
Schleswig-Holstein Naturgefahren: Versicherungspflicht in SH umstritten
Vieles ist noch offen, aber der Bund will die Zahl der Elementarschadenversicherungen erhöhen. Sie soll Standard werden, wenn es um den Schutz von Wohngebäuden geht. Kritiker fürchten steigende Mieten.
Unwetter und Starkregen: 2017 war ein Rekordjahr, was Extremwetter angeht. Die Frage, wie Hausbesitzer sich besser gegen Schäden schützen können, wurde damals auch in Schleswig-Holstein akuter. Das Land legte eine Informationskampagne auf, zusammen mit Verbänden und Unternehmen. Auch Michael Herte, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein, war damals bei den Gesprächen dabei. Eine Versicherung gegen Elementarschäden, sagt er, kann durchaus sinnvoll sein.
Ganz grundsätzlich halte ich es für sehr sinnvoll, dass man den Schutz vor solchen Naturereignissen erweitert. Und ich finde jeder Schleswig-Holsteiner, jede Schleswig-Holsteinerin, sollte sich damit auseinandersetzen, ob sie oder er nicht auch noch so einen Versicherungszusatz für Naturgefahren abschließt. Man sollte es den Leuten aber selbst überlassen, ob sie es müssen."
— Michael Herte, Verbraucherzentrale SH
Der Bund will hingegen eine verpflichtende Regelung:
Wir führen ein, dass im Neugeschäft die Wohngebäudeversicherung nur noch mit Elementarschadenabsicherung angeboten wird, und im Bestandsgeschäft sämtliche Wohngebäudeversicherungen zu einem Stichtag um eine Elementarschadenversicherung erweitert werden. Dabei prüfen wir, ob dieses Modell mit einer Opt-Out-Lösung zu versehen ist."
— Koalitionsvertrag CDU und SPD, S.86
Versicherungen in SH sehen die Pläne positiv
Bei einem Opt-Out-Modell hat der Kunde die Wahl: Es würde bedeuten, dass der Versicherungsnehmer automatisch eine Elementarschadenversicherung bekommt, sofern er sich nicht aktiv dagegen entscheidet. Bei der Provinzial Versicherung in Schleswig-Holstein sieht man diese Variante positiv, weil es "gegenüber einer Pflichtversicherung ohne Abwahlmöglichkeit entscheidende praktische und verfassungsrechtliche Vorteile" habe. Mit so einem Modell sei man am Markt bereits aktiv, so die Provinzial.
Sind Sturmfluten inbegriffen?
Bei der Provinzial schließen laut Unternehmen rund 57 Prozent der Kundinnen und Kunden einen Elementarversicherungsschutz ab. Im Bestand liegt der Anteil bei 46 Prozent.
Bei den Itzehoer Versicherungen sind es nur knapp 33 Prozent. Vorstandschef Uwe Ludka begrüßt die Pläne des Bundes. Er sieht noch offene Fragen, etwa wenn es darum geht, welche Wetterereignisse mit abgedeckt werden: "Für uns Schleswig-Holsteiner ist ganz besonders wichtig, dass als Elementargefahr auch die Sturmflut gesehen wird."
Forderung: Nicht zu nah am Wasser bauen
Uwe Ludka meint, dass durch die Pläne des Bundes letztlich die Kosten vom Steuerzahler auf den Hausbesitzer umverteilt würden. Er rechnet damit, dass sich die Wohngebäudeprämien "in moderatem Umfang verteuern."

Sturmflutschäden: Olympiahafen Kiel-Schilksee im Herbst 2023.
Der Staat soll sich aus Ludkas Sicht weiterhin bemühen, Schäden zu verhindern und die Küsten zu schützen. Offen ist für ihn auch die Frage, wie in Zukunft mit Hochrisikogebieten umgegangen werden soll: Neu gebaut werden sollte dort am besten nicht mehr, findet Ludka.
Das sieht auch Alexander Blazek so: Der Vorsitzende des Eigentümerverbandes Haus und Grund in Schleswig-Holstein kritisiert die geplante Pflichtversicherung. Und rechnet mit steigenden Wohnkosten:

Erwartet steigende Kosten für Mieterinnen und Mieter: Alexander Blazek von Haus und Grund.
"Man muss davon ausgehen, dass wir hier Beträge haben, die zwischen 500 und tausend Euro im Jahr liegen dürften. Und das trifft ja auch die Mieter. Wir sprechen ständig von stark steigenden Mieten. In Wirklichkeit sorgt die Politik durch solche Vorstöße selbst dafür, dass die Wohnkosten kräftig in die Höhe schnellen."
Sollte das passieren: Beim Mieterbund in Schleswig-Holstein fordert man schon länger, dass Versicherungskosten nicht in den Nebenkostenabrechnungen landen sollen.
Jedenfalls aber müsste hier eine gerechtere Kostenverteilung dergestalt stattfinden, dass auch die Vermieter und Vermieterinnen an diesen Kosten beteiligt werden. Wenn der Staat der Auffassung ist, dass diese Versicherung Vorschrift wird."
— Carsten Wendt, Mieterbund SH
Michael Herte von der Verbraucherzentrale warnt Versicherte noch davor, sich einer, wie er es nennt, "Sicherheitsillusion" hinzugeben. Denn als Hausbesitzer müsse man sicherstellen, dass das Haus entsprechend geschützt sei und etwa Regenrinne und Rückstauklappe in Schuss seien.
Immer wieder kommt es vor, erzählt Herte, dass Versicherungen andernfalls nicht zahlen. Deswegen ist für ihn nach eigenen Angaben auch wichtig, dass im Zuge der Diskussion geklärt wird, was genau Versicherte erfüllen müssen, damit der Schutz gegen Elementarschäden auch wirklich greift.
Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 30.05.2025 | 17:00 Uhr