Junge Polizeianwärter heben bei einem Festakt zur Vereidigung die Hand in der Swiss Life Hall.

Schleswig-Holstein Durchgefallen im Diktat: Polizeibewerber in SH mit Schwächen

Stand: 30.05.2025 15:15 Uhr

Junge Menschen, die sich für eine Ausbildung bei der Polizei bewerben, haben nach Angaben der Gewerkschaft der Polizei (GdP) große Schwierigkeiten mit der Rechtschreibung. Sie scheitern reihenweise bei Diktaten.

Von Andrea Schmidt

Wer sich in Schleswig-Holstein bei der Polizei bewirbt, muss unter anderem zeigen, dass er die deutsche Rechtschreibung beherrscht. Die Aufgabe: ein Diktat mit 240 Wörtern, bei dem maximal zehn Fehler gemacht werden dürfen. 240 Wörter - das sind ungefähr drei Absätze Text. Genau an dieser Aufgabe scheitern viele: In diesem Jahr fiel laut GdP jeder Zweite, der sich für den Mittleren Dienst beworben hat, durch. 2024 lag die Durchfallquote sogar bei gut 67 Prozent.

Deutsch-Schwächen auch bei Bewerbern für den Gehobenen Dienst

Selbst bei den Bewerbungen für den Gehobenen Dienst zeigen sich deutliche Schwächen bei den Bewerbern. 2024 fiel fast jeder Dritte beim Diktat durch, und in diesem Jahr lag die Durchfallquote laut GdP bei 21 Prozent. Insgesamt sei das Diktat die Ausschlussquote Nummer eins, sagt der stellvertretende Landesvorsitzende der GdP, Sven Neumann. Das bedeutet: Junge Menschen, die Polizist oder Polizistin werden wollen, scheitern noch häufiger an der Rechtschreibung als zum Beispiel am Sporttest.

Kritik der GdP: Zu wenige Diktate an Schulen

Sind die Bewerber erst einmal angenommen, müssen sie während ihrer Ausbildung laut Neumann noch sechs weitere Diktate schreiben. Auch das falle vielen schwer. "Wir kritisieren, dass in den Schulen nicht mehr Diktate geschrieben werden", sagt der Polizeigewerkschafter. "Wir glauben aber auch, das hat nichts mit Intelligenz zu tun, sondern das ist einfach eine Übungsfrage." So wie sich die Anwärterinnen und Anwärter auf einen Sporttest vorbereiten, müssten auch mehr Diktate geübt werden, um diese Hürde zu nehmen. Die GdP bietet sogar an, denjenigen Anwärtern, die also schon in der Ausbildung stecken, Nachhilfe zu geben.

Bildungsministerium widerspricht: Sprachrichtigkeit wird gefördert

Die Kritik der Gewerkschaft richtet sich vor allem gegen die Politik, doch das schleswig-holsteinische Bildungsministerium widerspricht. Diktate an sich seien in den Schulen zwar nicht mehr verpflichtend, aber die Sprachrichtigkeit fließe bei Klassenarbeiten in die Gesamtnote mit ein. Sowohl an Grund- sowie auch an weiterführenden Schulen werde viel für richtige Rechtschreibung getan, sagt eine Sprecherin NDR Schleswig-Holstein. Und neu für das kommende Schuljahr: Alle Lehrer müssen Rechtschreibfehler der Schüler korrigieren, und das gilt auch zum Beispiel für Geschichts- oder Religionslehrer. Das war bisher nicht der Fall.

Ein Zettel mit einem korrigierten Zitat und ein Stift auf einem Tisch.

Laut Bildungsministerium wird an den Schulen viel für die Sprachrichtigkeit getan.

Auch Staatsanwälte wünschen sich bessere Polizeiberichte

Zurück zur Polizei: Der ein oder andere stellt sich vielleicht die Frage, ob Polizisten überhaupt zwingend gut in Rechtschreibung sein müssen. "Auf jeden Fall", sagt Sven Neumann von der GdP. Für einen Polizisten sei es wichtig, "Sachverhalte zu erfassen und so aufzuschreiben, dass sie dann über Staatsanwaltschaften und Gerichte irgendwann möglicherweise zu einer Verurteilung von Straftätern führen." Dafür bräuchten die Beamten die deutsche Sprache und eine gute Auffassungsgabe. Neumann sagte, er höre auch immer wieder von Staatsanwälten, dass die Polizeiberichte sprachlich besser werden müssten.

Das Einstellungsniveau senken will die Polizei in Schleswig-Holstein aber nicht. Laut Neumann hat die schleswig-holsteinische Polizei die höchsten Anforderungen an die Bewerber in Sachen Deutschtests. Manch anderes Bundesland fordert zum Beispiel kein ganzes Diktat, sondern gibt sich mit Lückentexten zufrieden.

Dieses Thema im Programm:
NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 30.05.2025 | 14:00 Uhr