Thüringen Ein Jahr Bezahlkarte für Asylbewerber: Thüringer Landkreise zufrieden - Flüchtlingsrat kritisiert Diskriminierung
Die Landkreise Greiz und Eichsfeld sowie die Stadt Gera werten die sogenannte Bezahlkarte für Asylbewerber als Erfolg. Die Karte habe das Leben für Betroffene sicherer gemacht, den Umgang für die Verwaltung einfacher und die Akzeptanz in der Bevölkerung wachsen lassen. Ganz anders sieht das der Thüringer Flüchtlingsrat.
Als erste Landkreise hatten das Eichsfeld und Greiz die Bezahlkarte vor einem Jahr eingeführt. Vor allem Überweisungen von Sozialleistungen für Asylbewerber ins Ausland sollen mit der Karte verhindert werden. Im Landkreis Greiz nutzen inzwischen 400 Asylbewerber die Karte, im Eichsfeld sind es 150.
Kosten für Landkreise halten sich in Grenzen
Die Kosten halten sich nach Angaben des Eichsfeldkreises in Grenzen. Pro Karte würden zwölf Euro fällig, zudem 90 Cent pro Aufladung. Software oder Infrastruktur zur Kartenverwaltung seien nicht angeschafft worden, hieß es auf Nachfrage vom Landratsamt. Aus Greiz werden für die Einführung etwa 15.000 Euro Gesamtkosten angesetzt.
Aus beiden Kreisen heißt es, die Karte erleichtere den Umgang mit Leistungsberechtigten. Zudem seien am Auszahlungstag weniger Sicherheitsvorkehrungen notwendig, weil ein wesentlicher Teil des Geldes nicht mehr in bar vorhanden sein müsse.
Martina Schweinsburg, damals noch CDU-Landrätin des Kreises Greiz hatte sich für die Bezahlkarte stark gemacht. (Archivbild)
Zusammenhang zwischen Wegzug und Bezahlkarte ist unklar
Ob die Bargeld-Beschränkung dazu geführt hat, dass Asylbewerber zurück in ihre Heimat gehen, ist dabei unklar. Aus Greiz hieß es, es habe 36 Wegzüge seit Erhalt der Bezahlkarte gegeben - deren Gründe seien aber nicht bekannt. Ein Zusammenhang mit der Karte sei also nicht erwiesen.
Im Eichsfeld sei es gelungen, einige Asylbewerber so in Arbeit zu bringen. Wer etwa einem Minijob nachgeht, darf sich dort seine Asylbewerberleistungen komplett in bar auszahlen lassen. Bei etwa einem Drittel der Kartennutzer sei das der Fall. Alle anderen erhalten maximal die Hälfte ihrer Leistungen in bar.
Flüchtlingsrat kritisiert "Diskriminierungskarte"
Der Flüchtlingsrat kritisiert die Einführung der Karte. Sie mache Teilhabe am Leben schwerer, weil sie oft nur in einem Kreis einsetzbar sei und längst nicht in allen Geschäften Kartenzahlung möglich ist.
Das räumt zum Beispiel auch der Landkreis Eichsfeld ein. Ziel sei es, mehr Geschäfte dafür zu gewinnen, dass sie die Karte akzeptieren. Der Flüchtlingsrat nennt die Karte wegen der Einschränkungen, die über die gesetzlichen Erfordernisse hinausgehen, "Diskriminierungskarte".
Initiative will Bezahlkarte unterwandern
Andere Kreise und Städte sind dem Beispiel gefolgt. Jena etwa wartet auf eine bundeseinheitliche Lösung. Derweil hat sich eine Initiative zur Aufgabe gemacht, die Bezahlkarte und ihre Einschränkungen zu unterwandern.
Mit der Karte sollen in Supermärkten Gutscheine gekauft werden, die dann wiederum von Geschäften der Initiative "Abolish Bezahlkarte" (Bezahlkarte abschaffen) gegen Bargeld aufgekauft werden.
Vom Landratsamt Greiz heißt es dazu, man sehe das nicht als großes Problem. Es müssten Personen diese Gutscheine auch kaufen - und davon werde nach Einschätzung des Landratsamtes kaum Gebrauch gemacht.
MDR (flog/jw)