Thüringen Dingelstädter Schüler helfen bei Cybermobbing und Handysucht
Zu lange am Handy? Schon Kinder kämpfen damit. Die richtige Begleitung in sozialen Medien und mit der allgegenwärtigen Technik ist aber nicht selbstverständlich. Das St.-Josef-Gymnasium in Dingelstädt setzt auf sogenannte Medienscouts.
Fünf Stunden Bildschirmzeit am Tag. So sah es zeitweise bei Nicole Sonnabend aus Büttstedt aus. Die 14-Jährige besucht die neunte Klasse am Dingelstädter Gymnasium und ist mittlerweile eine der Medienscouts. Sie wollte bei dem Projekt mitmachen, als die älteren Medienscouts damals bei ihr in der Klasse waren und ihr den Spiegel vorgehalten haben: "Die meinten dann, schaut mal, wie hoch eure Bildschirmzeit ist. Die war bei vielen ähnlich hoch. Aber nicht alle haben sich gesagt, dass man daran was ändern müsste."
Für Nicole war es ein kleiner Weckruf. Mittlerweile hat sie ein Limit auf ihren Geräten eingestellt. Auch ihre Eltern wollten das. Sie hält es für gut, dass sie jetzt als Medienscout auf Probleme wie ihr eigenes aufmerksam machen kann.
Oft geben die Eltern ein Smartphone einfach an die Kinder. Die benutzen dann WhatsApp oder TikTok, obwohl sie noch nicht alt genug dafür sind. TikTok ist ab 13, WhatsApp ab 16. Nicole Sonnabend | Medienscout
Ausbildung zum Medienscout
Denn die Medienscouts bekommen eine ziemlich aufwendige Ausbildung. Sechs Module absolvieren sie zu verschiedenen Themen wie soziale Medien, Regeln für den Klassenchat, aber auch Cybermobbing. Die Workshops besuchen sie zu einem großen Teil in ihrer Freizeit. Initiiert hat das Projekt die Beratungslehrerin des St.-Josef-Gymnasiums, Franziska Herz.
Um Medienscouts zu werden, besuchten Nicole Sonnabend und Maximilian Fiedler in ihrer Freizeit Workshops.
Als sie in das Thema eingetaucht ist, stellte sie schnell fest, dass andere Bundesländer deutlich weiter sind mit den Medienscouts: "In Nordrhein-Westfalen gibt es beispielsweise extra ein Ausbildungszentrum für die Schüler, wo immer wieder neue ausgebildet werden. In Thüringen ist derzeit das Problem, dass die wenigen, die ausgebildet sind, nach ein paar Jahren die Schule verlassen. Und dann fangen wir wieder von vorne an. Das ist sehr zeitintensiv."
Tablets ab der achten Klasse
Die Ausbildung der ersten Dingelstädter Scouts organisierte Herz gemeinsam mit der Thüringer Landesmedienanstalt (TLM). Mittlerweile gibt es zumindest ein Pilot-Projekt von der TLM. Dort werden gleichzeitig mehrere Schüler von knapp zehn Thüringer Schulen ausgebildet. Ein Anstoß, der auch auf das Engagement von Franziska Herz zurückgeht. Das Thema bekommt immer mehr Aufmerksamkeit, weil auch die Probleme mit der allgegenwärtigen Technik zunehmen.
Das Gymnasium in Dingelstädt benutzt ab der achten Klasse Tablets. Für Franziska Herz war schnell klar, dass man die Geräte nicht einfach den Schülern überlassen kann, ohne sie zu begleiten: "Das war dann der Hauptschwerpunkt: Schüler, Lehrer und Eltern gut zu begleiten mit den digitalen Medien."
Beratungslehrerin Franziska Herz hat die Medienscouts an der Schule eingeführt.
Eltern und soziale Medien
Die Eltern der Schüler werden von den Medienscouts mit einbezogen. Nicole Sonnabend erzählt, dass die Scouts einen Elternabend vorbereiten, bei dem die Eltern zum Umgang mit den Medien sensibilisiert werden sollen. "Oft geben die Eltern ein Smartphone einfach an die Kinder. Die benutzen dann Whatsapp oder Tiktok, obwohl sie noch nicht alt genug dafür sind. Tiktok ist ab 13, Whatsapp ab 16", sagt Nicole.
Auch die Gefahr, mit fremden Menschen zu chatten und persönliche Informationen preiszugeben, werde oft unterschätzt. Franziska Herz ergänzt, dass den Eltern auch gesagt wird, dass es absolut in Ordnung sei zu fragen, mit wem die Kinder überhaupt Kontakt haben im Internet.
Neue Schülerin gemobbt
Ein anderes wichtiges Thema ist Cybermobbing. Die Medienscouts belegen hierzu ein eigenes Modul. Maximilian Fiedler ist auch bei den Scouts. Der 14-Jährige konnte das Wissen bereits in einem konkreten Fall anwenden: Eine neue Schülerin sollte in die Klasse kommen und erhielt schon vorher Hass-Nachrichten. Sie sei nicht erwünscht.
Maximilian hat sich dann mit den anderen Medienscouts ausgetauscht. Alle waren sich einig, dass das nicht in Ordnung ist und haben den Mobber direkt angesprochen: "Wir haben der Person gesagt, die das geschrieben hat: Das ist nicht okay von dir. Und der neuen Schülerin haben wir gesagt, dass sie sich keine Vorwürfe machen soll." Sie habe mittlerweile ihren eigenen Freundeskreis in der Klasse gefunden.
MDR (vcl/sar)