
Thüringen Machtkampf im Thüringer BSW: Wagenknecht-Lager unterstützt Gegenkandidaten für Parteivorsitz
Im Thüringer BSW tobt weiter ein Machtkampf. Bei der Wahl der neuen Vorsitzenden Ende April in Gera werden die Amtsinhaber Katja Wolf und Steffen Schütz von Vertretern des Wagenknecht-Lagers herausgefordert. Wolf sowie Schütz kritisieren zudem die Bundesspitze der Partei deutlich. Am Mittwoch ergriff Wagenknecht selbst das Wort.
Im Thüringer BSW kommt es beim Landesparteitag in Gera voraussichtlich zu einer Kampfkandidatur. Neben den bisherigen Vorsitzenden Katja Wolf und Steffen Schütz wollen am 26. April in Gera drei weitere Parteimitglieder antreten, die dem Lager um die Parteivorsitzende Sahra Wagenknecht zugerechnet werden.
Duo Wirsing-Bickel bringt sich in Stellung
Gegen die bisherige Parteispitze wollen Anke Wirsing, Matthias Bickel und Robert Henning um den Landesvorstand antreten. Wirsing gilt als loyale Anhängerin von Wagenknecht, die die Regierungsbeteiligung des BSW in Thüringen wiederholt kritisiert hatte. Sie ist ausgebildete Bauzeichnerin und zog über die Landesliste in den Landtag ein. Sie ist zudem im Stadtrat Bad Salzungen BSW-Fraktionschefin.

Anke Wirsing will für den Landesvorstand des Thüringer BSW kandidieren. Sie wird dem Wagenknecht-Lager zugerechnet.
Bickel ist außerhalb der Partei weniger bekannt. Er ist Kinderpsychologe und kommt aus Bad Langensalza. Henning und Wirsing verpassten mit dem BSW den Einzug in den Bundestag.
Der Bleicheröder Henning, der als erster BSW-Ortschaftsbürgermeister bekannt wurde, möchte gern Landesgeschäftsführer seiner Partei in Thüringen werden.
Amtsinhaberin Wolf begründete ihre und Schützs erneute Kandidatur am Dienstag damit, dass nach Gesprächen mit anderen BSW-Mitgliedern der Wunsch klar zu erkennen gewesen sei, dass sie beide wieder antreten sollten. Wolf und Schütz führten die Koalitionsverhandlungen mit SPD und CDU in Thüringen und sind nun als Finanzministerin sowie als Infrastruktur- und Digitalminister Teil der Thüringer Landesregierung.
Wagenknecht kritisiert Wolf und Schötz
Die BSW-Bundesspitze hatte sich allerdings für die drei Herausforderer ausgesprochen. Generalsekretär Christian Leye hatte zuvor gegenüber MDR THÜRINGEN für das Team um Wirsing geworben und gesagt, er habe das Gefühl, dass es in Thüringen neue Impulse geben sollte. Am Mittwoch kritisierte zudem Bundesvorsitzende Wagenknecht Wolf und Schütz. Sie sei "erstaunt über die erneute Kandidatur», sagte Wagenknecht dem Nachrichtenmagazin "Stern". Sei sei davon ausgegangen, "dass es in Thüringen längst Konsens war, Partei- und Regierungsamt zu trennen, was ja auch sinnvoll ist." Sie sagte weiter, dass die Partei in Zukunft "sehr viel mehr Mitglieder aufnehmen" werde. Daher sollten die Vorsitzenden sich auf den Parteiaufbau konzentrieren.
Deutliche Kritik an BSW-Bundesspitze
Wolf und Schütz kritisieren die Einmischung aus Berlin deutlich: "Das, was mich persönlich ein kleines bisschen irritiert hat, war, dass der Generalsekretär der Partei eine sehr deutliche Positionierung vornimmt, bevor nur ansatzweise alle Kandidaturen klar sind", sagte Wolf der Nachrichtenagentur "dpa". Für sie sei das weder politisch noch demokratisch ein wirklich guter Stil.
Schütz ergänzte: "Ich hätte mir neue Impulse aus Berlin gewünscht." Die Positionierung habe ihn sehr irritiert. "Das hätte ich mir anders gewünscht und ich glaube, wir haben auch etwas anderes verdient."
Das hätte ich mir anders gewünscht und ich glaube, wir haben auch etwas anderes verdient. BSW-Landeschef Steffen Schütz zu Wortmeldungen der Bundespitze der Partei |
Wahl um Thüringer BSW-Vorsitz Ende April in Gera
Wolf und Schütz wollen beim Parteitag in Gera am 26. April einen Leitantrag einbringen, in dem unter anderem gefordert wird, die Partei über neue Kreisverbände auf ein größeres Fundament zu stellen. Außerdem sollen neue Parteimitglieder über die Landesverbände aufgenommen werden. Beides muss bisher laut BSW-Parteisatzung zuerst der Bundesvorstand in Berlin genehmigen.
Weil diese Freigabe bislang ausgeblieben ist, will sich der Landesverband Thüringen zusammen mit anderen ostdeutschen Landesverbänden in einem gemeinsamen Appell an den Bundesvorstand wenden. Ein Modell nach dem Königsteiner Schlüssel, wonach Mitglieder je nach Größe des jeweiligen Bundeslandes ins BSW aufgenommen werden sollen, lehnten die Thüringer Landesvorsitzenden ab.
"Während sich viele Menschen von der Politik abwenden, haben wir eintausend Leute, die an unseren Türen rütteln und mitmachen wollen", sagte Schütz. Es sei keinem Unterstützer in Thüringen zu vermitteln, dass er warten müsse, bis andere Länder mehr Mitglieder hätten.
Schütz und Wolf wollen Ämter und Mandate nicht trennen
Auch bei der geforderten Trennung von Regierungs-, Parteiamt und Landtagsmandat erklärten Schütz und Wolf, an der bisherigen Aufteilung festhalten zu wollen. "Ja, die Forderung, das zu trennen, gibt es. Aber das hat Vor- und Nachteile", erklärte Wolf. "In einer Partei, die noch so unstrukturiert ist wie unsere, wäre es das falsche Signal." So sei es als Landesvorsitzende leichter, im Koalitionsausschuss mit CDU und SPD zu verhandeln, wenn sie qua Ministeramt auch im Thema stünden.
Bei Umweltminister und Landesgeschäftsführer Tilo Kummer sei das jedoch anders. Er habe den Posten damals nur übernommen, um mit seiner langjährigen Erfahrung beim Aufbau der Thüringer BSW-Strukturen zu helfen, erklärte Wolf. Nun wolle er seinen Posten als Landesgeschäftsführer beim Landesparteitag in Gera abgeben. Kummer hat das dem MDR bestätigt und familiäre Gründe genannt. Die Herausforderer sind dagegen für eine strikte Trennung von Regierungs- und Parteiämtern.
In Brandenburgs hatte Finanzminister Robert Crumbach seinen Rücktritt als BSW-Landeschef angekündigt. Als Grund nannte er der Nachrichtenagentur "dpa" die Doppelbelastung beider Aufgaben.
Seit Monaten Streit zwischen Wolf und Wagenknecht
Es ist nicht das erste Mal, dass es zwischen der Parteiführung in Berlin und der Thüringer Spitze des Landesverbands knirscht. Schon während der Verhandlungen zur Thüringer Brombeer-Koalition aus CDU, BSW und SPD hatte Parteigründerin Wagenknecht persönlich immer wieder dazwischengefunkt. Vor allem beim Thema Krieg und Frieden gab es kontroverse Diskussionen.
MDR (wh/ask/rom)