem Auswurfrohr herausgeflogen, berichtet Traktorfahrer Thomas Reder. Vorher bahnte sich das Teil seinen Weg durch die Trommel, die sich wiederum direkt unter dem Fahrersitz befindet. Es sei nicht undenkbar, dass sich ein solches Messer auch durch die Trommel durcharbeiten könnte.

Weitere manipulierte Pflanzen gefunden

Dank eines freiwilligen Helfers konnten die Landwirte nach dem ersten Vorfall den Bereich rund um die Anschlagstelle mit einem Metalldetektor absuchen. Und tatsächlich fanden sie eine weitere präparierte Pflanze. Noch am selben Tag wurde der Häcksler von einem dritten Metallteil erfasst. In diesem Fall konnte der Fahrer jedoch frühzeitig stoppen, sodass die Maschine nicht erneut beschädigt wurde.

Die Agrargesellschaft hat aus den Anschlägen Konsequenzen gezogen. Aus Sicherheitsgründen werde das betroffene Feld nicht weiter mit dem Maishäcksler bearbeitet, sagt Vorarbeiter Zacharias Stephan. Der Mais könne alternativ zu Tierfutter verarbeitet werden, dafür sei kein Häcksler nötig.

Ein Maishäcksler in einem Feld.

Der geerntete Mais wird zum Betrieb einer Biogasanlage genutzt.

Polizei geht von gezielter Sabotage aus

Tatsächlich ist der Breitunger Agrarbetrieb schon vor zwei Jahren Opfer ähnlicher Anschläge geworden. Auch damals war es Thomas Reder, der den Häcksler fuhr. Der Polizei sind außerdem Fälle aus dem benachbarten Hümpfershausen im Jahr 2021 bekannt.

Klar ist, der oder die Täter müssen sich mit der Maschine auskennen. Normalerweise erkennt der Häcksler Metallteile und stoppt dann automatisch. Das für die Anschläge genutzte Edelstahl ist jedoch nicht magnetisch und fällt damit durchs Erkennungsraster. Auch die Kriminalpolizei in Suhl geht infolge ihrer Ermittlungen von gezielter Sabotage aus. Was die Hintergründe sein könnten, ist unklar.

Hoffen auf Hinweise und Zeugen

Über die Motive der Täter kann auch Vorarbeiter Zacharias Stephan nur spekulieren: "Nicht alle sind auf Landwirtschaft gut zu sprechen. Aber ob es jetzt um die Biogasanlage geht, die wir betreiben, oder ob Tierhaltung das Thema ist - wir wissen es nicht."

Ein Mann steht neben einem Maisfeld.

Zacharias Stephan, Leiter der Pflanzenproduktion des Betriebs.

Insgesamt bewirtschaftet die Agrargesellschaft Werragrund über 3.000 Hektar. Auf etwa 450 Hektar wächst in diesem Jahr Mais für die Biogasanlage. Außerdem züchtet der Betrieb Mutterkühe. Die im Übrigen - außer im Winter - draußen auf der Weide stehen.

Die Polizei wertet Spuren aus und hofft auf Hinweise zu den Vorfällen. Für Thomas Reder und seine Kollegen geht die Ernte derweil weiter. Das mulmige Gefühl bleibt: "Also wenn ich daheim losgehe und zu meiner Frau sage "Bis heute Abend", dann antwortet sie mir: Komm bitte wieder heil heim."

MDR (mm)